Wie könnte eine demokratische Alternative zur Macht der digitalen Medienmonopole aussehen?

Im internationalen Vergleich verfügt Deutschland im Hinblick auf Vielfalt und Qualität derzeit noch über eine starke Medienlandschaft. Doch dieser Zustand ist in größter Gefahr: Denn seit gerade mal 25 Jahren – nämlich seit der Erfindung des World Wide Web – erleben wir einen grundstürzenden Umbruch unseres Mediensystems. Vor allem, wenn man auf die nachfolgenden Generationen schaut, verlieren die herkömmlichen Medien, insbesondere die Zeitungen, aber auch das Radio und das Fernsehen dramatisch an Bedeutung zumal für die Verbreitung von Informationen. Das Medium Internet nimmt als Kommunikationsplattform kontinuierlich zu. Und zwar sowohl im Hinblick auf die Nutzungsmöglichkeiten, auf die Nutzungszeit als auch hinsichtlich des Meinungsbildungsgewichts. Inzwischen hat das Internet sogar die Führungs-und Torwächterrolle gegenüber den herkömmlichen Medien übernommen.

Dramatischer Rückgang bei den Tageszeitungen

Zu diesem Umbruch nur so viel: Die tägliche Auflage der Tageszeitungen ist seit Anfang der 90er Jahre von rund 27 Millionen auf knapp 11 Millionen, also auf fast ein Drittel gesunken. Nur noch die Hälfte der lesefähigen Bevölkerung greift täglich zu einer gedruckten Zeitung. Nur noch jeder Fünfte nutzt Printmedien als Nachrichtenquelle. Und die Zeit, die für die Zeitungslektüre aufgebracht wird, ist gleichfalls kontinuierlich zurückgegangen.

Es ist ein Teufelskreis: Je kleiner die Auflagen der Zeitungen, desto geringer die Werbeeinnahmen, desto kleiner die Redaktionen, desto weniger tiefschürfend die Berichterstattung, desto geringer die journalistische Qualität und – im Ergebnis – desto größer der Verlust an Glaubwürdigkeit und damit wiederum der Verlust an verkaufter Auflage.

Generationsabriss beim Fernsehen

Nach zahlreichen Umfragen haben zwar zwischen 60 und 70 Prozent der Befragten noch immer Vertrauen in das öffentlich-rechtliche Fernsehen als Institution und gut zwei Drittel halten die Programme für glaubwürdig. Im Osten Deutschlands ist das allerdings nur noch gut die Hälfte. Aber dem großen Vertrauensbonus des Fernsehens steht geradezu ein „Generationsabriss“ bei seiner Nutzung gegenüber. Das Durschnittalter der Zuschauer – gemessen im April dieses Jahres – betrug bei der ARD 65 Jahre und beim ZDF und bei den Dritten Programmen 67 Jahre.

Nahezu 4 von 10 Menschen ab 14 Jahren, geben an, dass ihnen das Internet am wichtigsten ist, um sich über das Zeitgeschehen zu informieren. Im Hinblick auf die Mediennutzung hat das Internet das Rennen mit dem Fernsehen schon gewonnen. Mit großem Vorsprung bei den Jüngeren.

Da eine funktionierende Demokratie auf informierte Bürger angewiesen ist, sollte die digitale Spaltung zwischen der nachwachsenden Generation und den Älteren Anlass zur Besorgnis sein.

Angesichts dieses hier nur knapp skizzierten Wandels im Medienkonsum stellt sich die Frage, ob das Internet, die herkömmlichen Medien ergänzen oder gar ersetzen kann?

Meine kurze Antwort ist: Ergänzen – nur teilweise – ja! Ersetzen – bisher jedenfalls – nein! Richtig ist: Durch das Internet bleiben wir mit beliebig vielen Menschen in Kontakt.

Wir können Sprachmeldungen, Bilder und Videos austauschen und zeitgleich empfangen. Wir können unser Wissen verbreitern und verbreiten, wir können uns Kampagnen anschließen und für Meinungen werben. Nie zuvor war es so einfach, an eine so große Fülle von Informationen und Medieninhalten weltweit und jederzeit zu gelangen, wie heute.

Solche großartigen Potentiale des Internets sind nach wie vor gegeben. All die problematischen Dinge, auf die ich jetzt zu sprechen kommen werde, liegen nicht in der Technik: Sie sind gemacht!

