Beueler-Extradienst

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Krisensteuer für die Zeitenwende

Bleibt die Wahrheit in einer Krise auf der Strecke? Geübte Traditionen helfen im Krisenfall mit überschaubarem Aufwand alles in die rechten Bahnen zu lenken. Eine effektive Informationspolitik hat eine Schutzfunktion, denn nicht jede Wahrheit ist für alle geeignet.

Eine Meldung, die es nicht gibt, muss nicht auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft oder gelöscht werden. Das ist der Weg russischer Informationspolitik. In geübter Tradition wurden nur die Strafen – krisenbedingt – etwas nach oben korrigiert. Gleichzeitig gibt es einen hilfreichen Katalog, der die gültigen Sprachregelungen nennt. Damit ist Russland von allen Informationen abgehängt.

Bei uns hingegen explodiert das Interesse und die Meldungen über die militärische Spezialoperation in der Ukraine. Eine Menge von Nachrichten jedweder Qualität bahnt sich den Weg auf den unterschiedlichsten Kommunikationswegen. Jede Meldung, jeder Tweet oder Nachricht auf den großen bekannten Plattformen wird dankbar aufgegriffen, diese Lust auf Leid wird reichlich belohnt. Es muss eine wahres Fest sein, das anzusehen und abzurechnen. Die auch sonst nicht unbelebten milliardenschweren Netzwerke können ihr Glück kaum fassen und laben sich an unserem neuerlichen Schub von unfreiwilligen Datenspenden.

In diesem Zusammenhang ist es eine sehr noble und publikumswirksame Geste, dass Facebook den russischen Staatsmedien untersagt auf ihren Seiten Werbeanzeigen zu schalten oder Inhalte zu monetarisieren, Twitter setzt zusätzlich auf den Faktencheck, befürchtet sogar, dass Werbung von den wichtigen Inhalten ablenken könnte und schaltet sie ab – für die Russen.

Auf der anderen Seite steigern die weltumspannenden Kommunikationsnetzwerke die Gewinnerwartungen ihrer Aktionäre.

Wäre es eine sinnvolle Forderung mit einer Art Krisensteuer die Konzerne zu Hilfsleistungen zu verpflichten?

Über Christian Wolf:

Christian Wolf (M.A.) ist Autor, Filmschaffender, Medienberater, ext. Datenschutzbeauftragter. Geisteswissenschaftliches Studium (Publizistik, Kulturanthropologie, Geographie), freie Tätigkeiten Fernsehen (RTL, WDR etc.) mit Abstechern in Krisengebiete, Bundestag Bonn und Berlin, Dozent DW Berlin (FS), Industriefilme (Würth, Aral u.v.m), wissenschaftliche und künstlerische Filmprojekte, Projekte zur Netzwerksicherheit, Cloudlösungen. Keine Internetpräsenz, ein Bug? Nein, Feature. (Digtalpurist)

2 Kommentare

  1. Der Maschinist

    Puh… ja, Krisen jeder Art, vom Verkehrsunfallgaffer bis zum Selfie aus dem Weltkrieg sind sowieso elementarer Bestandteil des Geschäftsmodells der asozialen Netzwerke. Da kann man auch gleich einfach nur auf die Gewinne gehen. Scholz, damals noch Finanzluftpumpe, hat sich noch im Wahlkampf dafür feiern lassen… und was kam dabei raus (ausser Luft?)…

    https://www.zdf.de/nachrichten/politik/scholz-mindeststeuer-google-facebook-100.html

  2. Christian Wolf

    Wir können nicht verhindern, dass die Netzwerke auch mit Krisen ihr Geld verdienen, eine Steuer wird kaum einzutreiben sein (von wem auch). Durch die Übermacht im Informationsfluss sind wir von den Konzernen so abhängig, wie von russischem Erdgas. Souveränität schmeckt bei mir anders.

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