Politik und Politikvermittlung: Krisenverschärfung live
„Man glaubt dem Rundfunk in Teilen der Bevölkerung nicht mehr und uns Politikern auch nicht“ – das sagt einer aus der Spitzengruppe im AfD-Ähnlichkeitswettbewerb, Rainer Haseloff, den mann nicht kennen muss, in der SZ (Paywall). Herr Haseloff ist damit “berühmt” geworden, als erster Ministerpräsident (von Sachsen-Anhalt, das ist ungefähr so gross wie Hamburg) eine TV-Gebührenerhöhung zu blockieren, was später vom Bundesverfassungsgericht korrigiert werden musste. Aber wie dieses Zitat zeigt: auch solche Typen können Wahrheiten aussprechen. Die aktuelle Leitwährung zum Thema Medienvertrauen ist der “Digital News Report” des Reuters Institute Oxford.
Sebastian Köhler, der auch für telepolis schreibt, gibt in der Berliner Zeitung eine deutschsprachige Zusammenfassung: “Digital News Report 2024: Warum bleibt die Medien-Skepsis auf Rekordniveau? – Digitalkonzerne und KI-Anwendungen setzen dem Journalismus zu. Der befindet sich ohnehin in einer Krise: In Deutschland liegt das Vertrauen in Nachrichten auf einem historischen Tiefstand.” Sollte die Berliner Zeitung diesen Text noch digital einmauern, lassen Sie es mich wissen; ich helfe weiter.
Das ist der gegenwärtige Stand der Politikvermittlung. Nicht besser, eher weit schlimmer sieht es im inhaltlichen Kern aus. Wer sich, wie Wolfgang Lieb und ich, wundert und ärgert über die Politik unserer Regierung und der EU, dem erklärt der Kollege David Goeßmann/telepolis in unbarmherziger Klarheit, warum die das tun, was sie tun: “Warum die aggressive Umzingelung Chinas durch die USA ein Desaster ist – 400 US-Militärstützpunkte und Mini-Nato in Asien, um Beijing einzudämmen. Nächste Eskalationsstufe kommt. Über Kriegsspiele im Pazifik.” Es geht nämlich – leider, leider! – gar nicht um die Freiheit und Existenz der Ukraine (und auch nicht um die Israels). Die sind nur Instrument und Funktion für das, was hier beschrieben wird.
In dieser Situation ist es nur ein schöner Traum – eine souveräne EU oder eine souveräne Bundesregierung. Die gibt es nicht. Und sie trauen sich selbstverständlich auch nicht, das offenzulegen. So entsteht s.o. der Wicht Haseloff und seine Wahrheit.
In der von Sebastian Köhler referierten Reuters-Untersuchung finde ich mich als individueller Mediennutzer sehr gut wieder. Viel Schaden am Medienvertrauen hat die Corona-Pandemiepolitik angerichtet. Bei mir persönlich nicht, aber bei der Mehrheit – auch derer, die ich persönlich kenne. Ich war durchgeimpft, meine Verwandten (Vater, 92) ebenfalls. Erkennbare Schäden oder Nebenwirkungen: keine. Coronapositiv: gelegentlich ja, mein Vater nein. Bei mir symptomfrei. Bei anderen Bekannten und Freund*inn*en bettlägerig. Solche persönlichen Wahrnehmungen sind für nichts ein Beweis – aber sie prägen. Ich war nicht völlig frei von Impfskepsis, habe mich aber immer zeitgerecht impfen lassen.
In der Berliner Zeitung berichtet ein – zwischenzeitlich pensionierter – Hausarzt anderes: Erich Freisleben: “Berliner Hausarzt über Corona-Aufarbeitung: ‘Stellt sich die Mainstream-Medizin dumm?’ – Unzählige offene Fragen, Widersprüche und düstere Zukunftsaussichten: Im Zuge der Corona-Aufarbeitung müssten auch Fehlentwicklungen in der Medizin angegangen werden.”
Insbesondere seiner einleitenden medizinpolitischen und politökonomisch abgeleiteten Gedankenführung kann ich weitgehend folgen. Auch die Forschungsdefizite, die unsere Bundes- und Länderregierungen zu verantworten haben, sehe ich ähnlich wie er. Update Mitternacht: mittlerweile hat die Berliner Zeitung den Beitrag (ebenso wie Köhler s.o.) digital eingemauert – Open Source hinter Paywall, so eine Logik muss mann erstmal bringen … Wenn Sie an den Texten interessiert bleiben, bitte bei mir melden.
Meine persönliche Impfung bereue ich nicht. Im Gegenteil. Individuell bin ich gut durch die Pandemie gekommen. Aber ich repräsentiere niemanden.
Der strategische Kern sind die Herrschaftsverhältnisse in der gesellschaftlichen Kommunikation. Sie sind in viel zu geringen Spurenelementen demokratisch und nicht gerecht.
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