„Soziale Medien“ übernehmen die Führungsrolle beim Meinungsbildungsgewicht

Neben einer schier unüberschaubaren Vielzahl eigenständiger Websites findet der weitaus überwiegende Teil der Internetkommunikation in den „Sozialen Medien“ statt. Zu den „Sozialen Medien“ zählen Medienintermediäre wie etwa Instagram, TikTok oder Facebook oder Telegram, die Kurzmitteilungsdienste, auch „Instant Messengers“ genannt, also etwa Elon Musks Twitter (jetzt in X umbenannt) WhatsApp oder das berufliche Netzwerk Linkedin. Dann gibt es noch die Videoportale, wie etwa YouTube. Ziemlich neu sind die Microblogging-Dienste Mastodon, Bluesky oder Threads aus Mark Zuckerbergs Meta-Konzern.

Zu diesen „Sozialen Medien“ an dieser Stelle nur soviel:
Insgesamt werden sie von mehr als 50 Millionen Deutschen genutzt. Rund 43% der Bevölkerung nutzen sie zumindest auch zur Information. Beim Meinungsbildungsgewicht ermittelte 2023 der Meinungsvielfaltsmonitor der Medienanstalten hat für das Internet einen Anteil von 35,4%, das Fernsehen einen Anteil von 28,9%, das Radio 16,4%, Tageszeitungen 16,0%, Zeitschriften nur noch kümmerliche 3,3 Prozent.

Kontrolle der Inhalte liegt bei den Betreibern sozialer Netzwerke.

Die ursprüngliche Utopie des Internets, also das Bild von Offenheit und der Vernetzung in einer freien, nicht-kommerziellen Informationsgesellschaft wurde leider nie Wirklichkeit. Die Kontrolle über die verbreiteten Inhalte liegt nämlich nicht bei den Nutzern, sondern bei den Betreibern sozialer Netzwerke. Es bleibt verborgen, dass die „geposteten“ Inhalte vor allem mittels geheim gehaltener Sortier- und Suchalgorithmen gesteuert werden. Demokratische Leitwerte – wie Orientierung an der Wahrheit oder die Meinungsvielfalt – spielen bei der Auswahl der Inhalte keinerlei Rolle.

„Überwachungskapitalismus“

Spätestens seit den Enthüllungen des ehemaligen CIA-Mitarbeiters Edward Snowden müssten eigentlich alle wissen, dass die gewonnene Freiheit der Information im Netz mit einem Verlust an Anonymität und einer privaten und/oder staatlichen Macht über persönliche Daten erkauft wird. Die angeblich „kostenfreien“ Internet-Dienste von Facebook und Co. sind vor allem auch Datenkraken, die mit dem Sammeln und dem Verkauf von Nutzerdaten Milliarden Dollar an Gewinnen machen. Die Online-Präsenz wurde zur handelbaren Ware. Viel zu wenig ist bewusst, dass, wenn etwas nichts kostet, der Nutzer das Produkt ist. Das Betriebsmodell ist das der Beobachtung und der geschäftlichen Nutzung des Suchverhaltens der Nutzer. Die Harvard-Ökonomin Shoshana Zuboff nennt das „Überwachungskapitalismus“.

Gefahr der Manipulation

Die Tatsache, dass die Internetdienste besser über einen Bescheid wissen, als man selbst über sich weiß – jedenfalls als man sich bewusst macht – kann nicht nur für Werbezwecke ausgebeutet werden, sondern auch für Propaganda, bis hin zu Wahlmanipulationen. Sogenannte „Trolls“, „Robots“ oder kurz „Bots“ – das sind automatisierte Meldungen – können durch ihre schiere Masse gesellschaftliche Debatten beeinflussen.

Privacy Paradox

Obwohl die Vertraulichkeit von persönlichen Daten von Vielen als sehr wichtig eingestuft wird, findet die Nutzung des Internets weitgehend sorglos statt. Man spricht hier auch von einem „digitalen Paradox“.

