Der Bonner Verein, der sich großspurig “Stiftung für Kunst und Kultur e.V.” nennt, hat ein Problem. Seine zunächst von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Wladimir Putin beschirmte Ausstellung „Diversity United – Contempory European Art“, die im Juni vergangenen Jahres in Berlin auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof in Berlin eröffnet wurde, befindet sich seit November 2021 in Moskau. Und wird wohl noch länger dort bleiben müssen. Die Schau wurde dort auch von Annalena Baerbock besucht.
Die Ausstellung soll inzwischen geschlossen sein. Sponsoren sind wieder allerlei Menschen mit viel Geld, über dessen Herkunft bei einigen von ihnen alles andere als Klarheit herrscht.
Gezeigt wurden Arbeiten von rund 90 Künstlern aus 34 Ländern. Das ursprünglich als Teil des Deutschlandjahres in Russland geplante Projekt sollte auch noch in Paris gezeigt werden. Dies wurde mittlerweile ebenfalls abgesagt.
In Berlin gibt es seit Wochen eine lebhafte Diskussion über die Vergabe der Tempelhof-Hangars an Smerlings Verein und dessen – zunächst vom Senat verleugnete – finanzielle Unterstützung für seine Ausstellungen.
In einem von Jörg Heiser, Hito Steyerl und Clemens von Wedemeyer verfassten “Offenen Brief” unter dem Titel “Wem gehört die Öffentlichkeit?” kritisieren die Autoren vor allem die Anmaßung Smerlings seine Nutzung von zwei leeren Hangars in Tempelhof als “Kunsthalle Berlin” zu bezeichnen. Im Tempelhof wird derzeit eine weitere Ausstellung Smerlings mit Arbeiten des ansonsten nicht besonders bekannten französischen Bildhauers Bernard Venet gezeigt.
Die Briefschreiber aus der Kunst – und Kulturszene greifen auch die Geldwäsche-Vorwürfe gegen einige von Smerlings Sponsoren auf. In dem Offenen Brief heißt es weiter:
“Art Washing als Imagegewinn für Rüstungsfabrikanten gehört ebenfalls zur Methode, wie sich am Beispiel des größten Rüstungskonzerns Deutschlands, Rheinmetall, festmachen lässt, der als Hauptsponsor der Ausstellung ‘Deutschland 8’ 2017 in Peking auftrat. Die Ausstellung ‘Diversity United’, die derzeit in Moskau zu sehen ist, wird u.a. durch Meridian Capital gefördert: eine Firma aus dem Umfeld des ehemaligen kasachischen Energieministers, die von kasachischen Steuerzahlern finanzierte Bailout-Gelder auf Privatkonten in Steueroasen umlenkte – ein Umstand, der von den sogenannten Paradise Papers aufgedeckt wurde. Ein weiterer Sponsor, Lars Windhorst, ist ebenfalls am kasachischen Energiesektor beteiligt. In den letzten Monaten tauchten Vorwürfe gegen Windhorst auf: Er soll an Geldwäscheaktivitäten eines Ölmanagers aus den Emiraten beteiligt gewesen sein. Auch wenn sich herausstellen sollte, dass dies keine justiziablen Vorgänge sein sollten, bleibt die Frage, warum hiesige Steuerzahler:innen und die Berliner Verwaltung ein Projekt mit solchen Partnern und Implikationen fördern sollten – anstatt damit pandemiegebeutelte Künstler:innen oder öffentliche Institutionen zu unterstützen? Diese Verbindungen von Rüstungsproduzenten, Briefkastenfirmen und fossilen Energiekonzernen karikieren die prinzipiell richtige Idee des kulturellen Austauschs und internationaler Verständigung, auch und vor allem wo dies durch Zensur und Unterdrückung erschwert ist. Um wessen Austausch geht es hier?”
Bundespräsident Steinmeier zog seine Schirmherrschaft für die weiterhin in Moskau befindliche Ausstellung Smerlings wieder zurück. In Berlin hatte er sich als eine Art Fotomodell in verschiedenen Posen mit Smerling in der Ausstellung abbilden lassen. Meine Fragen an ihn und die Pressestelle des Bundespräsidialamtes blieben bisher unbeantwortet.
Vorläufig abgesagt wurde auch die ursprünglich für den 13. März 2022 geplante Präsentation des in der Bonner Innenstadt (Am Neutor) geplanten Skulptur des Österreichischen Bildhauers Erwin Wurm . Die Arbeit zeigt lange Beine in Frauenschuhen und mit einer Damenhandtasche. Die Bezirksvertretung Bonn hatte sich für die Aufstellung der zuvor vom Kulturausschuss der damaligen CDU/Grünen-Mehrheit abgelehnten Skulptur ausgesprochen und sie somit ermöglicht. Sie ist Teil der von Smerling für Bonn geplanten “Kunstroute”. Sollte die Route fortgesetzt werden, bleibt kein Platz für neue Arbeiten regionaler Künstler – zumindest im belebten öffentlichen Raum in Bonn. (Der Beueler Extradienst berichtete mehrfach darüber.)
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