Wenn Europa nichts von der Welt wissen will, will die Welt auch nichts von Europa wissen

Wie kommichdrauf? Florian Rötzer/overton beschreibt einerseits anschaulich die Nervosität der Ukrainekriegsstrateg*inn*en: Medien berichten von wachsender Nervosität Selenskijs und Zwist mit Washington – Stoltenberg will Nato-Länder zu mindestens 40 Milliarden US-Dollar Militärhilfe jährlich bringen, Selenskij glaubt, Biden wolle den Krieg vor der Präsidentschaftswahl beenden.” Allerdings unterliegt er, bzw. der von ihm entsprechend beschriebene Selenskij einem fatalem Irrtum.

Die Mehrheit der US-Bürger*innen würde vermutlich daran scheitern, auf einem Globus zutreffend zu markieren, wo die Ukraine überhaupt liegt. Da ist selbst Albanien prominenter, weil das bisweilen Objekt von Scherzen US-amerikanischer Satireshows ist. Die Ukraine und der Überfall Russlands auf selbige interessieren ausserhalb Europas allenfalls Geostrateg*inn*en, plus die wenigen, die gerne welche wären. Für die aussereuropäischen Gesellschaften dagegen ist der Ukrainekrieg eine innere Angelegenheit Europas, vergleichbar Hooligans, die sich zu einer Massenschlägerei verabredet haben. Wenn die sich gegenseitig die Köpfe einschlagen – was juckt es uns?

Es kann sich nur um eine Verwechslung handeln. Der Ukrainekrieg ist für die US-Präsidentschaftswahl wurscht – das bedeutet in der objektiven Auswirkung wahrscheinlich Schlimmeres! Relevant für Joe Biden ist der Gazakrieg und ein zeitiger Waffenstillstand. Er benötigt sowohl die Mobilisierung jüdischer als auch arabischer US-Bürger*innen, und davon viele, um Donald Trump verhindern zu können.

Es ist vielmehr das strategische Desinteresse der Welt da draussen, das die Gefahr erhöht, die von europäischen Hooligans von Flak-Zimmermann bis Medwedew ausgeht. Der Ausgang der EU-Wahl am 9.6. wird dieses ungesunde Missverhältnis mutmasslich weiter aufblasen. Eine relevante Kraft, die die Eskalationsspirale bremsen will, ist nicht erkennbar.

Da trifft es sich gut, dass wir Europäer*innen uns heute Abend mit einem kurzen Final-Sommermärchen ablenken können – mit guten Drogen und Leckereien dazu. Mann gönnt sich ja sonst nichts. Denn wer weiss, wie lange es noch geht?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net