Märkte als Spielball der Tech-Giganten

Google setzt jährlich gut 280 Milliarden Dollar um, Amazon sogar über 500 Milliarden. Zum Vergleich: Der Bundeshaushalt 2024 liegt bei etwas über 476 Milliarden. Die Marktkapitalisierung der Big Five, also von Google, Amazon, Meta, Apple und Microsoft, übertraf das Gesamtkapital aller DAX-40-Unternehmen zusammen um das Sechsfache. Die Tech-Giganten sind nicht Spielball der Märkte, sondern umgekehrt sind die Märkte Spielball der Giganten geworden. Noch viel zerstörerischer als im ökonomischen Wettbewerb sind aber die Auswirkungen der Oligopole auf dem Markt der Medien. Solche Oligopole sind eine Bedrohung für eine plurale Meinungsbildung. Trotz ihrer riesigen Gewinne gehören diese bestverdienenden Konzerne mit zu den schlechtesten Steuerzahlern. Die Branche gab nach Angaben von Lobbycontrol 2022 etwa 113 Millionen Euro für Lobbyarbeit allein in Brüssel aus. Diese massive Lobbyarbeit bedroht demokratische Willensbildungsprozesse. Außerdem fördern diese Konzerne in großem Umfang konzernfreundliche Forschung und beeinflussen so den Wissenschaftsprozess.

Die Tech-Giganten als „schwarze Löcher“ des Internet-Traffics

Ein „Atlas der digitalen Welt“ – der am Institut für Medienkultur an der Universität zu Köln erarbeitet worden ist – zeigt, dass sich der Internetverkehr derzeit zu 70 Prozent – und weiter zunehmend – auf eine Hand voll Oligopole quasi als „schwarze Löcher“ konzentriert und der übrige Rest des Internet-Traffics nur noch ein riesiger „Friedhof“ ist.

Die „Kalifornische Ideologie“

Der Hauptberater in der Generaldirektion Justiz der EU-Kommission, Paul Nemitz, erkennt bei den steinreichen Unternehmensführern der BigTech-Konzerne eine „Kalifornische Ideologie“: Nämlich den Glauben, dass sich alle Probleme durch Technik lösen lassen und vor allem, dass diese Technik alle Probleme besser löst als die Politik. Die TechGiganten züchteten – so Nemitz – eine „Kultur der Verachtung der Institutionen der Demokratie“.

Personalisierte Information.

Der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg verkündete unlängst: „Unser Ziel ist es, mit dem Newsfeed – (also den automatisch gemeldeten Nachrichten) – die perfekte personalisierte Zeitung für jede Person auf der Welt zu schaffen“.

Eine konsequente Personalisierung von Informationen zerstört die Grundfunktion von Öffentlichkeit, nämlich den offenen Austausch von vielfältigen und kontroversen gesellschaftlichen Meinungen.

Teilöffentlichkeiten mit unterschiedlichen Wahrheitsansprüchen.

Zwar sind die sog. „Filterblasen- oder Echokammereffekte“ umstritten, als gesichert gilt jedoch, dass bei zahlenmäßig durchaus beachtlich großen gesellschaftlichen Gruppen, die sich meist in Opposition zur veröffentlichten Meinung verstehen, durch die personalisierten Nachrichtenströme Verfestigungen von Vorurteilen beobachtbar sind, sodass sich polarisierende „Gegen- oder Teilöffentlichkeiten“ mit unterschiedlichen Wahrheitsansprüchen bilden. An die Stelle einer gemeinsamen Öffentlichkeit, ist eine Vielzahl von Öffentlichkeiten, sind Spaltungen in der Gesellschaft getreten.

Verrohung der Sprache

Unumstritten ist: Im Netz ist eine Verrohung der Sprache beobachtbar. Die Vergiftung der zwischenmenschlichen Kommunikation im Netz ist oft eng verbunden mit einem pauschalen Antielitismus, einer allgemeinen Skepsis, mit Homophobie und Fremdenhass, Antisemitismus, mit Rassismus bis hin zu Aufrufen zur Gewalt.

„Lauter Hass, leiser Rückzug“

Mehr als drei Viertel der Deutschen erleben Hass im Netz. Hassreden werden spätestens dann gefährlich für unsere Demokratie, wenn die Hetze des einen die Meinungsfreiheit des anderen einschränkt. Anfeindungen im Netz halten schon jetzt Menschen davon ab, für ein politisches Amt zu kandidieren. Der Kampf gegen Hassreden ist also auch ein Kampf für die Meinungsfreiheit.

