Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Merz disqualifiziert sich selbst

Aufgrund einer Straftat, bei der wir alle noch nicht wissen, ob der Täter wirklich Islamist war – die wenigen Medienberichte lassen eher den Schluss auf einen verwirrten Kopf zu – bricht die Merz-CDU eine widerliche Migrationsdebatte vom Zaum, die nur so vor seiner Unkenntnis von Grundgesetz, Europäischer Menschenrechtskonvention und Genfer Flüchtlingskonvention strotzt. Und fast niemand widerspricht ihm oder hinterfragt die Thesen – es geht in der öffentlichen Debatte derzeit zu, wie im rechtsfreien Tollhaus. Wenn Merz behauptet, man “müsse endlich Gesetze ändern” um die CDU-Forderungen zu erfüllen, gebärdet er sich wie ein Broker, der keine Einwände gegen den Kauf seiner faulen Papiere duldet.

“Kaufen Sie Blackrock, nur das löst Ihre Probleme” möchte man ihn im eigenen Innenohr flüstern hören. Das hat Merz gelernt. Ansonsten benutzt er die Phrasen der übelsten Vergangenheit seiner Partei aus den 90ern: Asylschwindel, Asylmißbrauch, Asyltourismus, Asylbetrug – damals bei seinen Parteifreunden von Helmut Linssen (NRW) bis Erwin Teufel (Baden-Württemberg) beliebt, neben der Forderung nach Arbeitsverbot für Flüchtlinge und der Forderung nach Gutscheinen statt Bargeld zur Versorgung. Die diskriminierende Debatte um die “Bezahlkarte” lässt grüßen. Geändert hat es damals wie heute nichts.

Verfassungsfeindliche Forderungen

Er  verschweigt die Risiken, wie es alle Broker am liebsten tun. Er verschweigt, dass eine Grundgesetzänderung mit Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat nötig wäre, um seine Forderungen der Asylrechtszerstörung umzusetzen. Er wähnt sich in den 90er Jahren, als SPD und CDU noch FDP und Grüne mangels Regierungsbeteiligung in den Ländern ausschalten konnten. Das möchte er am liebsten wiederholen. Er lebt in der Vergangenheit. Dass zudem die Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention, einer zivilisatorischen Errungenschaft des jahrhunderte von Kriegen zerrissenen Kontinents darstellt und der Austritt der Bundesrepublik aus der Genfer Flüchtlingskonvention erforderlich wären, um so umfassend, wie es die CDU damit letztlich fordert, aus dem Kreis der zivilisierten und demokratischen europäischen Staaten auszuscheren. Derartiges haben bisher weder die Post-Faschistin Meloni in Italien, noch der Fremdenfeind Geert Wilders in den Niederlanden gewagt. Würde das von Deutschland angestrebt, wäre eine Art “Domino-Effekt” zulasten der Grund- und Menschenrechte bei sämtlichen EU-Ländern, beginnend bei Frankreich die Folge. Ob Friedrich Merz überhaupt  fähig ist, so weit zu denken, muss bezweifelt bleiben.

Verabschiedung aus dem Kreis der zivilisierten Nationen?

Dass Merz überhaupt nichts von der Sache und ihren Folgen verstanden hat, weil er offensichtlich nur von politischen Dünnbrettbohrern vom Schlage seines “Generals” Linnemann beraten wird, zeigt, dass er offensichtlich nicht weiss, dass die Kündigungen dieser Konventionen nötig wären, um seine in der Sache ohnehin untauglichen Forderungen umzusetzen. Was bringt ihn eigentlich auf die Idee, wegen einer Straftat in Solingen, den in Afghanistan von Taliban bedrohten Frauen und Unterstützern der Bundeswehr Einreise und Schutz zu verweigern? Ignoranz? Rassismus? Nein – Anbiederung ganz rechts! Und niemand widerspricht, auch Olaf Scholz spielt mit seiner “hart durchgreifen” Parole ebenso wie Merz der AfD in die Hände. Das alles geht skrupellos zulasten der liberalen Demokratie. Und nur wenige Stimmen, z.B. die Kommentare des “Kölner Stadtanzeiger” oder der “TAZ” zu Wochenbeginn mahnen noch zur Sachlichkeit.

Europapolitische Verantwortungslosigkeit

Friedrich Merz geriert sich gerne als Möchtegern-Kanzler, erhebt aber europapolitisch unverantwortliche Forderungen und stellt damit seine Regierungsunfähigkeit unter Beweis. Was, so stellt sich doch die übergeordnete, europapolitische Frage, würde denn passieren, wenn seine in Viktor-Orban-Manier vorgetragenen Forderungen in Europa zum Tragen kämen? Mit der Erklärung eines “nationalen Notstands” wegen der Flüchtlinge begäbe sich Deutschland auf Ungarn-Niveau und betriebe Orban-Politik. Marine Le Pen würde ihm dafür sofort um den Hals fallen, bedeutete diese Politik nicht nur einen Ausstieg aus dem EU-Kompromiss in Flüchtlingsfragen, und damit das Ende jeder EU-Flüchtlingspolitik – Deutschland fände sich plötzlich an der Seite der EU-Dissidenten wieder.

Klein Friedrich und Klein Viktor “Seit an Seit” an einem Strang ziehend und Wasser auf die Mühlen von Marine Le Pen leitend, wären der Sargnagel für die Europäische Union.

Ein politischer Geisterfahrer an der Spitze der CDU/CSU

Wenn es noch eines praktischen Beweises bedürfte, dass Friedrich Merz total unfähig ist, solche politischen Zusammenhänge zu begreifen und die Folgen zu reflektieren und danach zu handeln, dass folglich erhebliche Zweifel an seiner Fähigkeit, verantwortlich ein Regierungsamt zu bekleiden, berechtigt sind, dann hat er dies mit seiner aktuellen populistischen Kampagne zur Diffamierung der Migrationspolitik unter Beweis gestellt. Dieser Mann ist gefährlich für die Demokratie, weil er die Verfassung nicht kennt, nicht achtet und keinen Respekt vor den Grund- und Menschenrechten hat. Das disqualifiziert ihn für jedes wichtige öffentliche Amt mit Macht. Insbesondere für das des Bundeskanzlers.

 

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

2 Kommentare

  1. Helmut Lorscheid

    Lieber Roland,
    was bitte ist am Papier der Grünen Mihalic und von Notz besser?
    Hier zum selbstlesen : https://irene-mihalic.de/berlin/innere-sicherheit/es-ist-an-der-zeit-die-zeitenwende-endlich-auch-in-der-innenpolitik-entschlossen-umsetzen/#pdf

    • Roland Appel

      Dazu äußere ich mich, wenn ich es gelesen habe.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

© 2024 Beueler-Extradienst | Impressum | Datenschutz

Theme von Anders NorénHoch ↑