Ich bemerkte schon, dass die österreichische TV-Anstalt ORF viel länger und intensiver unter Druck von Rechts steht. Sie hat auch die gleichen Schwächen wie die deutschen ARD und ZDF: zu viele Seilschaften, zu viel Selbstbedienung und -beweihräucherung. Was ihn offenbar aber auch schon länger von ARD und ZDF unterscheidet, ist seine bemerkenswerte, zahlreiche imaginäre Grenzen überschreitende Fähigkeit zur Selbstironie. Die Mediathekperle “Dave”, mglw. einem US-Modell gleichen Namens nachempfunden, “müssen” Sie nicht sehen. Wichtig ist was Anderes. Aber der Mut zum Dadaismus hat mich überzeugt. Verfügbar bis 30.11.

Mein kritischster Punkt: 5 oder 6 Folgen hätten es für die gleiche Erzählung auch getan. Dave ist ein parasitärer Nichtsnutz, exakt das, was Menschen meines Alters sich unter “Influencer*inne*n” vorstellen. Eine völlig sinnfreie, überflüssige Existenz, kreiert von Produzent und Regisseur Jan Frankl. Hauptdarsteller und Namensgeber David Scheid. Seinem “Dave” jedenfalls würde ich im wirklichen Leben nicht wirklich begegnen wollen.

Dieser Mut zur sinnfreien Abweichung ist jedoch was Besonderes. Mit zunehmender Sehdauer überlegt mann: was ist das Geheimnis dahinter, was ist die Pointe? Die Antwort lautet: Österreich.

So etwas unter den dortigen Produktionsverhältnissen zu realisieren – das ist Kunst.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net