Wundersame Bahn CXCIV
“Sommermärchen”? Das geht in Wirklichkeit ungefähr so. Aufgabe: Reise von Bonn-Beuel nach Köln-Bickendorf. Überraschung: die Teile mit SWB (Stadtwerke Bonn) und KVB (Kölner Verkehrsbetriebe) funktionieren. Als ich noch jung war, waren das zivilisatorische Selbstverständlichkeiten. Heute dagegen ist mann froh und dankbar. Ich weiss heute einiges über die dortigen Arbeitsbedingungen. Und weiss also, dass die, die dafür arbeiten, einen sehr harten Job machen, der sie selten bis zur Rente durchhalten lässt. Also: Danke, danke, danke!
In der Mitte dazwischen die Bahn, d.h. hier in der Region konkret Deutsche Bahn (inkl. Netz) und Privatbahnen (die Brit*inn*en von National Express sowie Transregio). Von Beuel aus fährt nichts. Baustelle. Die berühmte Baustelle durch zwei Jahrhunderte für 5 (in Worten: fünf) S-Bahn-Haltepunkte zwischen Troisdorf und Niederdollendorf (oder Ober-?), gewöhnlich “S13” genannt. Die Gelegenheit der EM wird zu intensiven Bauarbeiten und Streckensperrungen genutzt. Denn wer will schon von Beuel zur EM?
Vom Adenauerplatz zum Hauptbahnhof ist das geringste Problem – zahllose Optionen, mann nimmt halt die nächste. Mittelrheinbahn am Hbf. mit 10 Minuten Verspätung und wie immer sehr, sehr voll. Als gewiefter ehemaliger Pendler erkämpfe ich einen Sitzplatz. Irgendwo in Bornheim steigt eine grosse Gruppe Schulkinder zu (Wandertag o. ähnl.), die nach Köln-Deutz wollen. Müssen alle im Gang stehen, randalieren nicht und sind guter Stimmung. Der Lokpilot macht Durchsagen zu Türstörungen: “Bitte alle Türen noch mal öffnen, dann kann ich sie schliessen:” Bemerkenswert: individuelle Durchsagen durch einen echten Menschen – wo gibt es die noch?
Das dicke Ende, fürchtete ich, sei der verspätete IC, der laut Fahrplan vor uns gefahren wäre, aber mit noch grösserer Verspätung hinter uns lauerte. Zudem waren mir im Hbf. schon zwei durchfahrende Güterzüge mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit an den vollen Bahnsteigen aufgefallen. In Brühl war es dann so weit: der Lokpilot meldete uns eine “Weichenstörung in Hürth-Kalscheuren”, die zu einer eingleisigen Verkehrsführung nötige (= Netzinfrastruktur!). Entgegenkommende Güterzüge müssten abgewartet werden.
In Köln-West war die Verspätung von 10 (Bonn Hbf.) auf 30 ausgebaut worden.
Rückweg
Abendlich tadellose U-Bahn-Verbindung vom Rochusplatz zum Bhf. West. Dort die pünktliche (!) Eifelbahn bestiegen, um im Bhf. Süd den – fahrplanmässig flotten – RE5 zu erwischen. Lauschige Abendstimmung auf dem Bahnsteig. Dann flanieren dort zwei breitschultrige Kleiderschränke (oder wars nur die gepolsterte Uniform?), einer mit MP im Anschlag. Wegen der gefährlichen Engländer? Die waren um diese Zeit im Stadion eingesperrt. Die Jungs hatten also gerade gar nichts zu tun. Obwohl: doch!
Köln-Süd ist der Bahnhof, an dem massenweise Fahrgäste von der Zülpicher Strasse kommend illegal die Gleise auf den nach Süden führenden Bahnsteig überqueren, weil Deutsche Bahn und Stadt Köln es seit 200 Jahren nicht schaffen, den zweiten Bahnsteig baulich mit der Zülpicher Strasse zu verbinden. Was den Betrieb stört, sind die Fahrgäste. Dagegen helfen MPs und Kriegstüchtigkeit.
Der RE5 war mit 10 Minuten Verspätung angekündigt. Die verlängerte sich so doll, dass ein IC vorgelassen werden musste. Es wurden dann faktisch – nicht angekündigte – 30 Minuten. Immerhin: während der Fahrt holte der Lokpilot bis Bonn Hbf. 2 Minuten wieder auf.
Was mögen wohl unsere EM-Gäste denken?
Fazit: “Jussi”, Rochusstrasse 106, gehört unter Denkmalsschutz.
Schreibe einen Kommentar