Falschmeldungen verbreiten sich schneller und häufiger

Falschmeldungen verbreiten sich in den sozialen Medien sechs Mal so schnell und hundert Mal so häufig wie normale Nachrichten. Diesen Verbreitungseffekt nutzen natürlich auch die Sozialen Netzwerke für sich selbst aus, denn die „Währung“ des Internets ist die Aufmerksamkeit. Es herrscht eine „Klickökonomie‘“, denn Klickzahlen und Verweildauer bringen Werbeeinnahmen. Durch Desinformation und Verrohung können soziale Medien zu asozialen Medien werden. Die Neue Züricher Zeitung berichtet über einen Selbstversuch, wonach die Versuchsperson nach 3 Stunden Netzsuche mit Terrormaterial in Kontakt kam. Der NRW-Innenminister Herbert Reul sieht im Internet nicht zu Unrecht die „Radikalisierungsmaschine des 21. Jahrhunderts“.

Rechtspopulisten beherrschen das Spiel mit der Wut gekonnt

Rechtspopulisten liefern mit ihrer Hetze das, was der Algorithmus belohnt. Kein Wunder also, dass bei den Social-Media-Abrufen die AfD und deren Politiker/innen mit weitem Abstand vor den anderen Parteien liegen. Der (zurückgezogene) Spitzenkandidat der AfD bei der Europawahl, Maximilian Krah etwa erreichte mit seinem Video „Echte Männer sind rechts“ 1,5 Millionen Views. Die in Teilen rechtsextreme FPÖ in Österreich erreicht vor den dortigen Wahlen in den sozialen Medien zweieinhalb Mal so viele Follower wie alle anderen Parteien in Österreich zusammen.

„Alternative Fakten“

Desinformation verursacht Unsicherheit und diese Unsicherheit nährt Zweifel an allem, was nicht Teil der eigenen Wirklichkeit ist. Mit Begriffen wie „alternative Fakten“ wird suggeriert, dass Tatsachen reine Ansichtssache seien. Wie soll aber eine Demokratie überleben, wenn viele Menschen ihr Vertrauen in die Wahrhaftigkeit von Informationen verlieren?

Bedrohungen für unsere Demokratie durch das Internet

– Die digitale Spaltung zwischen jung und alt bei der Informiertheit,

– der Verlust an Vielfalt der gesellschaftlichen Meinungen durch die Oligopolisierung der Medienwelt,

– die Verstärkung gleichgerichteter Meinungen und die Fragmentierung der öffentlichen Meinung durch alternative Fakten,

– die Verrohung der Sprache und des politischen Diskurses,

– die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch Hassreden,

– die Radikalisierungstendenzen und Desinformationskampagnen,

– der Verlust an gemeinsam geteilten und geprüften Informationen und an Vertrauen in die Wahrhaftigkeit von Informationen,

– die mit der Technikgläubigkeit einhergehende Missachtung demokratischer Institutionen.

Angesichts solcher Bedrohungen stellte Bundespräsident Steinmeier zurecht die Forderung auf: „Nicht die Digitalisierung der Demokratie, sondern die Demokratisierung des Digitalen ist die drängendste Aufgabe“.

Regulierungsversuche

Es hat noch nie in der Geschichte ein Medium gegeben, das nicht reguliert wurde. Die Bosse der fünf Internetoligopole,vertraten über lange Jahre unisono die Ideologie, sie seien nur neutrale Dienstleister oder eine Art „schwarzes Brett“ für ihre „User“ und sie könnten für die von ihren Nutzern verbreiteten Inhalte nicht als „Herausgeber“ zur Verantwortung gezogen werden. Die meisten Netzwerkbetreiber haben sich inzwischen zwar selbst Community-Standards zum Schutz vor gesetzwidrigen oder anstößigen Inhalten auferlegt. Dieses „Hausrecht“ ist als private Zensur jedoch verfassungsrechtlich höchst problematisch.

Warum sollte eigentlich die digitale Welt anders funktionieren als die analoge, mit genauso vielen Freiheiten aber auch Pflichten?

Jede Regulierung müsste aber größtmögliche individuelle Meinungsfreiheit und den Schutz vor staatlicher oder privater Zensur und darüber hinaus ein hohes Maß an Datenschutz gewährleisten. Immerhin gibt es inzwischen sowohl auf europäischer Ebene als auch als im innerstaatlichen Recht zahlreiche Regulierungsvorschriften. Ob diese Regulierungen den rechtlichen und vor allem auch praktischen Rahmen bieten können für die Ermöglichung freier und unabhängiger Berichterstattung sowie für einen freien und offenen Meinungs- und Willensbildungsprozess wird sich allerdings erst noch erweisen müssen.

