Das Editorial der Ausgabe des Demokratischen Salons vom Dezember 2024 befasst sich etwa sechs Wochen vor der Bundestagswahl mit einem Phänomen, das immer wieder auftaucht: Wechselstimmung – aber wohin?“ . 

Im Dezember 2024 wurden folgende neuen Texte veröffentlicht:

    • Nora Guthrie spricht über „The World According to Trump”: Lügen, Wahrheit und „Turf“. Trump – der „Pate“ von Amerika? Er imponiert jungen Männern durch sein Bündnis mit Musk, alternativ Gesinnten mit RFK. Seine Sicht der Welt orientiert sich an den „five familys“, in deren „turfs“ er aufwuchs. Seine Unwahrheiten wiederholt er so oft bis genug Leute sie glauben. Es ginge auch anders, wenn wir dem Rat von Woody Guthrie folgten: „sing it again and again and again“. Die Zivilgesellschaft ist stark, aber die Demokraten haben es bisher leider nicht gemerkt. (Rubrik: Weltweite Entwicklungen)

  • Fritz Heidorn befasst sich in dem Essay „Die Religion der Atheisten“ mit den Grenzüberschreitungen zwischen Religion, Magie, Wissenschaft und Technologie. Er tut dies am Beispiel der vier Odyssee-Romane von Arthur C. Clarke, in denen dieser vier Narrative vereinte, das naturwissenschaftlich-technische, das kosmologische, das eschatologische und das interkulturelle Narrativ. Es folgt ein Ausblick auf die Trisolaris-Trilogie von Cixin Liu. Wichtiger Zeuge ist der Stringtheoretiker Michio Kaku, der sich ausdrücklich auf Clarke bezieht. (Rubrik: Science Fiction).
  • Aiki Mira stellt in „In der PolyWelt“ ihren neuen Roman „Proxi“ vor. Drei Personen versuchen auf einem Roadtrip in der verwüsteten Post-Klima-Welt Proto die verlorene virtuelle Welt Proxi wiederherzustellen. Sie gelangen zu sich selbst, eine Art Serendipity. Aiki Mira verbindet ihre Literatur mit Klängen und Bildern. Die Queerness der Figuren spiegelt sich in der synästhetischen Performance des Romans, die den Roadtrip mitunter zum Drogentrip werden lässt. Science Fiction wird surrealistisch und empowert uns Lesende, die wir unsere eigene utopische PolyWelt schaffen. (Rubriken: Science Fiction, Gender)   
  • Joana Nowotny, Expertin für Superheld:innen, hat in „Super! Helden!“ die Strukturen und die Ästhetik der Superheldencomics beschrieben. Im zweiten Teil befasst sie sich unter der Überschrift „Fragil ist das neue Super!“ mit den Doppelidentitäten einiger Held:innen, dem Geschlecht von Held:innen und Creators, Bildern von Männlichkeit und Weiblichkeit, der Frage, wie divers Schwarze Menschen in Comics dargestellt werden, beispielsweise in „Black Panther“, sowie mit jüdischen Identitäten bei Held:innen und Creators. Das Angebot wurde diverser, aber es droht auch ein Backlash. (Rubrik: Kultur)   
  • Das Deutsche Polen-Institut veröffentlichte im Herbst 2024 wie jedes Jahr das deutsch-polnische Barometer und ein Jahrbuch. Beide Veröffentlichungen werden in der Rezension „Polnische Moderne“ vorgestellt. Das polnische Deutschlandbild hat sich etwas verbessert, doch denken viele Pol:innen, dass Deutschland zu wenig für Europa leiste. Deutschland ist nach wie vor in hohem Maße ein Land, das viel Leid über Polen gebracht hat. Die Deutschen sehen Polen vor allem als Tourismusziel, erkennen jedoch nicht seine Modernität, die im Jahrbuch unter Aspekten der Geschichte über Wirtschaft und Künste bis in aktuelle Einstellungen im Detail debattiert wird. (Rubriken: Europa, Osteuropa) 
  • Michael Hänel ist der Autor des Essays „Verpestetes Land – Judenhass als linke Integrationsideologie“. Hintergrund ist der Kampf von Joseph Wulf um die Einrichtung einer Dokumentationsstätte der Shoah in der Villa, in der die Wannsee-Konferenz stattfand. Michael Hänel bietet einen Überblick über Studien und Positionierungen von Jean Améry, Jeffrey Herf sowie vielen anderen. SED und westdeutsche Linke teilen „gemeinsame Schablonen“ und verherrlichen in Erklärungen, Zeitschriften und „Revolutionstourismus“ den Typus des „palästinensischen Widerstandskämpfers“. (Rubriken: Antisemitismus, DDR) 
  • Abdulai Sila ist ein in Guinea-Bissau bekannter und engagierter Autor. Renate Heß und Rosa Rodrigues übersetzten drei seiner Bücher ins Deutsche. Renate Heß stellt in „Afrikanisches Selbstbewusstsein“ den Autor und die portugiesisch sprachige Literatur des Landes vor. Abdulai Sila beschreibt in seinen Romanen und Theaterstücken die politischen Wirren der Kolonialzeit wie der De-Kolonialisierung sowie die Widersprüche der handelnden Menschen. Ein wichtiges Thema seines Engagements und seiner Bücher ist die befreiende Kraft der Bildung, gerade auch der Bildung von Mädchen. (Rubriken: Afrikanische Welten, Kultur) 
  • Martina Winkler beschreibt in „Trennende Gemeinsamkeiten“ das komplexe Verhältnis zwischen Tschechen und Slowaken in Politik und Alltag. Die Trennung im Jahr 1992 verlief friedlich, die Wege trafen sich mitunter in der Višegrad-Gruppe, trennten sich aber auch je nachdem wie sich die jeweilige Regierung zur Ukraine und zu Russland positioniert. Nicht zu unterschätzen ist die trennende historische Erfahrung des Münchner Abkommens 1938. Die Bevölkerungen sind einander jedoch näher als dies manche Regierung gerne glauben möchte. (Rubriken: Europa, Osteuropa) 
  • Volodymyr Krizhanowskyj gewann den ersten Preis eines Wettbewerbs, den das Goethe-Institut Ukraine und der ukrainische Deutschlehrer- und Germanistenverband (UDGV) anlässlich des 100. Todestages von Franz Kafka für Studierende ab dem 17. Lebensjahr ausgelobt hatten: „Franz Kafka in der Ukraine“. Volodymyr Krizhanowskyj gelang ein ausgesprochen poetischer Text über den Kreislauf des nie vollendeten Schreibens. Der poetische Essay endet mit einem Satz aus dem Tagebuch Franz Kafkas: „Alles, was möglich ist, geschieht.“ (Rubriken: Osteuropa, Kultur)
  • Norbert Reichel analysiert in „Permanenter Ausnahmezustand“ die Nicht-Aufarbeitung der Corona-Pandemie, ein „Lehrstück für Demokratie und Politik“. Grundlage des Essays ist das Buch „Demokratische Auszeit“ von André Brodocz und Hagen Schölzel, die die demokratietheoretischen und -praktischen Hintergründe untersucht haben. Zeitspiel, Ungleichzeitigkeiten und Adhocismus prägten die Politik, die mitunter ins A- oder Antidemokratische umzuschlagen drohte, mit Folgen für die Akzeptanz beispielsweise beim Klimaschutz. Verpasst wurde die Chance, demokratische Politik neu zu begründen (Rubrik: Treibhäuser) 

