Doch, es gibt Leute, die noch bei Verstand sind
In Deutschland ergeht sich die politische und kommentierende Klasse im Überbietungswettbewerb von Menschenfeindlichkeit. Die halluzinieren, “die Leute”, “das Volk” wolle es so. Die glauben das auch selbst, weil es ihnen Marktforchungsunternehmen mit sog. Meinungsumfragen suggerieren. Eigene Weltsicht, eigene demokratische Vorstellungen die Welt zu organisieren und öffentlich für sie einzutreten – das war einmal, “old school” ehemaliger demokratischer Parteien. So dreht sich nun in unserem reichen Zwergstaat mit ehrgeizlosem Altenüberschuss ein selbstreferenzielles Karussell der Niedertracht. Es gibt wenige, die sich dagegen wehren. Sie werden umso wichtiger.
Welche Zukunft für menschliches Leben auf diesem Planeten?
Diese Frage überwölbt alles. Davon will die deutsche Medienöffentlichkeit aber nichts wissen. Worüber ich keine Ahnung habe, darüber schreibe und berichte ich nicht. Dabei muss niemand an die Polkappen oder in Gebirgsgletscher reisen – lesen würde genügen. Nick Reimer/Freitag (häufig auch telepolis) hat es getan, und Jakob Augstein hat es nicht einmauern lassen: “Schelfeisschmelze unvermeidlich: New York und Hamburg werden im Meer versinken – Apokalypse Das westantarktische Schelfeis wird schmelzen, auch wenn die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt wird. Dadurch werden die weltweiten Ozeane bis zu fünf Meter ansteigen. Damit wäre nicht nur New York dem Untergang geweiht – sondern auch Emden”.
Zeigen Sie mir, wenn Sie welche wissen, bitte die Politiker*innen und Parteien, denen das am Wichtigsten ist. Wie gehen die Mächtigen auf dem Planeten damit um? Marc Saxer/ipg-journal weiss die desillusionierende Antwort: “Ringen um die Weltordnung – Bipolar oder Multipolar: Der Aufstieg neuer Mächte verschiebt die globalen Kräfteverhältnisse. Was sind die Folgen für Völkerrecht und Menschenrechte?”
Bundesregierung zerstört die EU
Zur Bundesaussenministerin gibt es in diesem Blog mittlerweile 33 Trefferseiten. Sie gibt meiner Einschätzung ein weiteres Mal – leider – recht. Eric Bonse/taz berichtet, wie sie – im Auftrag von wem? – die EU zerstört: “EU und der Nahost-Konflikt: Ein tiefer Riss bis zur Spitze – Die EU ringt vor dem Gipfel am Donnerstag um eine einheitliche Position zum Nahen Osten. Viele Vorwürfe zielen auch auf Außenministerin Baerbock.”
Wir – absichtlich nicht mit Anführungsstrichen – dürfen es uns nicht so einfach machen, auf die bösen feindlichen und/oder bekloppten Kräfte zu verweisen, die dieses Land, diese Republik, die EU und die Welt an sich in die Grütze fahren. Die Wohlgesinnten, die für das Gute gegen das Böse sind, müssen sich fragen, warum das Wohlgesinnte sich nicht durchsetzt. Was mache ich, was machen wir falsch? So schwer ist das auch wieder nicht zu beantworten.
Katharina Körting/Freitag beobachtet richtig: “Wagenknecht-Abspaltung: Wem nützt das öffentliche Sterben der Linkspartei? – Meinung Das Ringen um die noch nicht gegründete Wagenknecht-Partei führt vor, wie hässlich Politik sein kann. Und wie sehr der Linken emotionale Kompetenz fehlt. Bleibt nur verbrannte Erde? Oder schlägt die Stunde einer von links erneuerten SPD?”
Die verbitterte Feindschaftskultur, die sie bei der Linkspartei diagnostiziert, gibt es in jeder Partei. Die sind nur in der glücklichen Lage, dass das dank des PR-aufwendigen Treibens von Frau Wagenknecht derzeit nicht so viele sehen (wollen). Und wenn es gesehen würde? Wäre es nicht viel besser, denn es schreckt engagierte Demokrat*inn*en ab, und zieht intriganzintelligente Arschlöcher an. Wie an der Wahlurne.
Eine kluge Gewerkschaftsvorsitzende
Eine gute Freundin, die sie längere Zeit publizistisch und politisch beraten hat (ob es noch aktuell ist, weiss ich nicht), sprach sehr positiv von ihr. Ich vertraue ihrem Urteil. Gemeint ist Christiane Benner, neugewählte IG-Metall-Vorsitzende, über deren Wahl Peter Kern/bruchstuecke informativ und hintergründig berichtet: “Die neue Vorsitzende der IG Metall und ihre Aufgaben“.
Unter den obwaltenden politischen Umständen wird die Gestresste durch Projektionen vielleicht überladen und überlastet. Ich hoffe, am Ende nicht.
Und noch ein wichtiger Vorschlag
Zum Zustand deutscher Medien und Publizistik kann es kaum drastischere Vorgänge geben, als die, in denen die Eigentümer*innen (sog. “Familienunternehmen”, die nichts anderes sind als Milliardärsclans, mit der dazugehörigen Kriminalität von Steuervermeidung bis zum Bruch arbeits- und sozialrechtlicher Mindeststandards – ich kann mich kaum beruhigen) selbst handeln. Sie berichten darüber selbstverständlich nicht, und gestatten es auch ihren Redaktionen nicht. Aber alles kommt raus, z.B. hier: Wilfried Urbe/taz: “Entlassungen beim DuMont-Verlag: Brutal vom Hof gejagt – Der Kölner DuMont-Verlag hat ohne Vorwarnung rund 200 Angestellte seiner Druckerei entlassen. Nun setzt eine Protestwelle den Verlag unter Druck.”
Köln zeigt: Gegenmacht ist möglich. Darum ist das Folgende so wichtig.
Mein alter Kumpel David Schraven meldet sich bei Netzpolitik.org zu Wort, und ja, das ist wichtiger als irgendwelche Scheiss-“Meinungsumfragen”: “Die Bundesregierung muss gemeinnützigen Journalismus endlich möglich machen – Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag versprochen, gemeinnützigen Journalismus zu ermöglichen. Doch bei der aktuellen Reform der Gemeinnützigkeit stockt es damit. Das wäre ein fataler Fehler für unsere Demokratie”.
Klassisch realpolitisch argumentiert David, dass das alles kein Angriff gegen niemand sein soll. Ist es in der Sache auch nicht. Wäre aber darüber hinaus nötig. Claudia Roth, übernehmen Sie! Und Sie, liebe*r Leser*in: machen Sie!
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