Wenn Sie in einer Schule arbeiten (müssen), oder noch zu ihr gehen, weiss ich nicht, ob Sie drüber lachen können. Ich bin lange genug aus der Schule raus, um mich über “Eingeschlossene Gesellschaft”, von einem von Deutschlands vielleicht cleversten Filmregisseuren, Sönke Wortmann, amüsieren zu können. Verfügbar bis 6.8.
Der Film lief bereits im Kino und ist nun in der ARD-Mediathek. Das spielende Ensemble ist deutsche Bundesliga. Das Drehbuch von Jan Weiler enthält einige schöne Twists, die ich hier gar nicht verraten will. Die Schlusspointe ist etwas konstruiert und naheliegend. Aber das Spiel dazwischen, in dem der geiselnehmende Vater die Lehrer*innen im Lehrerzimmer alleine unter sich konferieren und intrigieren lässt, ist der stärkste Teil.
Der Film hinterlässt in mir als kaum noch schulerfahrener Beobachter den Verdacht, als wenn Lehrerzimmer bis heute für Aussnestehende ein mystisches Geheimnis geblieben sind. Als Schüler habe ich es nur ein einziges Mal legitimiert betreten: als Delegierter meiner Schülervertretung zur Schulkonferenz. Laut damaligem NRW-Schulgesetz war ich zum Stillschweigen über das Konferenzgeschehen verpflichtet. Dieses Geschehen war weit absurder und im Kern reaktionärer als alles, was in Wortmanns Film gezeigt wird. Ich trat also als machtloser Delegierter danach sofort zurück und publizierte meine Begründung in unserer Schülerzeitung. Ein mittelschweres schulinternes Skandälchen war die Folge.
Mein damaliger Schulleiter in Gladbeck ist noch am Leben, mit 96 Jahren. Er war mein Förderer und strategischer Verbündeter. Denn er war von der SPD-Stadtverwaltung einem mehrheitlich rechtsreaktionären Studienrätekollegium vor die Nase gesetzt worden. Er brauchte uns als Schülervertretung, um im Schulalltag übeerhaupt Land zu sehen. Über meinen Rücktritt als Schulkonferenzdelegierter war er sauer und enttäuscht. Aber er zeigte mir bis zum Abi Respekt – und gute Noten im von ihm geführten Philosophie-Unterricht.
Herbert Sokolowski versuchte seinerzeit in Gladbeck SPD-Kandidat für den NRW-Landtag zu werden. OB Günter Kalinowski war zurückgetreten und kurz danach verstorben. Sein Sohn sass ein Schuljahr lang in der Klasse unmittelbar hinter mir. Wir kamen miteinander klar – er blieb aber nach dem Jahr sofort “hängen”. 1975 unterlag Sokolowski als einer von vier Bewerbern dem später gewählten und erst kürzlich verstorbenen Manfred Braun.
Als Schulleiter war Herbert Sokolowski mir eine gute Politikschule. Ein weiser Mann. Und das als Sozialdemokrat! Im Ruhrgebiet! Undenkbar aber wahr.
Wie kommichdrauf? Ja, der Wortmann-Film. Können Sie gucken. Aber so gut, wie meine Schulzeit war, ist er auch wieder nicht.
Schreibe einen Kommentar