Lorenza Colzato und Bernhard Hommel/overton schreiben: Über Gefühle reden – Über politische Lösungen wird viel geredet, nicht aber über die Empfindungen, die sie motiviert haben. Das könnte die Ursache dafür sein, dass wir so selten konsensfähige Lösungen finden.” Und meine Gefühle neigen zur Zustimmung. Aber dieser Text ist gleichzeitig prototypisch für analysefreies und damit folgenloses Lamentieren. Ich hätte ihn zu meiner Messdienerzeit auch im Beichtstuhl hören können.

Immerhin ein Schrittchen weiter geht Richard Gutjahr, der leider nur noch in homöopathischen Dosen Blogtexte veröffentlicht: ‘Virtue signalling’: Im Netz der Selbstgerechten – Der Gaza-Krieg hat die Universitäten erfasst, von Columbia bis Harvard, von Berlin bis München. Doch mit der „Make-Love-not-War“-Flowerpower von einst haben diese Studentenproteste wenig zu tun.”

Er benennt immerhin zutreffend die techologischen Treiber der misslichen Entwicklung. Diese Treiber wurden jedoch von Menschenhand installiert. Von welchen Menschen(gruppen)? Und von welchen Interessen getrieben? Das hat er der Einfachheit halber weggelassen. Weil es sowieso alle wissen? Das wäre ein tragischer Irrtum.

Jüngst stritt ich mich mit meinem Ex-Chef Karl darüber, warum die Stadt Bonn nicht aggressiver gegen privaten Immobilienleerstand vorgeht. Er beharrte darauf, dass der Grund Gerichtsurteile seien, die auf den Grundrechtscharakter des Privateigentums Grundgesetz Art. 14, Satz 1 verweisen. Ich, kein Jurist, aber des Lesens mächtig, lese weiter: “Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.” Darin lese ich einen an Deutlichkeit kaum zu übertreffenden Auftrag an den/die Gesetzgeber*innen. Tatsache ist: es gibt keinen Mangel an Wohnraum, sondern der Wohnraum ist ungleich=falsch verteilt. Wie es in gleicher Weise weltweit bei den Nahrungsmitteln ist.

Und so ist auch die Macht über die asozialen Konzernnetzwerke, ihre Architektur, Programmierung, Algorithmen – so demonstrativ, als wenn es wie eine geheime Verschwörung aussehen soll – illegitim, intransparent, unkontrolliert, undemokratisch und willkürlich verteilt. Die, die über diese Macht verfügen, sind allesamt vielfache Milliardäre geworden. Sie könnten unsere Steuern ganz alleine bezahlen.

Es sind die Eigentumsverhältnisse, stupid! Also diskutiert sie auch.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net