Erinnerungspolitik und hilfloser Antifaschismus: wie der Markt es verschliesst – vermauerte Mediathekperle
Bei der Lektüre von Film- und TV-Rezensionen habe ich mir angewöhnt, zuerst unten drunter zu gucken: frei empfangbarer Sender oder Streaming-Konzern? Wenn Letzteres vermeide ich das Lesen direkt, um mich nicht unnötig zu ärgern. Die Rezensent*inn*en sind durch Vorabvorführungen willige Vollstrecker*innen der PR-Kampagnen der Produzent*inn*en. Bei Georg Seeßlen/Jungle World, der gewöhnlich dort redaktionell vermauert bleibt, habe ich nun den Fehler gemacht, doch zu lesen. Des Autors wegen, den ich für intellektuell aussergewöhnlich satisfaktionsfähig halte.
“Der Auschwitz-Prozess im Serienformat und die Frage nach der Abbildbarkeit der Shoa: Miniserie »Deutsches Haus«: Der Abgrund blickt nicht mehr zurück – Der Auschwitz-Prozess inmitten der Trübnis einer postfaschistischen BRD: Die Miniserie »Deutsches Haus« überzeugt mit ihrer dekonstruktiven Erzählweise und nutzt das Format für die Vergegenwärtigung schuldhafter Vergangenheit. Debatten wird die Serie nicht auslösen, vorzuwerfen ist es ihr aber nicht.”
Ich teile Seeßlens Furcht vor dem ARD-Elefanten Degeto. Die besseren Produktionen gelingen an ihm vorbei. Andererseits werde ich nicht – und wer wird das? – wegen einer einzelnen Perle ein Streaming-Abo mit wem auch immer abschliessen. Mit Disney schon gar nicht. Und noch weniger werde ich eine DVD bei Amazon kaufen.
Nennen Sie es Altersstarrsinn. Die von Seeßlen lobend erwähnten Filmproduktionen über Fritz Bauer, vielleicht der ehrenhafteste Staatsanwalt, den dieses Land jemals hervorgebracht hat, habe ich fast alle gesehen, und empfehle das weiter. Das Wissen über diesen Mann und sein politisches Wirken gehört zur Allmende: gemeinschaftliches Eigentum, das von der gesamten Bevölkerung benutzt werden darf.
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