Richard Gutjahr traut dem Zuckerberg alles zu. Richtig an seinem Pessimismus ist, dass die herrschende Politik es nicht sein wird, die ihm Steine in den Weg legt. Er wird, wie so viele vor ihm, über sich selbst stolpern. Eva Wolfangel/Technology Review (heise) erklärt mir und den vielen digitalen Waisenknaben, wie sich der Facebook-Zar in fachliche Widersprüche verstrickt, und selbst nicht mehr weiss, was für eine Rede ihm da wieder aufgeschrieben wurde. Und was noch “schlimmer” ist: “der Chinese” hat schon einen strategischen technologischen Vorsprung, mit dem er die jungen Konsument*inn*en wirkungsvoller fesselt als die kalifornischen Schwätzer (Frauen nicht mitgemeint).
Epstein als Stolperfalle
In der analogen Machtwelt gehts ähnlich drunter und drüber. Die britische Barclays Bank ist im Vereinigten Königreich die drittgrösste und wird zu den 30 weltweit grössten Banken gezählt, die “systemically important” sind. Nun muss sie ihren US-amerikanischen Boss auswechseln. Er wird ersetzt durch einen anderen US-Amerikaner indischer Herkunft. Nein, nicht wegen Diversität und Hautfarbe. Obwohl: vielleicht doch. Der Alte ist ein alter weisser Mann, der seine Finger nicht von jungen Mädchen lassen wollte. Bzw. befreundet war und blieb mit einem, der das als Geschäftsmodell für seinen Nachrichtenhandel betrieb: der verstorbene Mr. Epstein. Immer, wenn ein Mächtiger ausgewechselt werden soll, wird ihm sowas nachgewiesen. Milliardärin Melinda Gates wechselte ihren Mann aus. Denn fast alle von denen da oben haben sich mal intensiv mit Mr. Epstein und in seinen Niederlassungen unterhalten. Jes Staley wollte sowieso bald aufhören. Zur Strafe bekommt er 2,4 britische Pfund Abfindung sowie eine jährliche Pension von 120.000. Wer würde so ein Vergnügen ablehnen?
Von der Influencerin zum TV-Star
Vielleicht ein Abstieg? Nilam Farooq war nach Angaben ihrer FAZ-Interviewerin Mariam Schaghaghi bis 2017 Deutschlands erfolgreichste Youtuberin. Sie wollte aber unbedingt Schauspielerin werden, was ihr zügig gelang. Bei “Soko Leipzig” (ZDF, habe ich noch nie gesehen), und jetzt mit einer Hauptrolle in einem Sönke-Wortmann-Film. Es steht wohl im Vertrag von Hauptrollen, dass sie den Film, den sie mitgedreht haben, im anschliessenden obligatorischen PR-Feldzug über alle Maßen loben müssen. Auch wenn das Zweifel an ihrer Urteilsfähigkeit erzeugt. Wortmanns jüngstes Werk wird von FAZ bis Junge Welt verrissen. Er war mal ein Talent, als er einer meiner Lieblingskolleginnen in der Grünen Landtagsfraktion kinderwagenschiebend in einem Düsseldorfer Vorort begegnete; und nach ihren Aussagen war er sehr nett. Das ist er wahrscheinlich immer noch. Aber ein Talent? In (fast) meinem Alter?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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