Beueler-Extradienst

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Ein bisschen lügen …

… kann man auch durch Weglassen – das “Prinzip der nur teilweise beleuchteten Bühne” ist eine Kunstform des Theaters, um die Realität zu verzerren oder unterschiedliche Realitäten zeigen zu können. Im Journalismus eigentlich nur von Blättern mit vier fetten Buchstaben bekannt, wird ein Bravourstück dieser Sorte heute abend den Rundfunkrat beschäftigen.

Obwohl: Ich erinnere mich an meine Kindheit, als in einem Schulbuch folgende pfiffige Geschichte stand: “Von einem Autorennen berichtete der ‘Deutsche Rundfunk’ – in einem fabelhaft umkämpften Rennen gegen den französischen Talbot-Fahrer habe der Deutsche Held in seinem Auto-Union den ruhmreichen zweiten Platz erkämpft. Während der Franzose lediglich vorletzter wurde.” Alles stimmte, bis auf ein kleines Detail.  Verschwiegen wurde, dass an besagtem Rennen nur zwei Fahrzeuge teilgenommen hatten.

WDR manipuliert dreister als vorstellbar

Was ich damals für recht unwahrscheinlich hielt, hat der WDR im August 2022 gesendet – zur besten Sendezeit in den “Tagesthemen”. Bei der Präsentation des “Deutschlandtrends” wurden die Bundesbürger befragt, welche Maßnahmen sie priorisieren würden. Die eindeutige Antwort: 81% waren für einen schnellen Ausbau der Windenergie, jeweils 61% für die weitere Nutzung von Kohlekraftwerken und ein Tempolimit auf Autobahnen sowie 27% für die Nutzung von Fracking-Gas. Doch bei der Präsentation der Ergebnisse in den “Tagesthemen” tauchten nur Kohlekraftwerke, Tempolimit und Fracking-Gas auf. Angeblich aus Zeitgründen. Auch die Sprecherin erwähnte die 81% für Windkraft nicht, meinte aber, “es handle sich um ein sehr klares Meinungsbild”.

Buhrow argumentiert wie ein (a)soziales Netzwerk

Der Verein “Klima vor acht” beschwerte sich, aber Intendant Tom Buhrow wies die Beschwerde zurück und konnte “keine verzerrende Darstellung erkennen” zitiert ihn der “Kölner Stadtanzeiger” heute. Als Grund nannte er noch, man habe die Zahlen ausgewählt, weil diese Maßnahmen in der derzeitigen Bundesregierung am meisten umstritten seien. Das muss befremden, soll doch der öffentlich-rechtliche Rundfunk nach seinem Programmauftrag sachlich informieren und nicht – wie (a)soziale Netzwerke, Facebook etwa – generell  Krawall und Konfrontation anheizen. Und dass es Programmauftrag sei, die Koalitionsparteien gegeneinander aufzuhetzen, ist auch eine ganz neue Interpretation des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags.

Rennen offen

Am 20.Januar war der Programmausschuß des Rundfunkrats nach heftiger Diskussion der Beschwerde beigetreten. Heute berät der Rundfunkrat über die Beschwerde von “Klima vor acht.” Der Ausgang dieses Rennens ist offen.

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Karin Knöbelspies

    Hallo Roland,
    hier ein kurzer Bericht aus dem Rundfunkrat von Dienstag: Die Programmbeschwerde wurde abgelehnt, obwohl ihr mehr Mitglieder beitragen als nicht. So das exakte Abstimmungsergebnis: 17 stimmten der Programmbeschwerde zu, 13 lehnten sie ab. 10 haben sich enthalten. Damit wurde nicht das nötige Quorom von 28 Stimmen erreicht.
    Aber: Das ist ein riesiger Erfolg für die “Klima-Vor-Acht”- Leute!!! Tatsächlich war sowohl im Programmausschuss als auch im Rundfunkrat die Diskussion über den Beitrag sehr sachlich und intensiv. Da wurde mal nichts abgenickt. Ich habe angeregt, über ganz neue Instrumente nachzudenken, wie Kritik und Austausch schneller und weniger formalisiert organisiert werden könnte. Momentan sind die rechtlichen Hürden für die Zustimmung einer Programmbeschwerde sehr, sehr hoch. Und, aus meiner Sicht als ehemaliger Journalistin, das Ganze hat auch einen unangenehmen Abmahncharakter.

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