Wie üblich finden Sie Vorschläge zu Veranstaltungen, Ausstellungen und Wettbewerben, darunter „Wir werden wieder tanzen“ (sechs Orte in Nordrhein-Westfalen), eine Ausstellung von Pussy Riot (München), „Polnisches Schreiben in Deutschland“ (Darmstadt), „Kunstakademie meets Universität“ (Bochum), die Gruppenausstellungen „Swaying the Current“ (Berlin) und „Steine räumen für den Frieden“ (Bonn), den Vortrag über jüdische Sakralbauten nach 1945 (Bochum), die Ausstellung „Superheld:innen“ (Düsseldorf) und über einen neuen Blick auf das Ende des Lebens (Frankfurt am Main), das Kunstfest Weimar 2025, einen neuen Podcast des Projekts „Weiter Schreiben“ sowie die Wanderausstellung „…denen mitzuwirken versagt war“ (jederzeit buchbar).

Die Leseempfehlungen und Hintergrundinformationen bieten Beiträge zu Fachkräften in Deutschland aus der Elfenbeinküste und aus Syrien, zur Geschichte vor Gericht, zum Verhältnis von Kirchen und Rechtsextremismus, zur Migration nach Frankreich, zu deutschen Vorbildern für die syrischen Folterer, zum Mobbing unter Muslim:innen, zum Fall Darja Kosyrewa vor einem russischen Gericht, zu Trumps Wähler:innen und Ronald Reagan, zur Autorin Lea Ypi, zu Debatten um Pazifismus, zur Gewalt im russischen Alltag, zu den Äußerungen von Karl Marx zum russischen Expansionismus, zu Kino, Literatur und Musik im Iran, darunter auch das Konzert im Abendkleid und ohne Kopftuch von Parastoo Ahmadi, zur Kraft der Demokratie in Südkorea, zum Bildungsspitzenreiter Estland, zur Debatte um die Kritik von Marko Martin an der Russlandpolitik des Bundespräsidenten in seiner Zeit als Bundesaußenminister, zur neuen „Initiative Staatsreform“ sowie zur „Allianz für Schiene“, last not least zu einer weiteren Übersetzung aus dem Demokratischen Salon ins Ukrainische.

(Alle Texte und Hinweise sind über die Sprungmarken im Newsletter sowie in dieser Mail schnell und bequem erreichbar.)

Über Norbert Reichel / Demokratischer Salon:

Unter der Kennung "Gastautor:innen" fassen wir die unterschiedlichsten Beiträge externer Quellen zusammen, die wir dankbar im Beueler-Extradienst (wieder-)veröffentlichen dürfen. Die Autor*innen, Quellen und ggf. Lizenzen sind, soweit bekannt, jeweils im Beitrag vermerkt und/oder verlinkt.