Mann hätte die Uhr danach stellen können. Mit dem Sturz des Assad-Regimes geht das Sinnen und Trachten mitteleuropäischer und deutscher Diskurse dahin, wie mann all diese Syrer*innen wieder los wird. Nicht alle finden das amüsant. Ich will es gar nicht erst ignorieren. Sondern freue mich zunächst mit Karim El-Gawhary/taz, mit dessen Vater ich im früheren Vorstand der BRD-Anti-Apartheid-Bewegung sehr gut bekannt war: Momente, die niemand den Syrern nehmen kann – Aufgebrochene Zellen, umgestürzte Statuen, wiedervereinte Familien: Syrien ist ein anderes Land. Ein Essay über die Bedeutung dieses historischen Augenblicks.”

Deutsche Medien überschlagen sich mit Nachrichten und Gerüchten, dass einer*m schnell der Kopf schwirrt. Ich will Sie hier auch nicht überladen. Roland Appel referiert in einem getrennten Beitrag, was er bei unserem gemeinsamen Freund Volker Perthes in Erfahrung gebracht hat. Von mir hier nur drei Leseempfehlungen von gestern:

Natasha Hall & Joost Hiltermann/IPG-Journal: Tag eins nach Assad – Das syrische Regime fällt zusammen wie ein Kartenhaus. Die daraus resultierenden Schockwellen werden den Nahen Osten neu sortieren.”

Hussam Baravi & Salam Said/IPG-Journal: Frei, aber nicht befreit – Assad ist Geschichte, doch das Land steht vor einer ungewissen Zukunft. Zwei syrische Stimmen zu den dramatischen Entwicklungen der letzten Tage.”

Emran Feroz/overton: Befreiungsschlag oder Kabul-Moment? – Innerhalb weniger Tage haben Syriens Rebellengruppen Diktator Assad gestürzt. Für viele ist das ein Grund zum Feiern. Andere sind skeptisch und ziehen historische Vergleiche.”

Wg. des deutschen Diskurses habe ich endlich meine Jahresspende an ProAsyl erledigt. Auch als Rentner muss mann sich um politisch angemessene Steuervermeidung kümmern: lieber Asylrecht verteidigen, als Kriegstüchtigkeit.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net