PR-Stanz intransparenter Medienkonzerne – am Beispiel Netflix
Roland Lindner/FAZ ist ein aufmerksamer Beobachter der US-Medienindustrie. Bei seiner Wiedergabe jüngster Mitteilungen des Netflix-Konzerns hat er sich allerdings kein journalistisches Recherchebein ausgerissen. Darum war sie keine Bezahlwand wert. Eignet sich aber zur Analyse des billigen Branchen-Sprechs.
Das Unternehmen sagt, 100 Mio. Menschen hätten bislang am unerwünschten Account-Sharing teilgenommen (ein*e Abonnent*in gab Benutzername und Passwort an Freund*inn*e*n weiter). Nachdem der Konzern das technisch unterbindet, haben 5,9 Mio., also weniger als 6%, ein Abo abgeschlossen. Erfolg ist in meinen Augen was Anderes. 94%, die die Inhalte kennen gelernt hatten, fanden sie also kein Geld wert. In “mehr als hundert Ländern” sei das Verfahren umgestellt worden. 5,9 Mio. geteilt durch hundert sind weniger als 60.000 pro Land. Das ist so viel, bzw. wenig, wie der Bonner General-Anzeiger (noch) an verkaufter Auflage hat.
Zum Billig-Abo mit Werbung traut sich das so erfolgreiche Unternehmen bisher nicht, Zahlen zu nennen. Das ist auch eine Auskunft. “Die Zahl der Abonnenten für diese werbefinanzierte Variante und auch die Werbeumsätze seien noch niedrig:” So klingt eher ein Geständnis.
Die Streiks in Hollywood seien “eine zusätzliche Herausforderung”. Ignoriert werden können sie also nicht. Ersatzautor*inn*en und Schauspieler*innen scheinen nicht Schlange zu stehen. Angeblich ist die Freude über diese Art von Kostensenkung gross, den “positiven Effekt der Arbeitskämpfe …, weil dadurch mit weniger Ausgaben für die Produktion von Inhalten gerechnet wird”. Was so viel heisst, wie “wir wollen sowieso weniger machen”. Das macht ein Akteur dieser Grössenordnung gewöhnlich, wenn Krise ist.
Weswegen die Angestellten der Finanzoligarchen an den Börsen nur wenig amüsiert sind. Und nicht doof genug, auf automatisierte Billig-PR reinzufallen. Sonst wären sie ja auch durch KI zu ersetzen.
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