Tatsache ist jedoch: Gegen die bereits existierenden Oligopole wird bisher kaum etwas unternommen. Es gibt zahlreiche Vorschläge, wie das Internet von der Macht der Tech-Riesen befreit werden könnte. Hier nur die m.E. wichtigsten: (Siehe dazu im Einzelnen: Martin Andree, BigTech muss weg, 2023)

– Bei marktbeherrschenden Plattformen sollte ein Nutzungsanteil in der jeweiligen Mediengattung von max. 30% eingeführt werden.

– Die Nutzergruppen sollten problemlos zwischen verschiedenen Plattformen wechseln können.

– Gewinne, die in einem Land erwirtschaftet werden, müssten – wie bei anderen Medienunternehmen auch – jeweils auch in diesem Land versteuert werden.

– Wer den wirtschaftlichen Profit erzielt, sollte zwingend auch inhaltliche Verantwortung etwa für strafbare Botschaften übernehmen.

– Die eingesetzten Algorithmen sollten transparent werden.

– Zur strafrechtlichen Verfolgung sollten von sozialen Netzwerken die Internetprotokoll- (also die IP-)Adressen der dem Netz angebundenen Geräte herausgegeben werden müssen.

– Es gibt Stimmen, die ganz grundsätzlich in Frage stellen, dass die Netz-„Infrastruktur“ – anders als etwa das Straßennetz – sich in privater Hand befindet.

– Zunehmend werden auch Forderungen nach einer digitalen Souveränität wenigstens auf europäischer Ebene gegen die Digital-Oligopolisten aus den USA und inzwischen auch aus China laut.

Wichtig wäre vor allem auch eine größere Medienkompetenz der Nutzerinnen und Nutzer.

Warum nicht eine öffentliche, beitragsfinanzierte Plattform.

Der Umbruch der Medienlandschaft wird sich nach aller Voraussicht in den nächsten Jahren beschleunigt fortsetzen. Ohne Gegenmaßnahmen werden sich herkömmlichen Medien im „Plattformisierungsprozess“ weder ökonomisch noch publizistisch behaupten können. Warum also – wenigstens als Gegengewicht – nicht eine öffentliche, beitragsfinanzierte Plattform? Vielleicht auch unter Beteiligung von Verlagen und Kultur- sowie Wissenschaftseinrichtungen.

Bei aller berechtigten Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk hätte eine Public-Service-Plattform beispielhaft folgende Vorteile:

– In Ergänzung zu den Medien-Oligopolisten, könnte ein über eine „Demokratieabgabe“ finanzierte Internetplattform auf den Verkauf von Daten verzichten.

– Ein solches Public Value-Internetangebot könnte staatsfern von gesellschaftlichen Gruppen kontrolliert werden und demokratische Teilhabe ermöglichen.

– Es könnte gemeinwohlorientiert, unabhängig und identitätsstiftend ausgerichtet und dem Wahrhaftigkeits- und Achtungsgebot sowie zur Einhaltung journalistischer Grundsätze verpflichtet werden.

– Ein solcher öffentlich-rechtlicher Netzauftritt könnte durch einen gesellschaftlichen Integrationsauftrag der Spaltung der Öffentlichkeit und darüber hinaus Hassreden und Verschwörungsdenken entgegenwirken.

– Eine solche Plattform könnte mit dem Versprechen an die Nutzer verbunden sein, dass die Daten geschützt und die Algorithmen transparent gemacht würden.

Leider verläuft die aktuelle Diskussion über die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in die gegenteilige Richtung – sowohl was die Sparzwänge als auch was das Verbot von presseähnlichen Veröffentlichungen anbetrifft.

Ob ein solches beitragsfinanziertes, öffentlich-rechtliches Internetangebot ausreichend Publikum fände, ist zwar ungewiss und wird vielfach bezweifelt, aber immerhin bestünde eine demokratischere Alternative zu den Internetoligopolisten und ein Angebot für eine informative Grundversorgung.

Dieser Beitrag erschien zuerst im “Blog der Republik”, hier mit freundlicher Genehmigung des Autors.

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