Wie Verelendende ihr Elend vergrössern

mit Update 17.5.

Der verarmte Deutsche Fussballbund (DFB), der angeblich immerhin 7 Mio. Mitglieder haben soll, hat sich was Neues ausgedacht. Denn dummerweise soll er nicht nur einen grösseren Haufen Steuern nachzahlen, sondern auch auf der Einnahmeseite, die gewöhnlich von der Nationalmannschaft der Herren befüllt wird, versiegte der Kapitalfluss wie in einer mehrjährigen Hitzewelle. Die Konzernsponsoren waren kaum noch amused.

Gegner der Fussball-Kommerzialisierung und Satiriker*innen hatten schon vor Jahren, als Vereine und Städte traditionsreiche Stadionnamen (Westfalenstadion, Müngersdorfer Stadion etc.) an Konzerne verhökerten, vorgeschlagen, dann doch auch das Spielgeschehen einzeln zu Markte zu tragen: “Dieser Anstoss/Elfmeter/Eckball/Einwurf/Auswechslung wird Ihnen präsentiert von …”. Dieserart Scherze kontaminierten entsprechende Strategieversuche. Nicht verhindert haben sie allerdings, dass öffentliche TV-Medien Sponsorenwerbung von kriminellen Wettanbietern versenden, weil sie sonst die Spiele nicht zeigen dürften. Dürfen sie doch, aber wollen sie nicht.

Ein richtiger Einwand gegen die verlinkte Notlösung wäre, dass ein Spiel so nicht ausreichend erzählt und analysiert werden kann. Darauf meine Gegenfrage: wo geschieht das noch? In den praktizierten Fällen handelt es sich um vertraglich zugesicherte Produktpräsentation, also Werbung. Die entsprechenden mehrere hundert Seiten dicken Verträge werden nicht offengelegt, auch zur kommenden Heim-EM nicht.

Und was macht nun der DFB? Wie Aldi mit dem Verkauf pakistanisch gefertigter Unterhosen in seine Filialen lockt, so lockt der DFB nun Publikum und Sponsoren, indem er jede einzelne Spielernominierung zur EM einzeln verkauft. Geht es noch billiger? Nicht wenige Nachrichtenmedien jubilieren: jeden Tag eine neue “Nachricht”. Gehts noch? Kann Journalismus noch billiger kapitulieren?

Und hier meine konstruktive Kurve: wie kritischer Fussballjournalismus geht, lesen Sie hier bei Thomas Kistner/DLF: 74. FIFA-KongressGeht die FIFA aus Zürich weg? – Die FIFA entscheidet auf dem 74. Kongress auch darüber, ob sie ihren angestammten Sitz in Zürich aufgeben könnte”. Der Autor ist hauptberuflicher SZ-Redakteur. Dort ist die gleiche Sache digital eingemauert …

Update 17.5.

Zur DFB-PR-Kampagne gibt es jetzt eine brutal professionelle Kritik von Thomas Knüwer: “Die Kaderbekanntgabe des DFB zeigt, dass er seine Probleme ignoriert”. Dazu bleibt nur zu bemerken, dass der DFB das leider nicht exklusiv hat.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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