Nicht wahlentscheidend, aber wertvoll
Intelligenzarme Medien wundern sich, dass die Millionen Anti-Rechts- und Anti-Merz-Demonstrant*inn*en sich nicht in Wahlumfragen niederschlagen. Das haben sie noch nie getan. Das hat was mit Dialektik und Prozessdenken zu tun, das die meisten was-mit-Medien-Menschen bekanntlich in der Schule nicht angeboten bekommen haben. Eine kleine Nachhilfe für die Jüngeren aus meiner eigenen Lebenserinnerung: als die Studentenbewegung der “68er” öffentliche Aufregung in der BRD verursachte, zog die neonazistische NPD in mehrere Landtage ein, und scheiterte 1969 nur knapp an der 5%-Hürde in den Bundestag.
Als die BRD-Friedensbewegung 1983 auf dem Mobilisierungshöhepunkt war, war Helmut Kohl gerade Bundeskanzler geworden, und gewann die anschliessende Bundestagswahl triumphal. Die rechtsradikalen “Republikaner” zogen in jenen Jahren wiederum in Landtage ein, wie zuvor die NPD. Auch jetzt ist so ein Effekt denkbar: die medienattraktiven Demos könnten einen Trotzeffekt bei den neidischen Gegner*inne*n mobilisieren. Sind sie darum falsch? Nein, im Gegenteil.
Denn sie sind ein aktiver gesellschaftlicher Diskussionsbeitrag jener, die sich in der medial vorherrschenden Politik nicht mehr repräsentiert fühlen. Alle Parteien dackeln mehr oder weniger dem Agendasetting der AfD hinterher. Die Millionen Menschen, die sich in der Flüchtlingsolidarität engagieren, die das Klima retten wollen, die gegen Militarisierung und Wettrüsten sind, sehen keine politische Vertretung mehr. Viele von ihnen wissen nicht mehr, wen und was sie überhaupt noch wählen können. Als Wähler*innen sind sie demobilisiert. Die aktuellen Demos ändern das nicht, sondern sie artikulieren es.
Von den demokratischen Parteien erwarten sie nicht nur die ominöse “Brandmauer” nach rechts. Sie erwarten auch Kooperations- und Verhandlungsfähigkeit der Demokrat*inn*en, also das Gegenteil dessen, was die Ampelkoalition soeben vorgeführt, und was Friedrich Merz so, dass es wahrlich niemandem entgeht, ebenfalls aufgeführt hat.
Angela Merkel hat die deutsche Öffentlichkeit und ihre Partei auf die Weiche hingewiesen, vor der sie sich entscheiden muss: Mehrheitsbildung mit Faschisten oder Demokrat*inn*en. Die FDP tut es gerade: sie geht den Weg der DVP in der Weimarer Republik. Der tote und politisch gestürzte und antisemitische Jürgen Möllemann, doof war er ja leider nicht, wollte damals einen anderen Weg: den der FPÖ. Sich selbst zum faschistischen Original machen und an die Spitze der “Bewegung” setzen, da, wo die FPÖ in Österreich jetzt ist. Von Österreich lernen, heisst Faschismus lernen. Jetzt geht die FDP endlich dahin, wo wir Jungdemokraten sie 1982 schon haben wollten. Eine späte Genugtuung auf die ich am Wahlsonntag gut verzichten könnte.
Die “Mehrheit links der CDU/CSU”, die Willy Brandt einst treffend beschworen hatte, sie existiert gesellschaftlich weiter. Sie ist auch engagementswillig. Aber das weite geradezu unübersichtliche Feld von Mittel- und Kleinstparteien plus Sekten auf dem Stimmzettel ist keine satisfaktionsfähiges politisches Angebot. SPD, Grüne und andere müssen der Gesellschaft erstmal ein mobilisierendes realistisches Angebot machen, wenn sie nochmal eine Wahl gewinnen wollen. Die Drohung, wie furchtbar die Anderen sind, ist dafür nicht hinreichend. Selbst, wenn sie stimmt.
Wider aufkommende Enttäuschung und Resignation – Martin, ein wichtiger Beitrag, der bewusst macht, dass politisches Handeln historische Verknüpfung braucht, um erfolgreich sein zu können. Bertolt Brecht (heute Geburtstag) würde ein Loblied auf die Dialektik hinzufügen.
Denn sie sind ein aktiver gesellschaftlicher Diskussionsbeitrag jener, die sich in der medial vorherrschenden Politik nicht mehr repräsentiert fühlen. Alle Parteien dackeln mehr oder weniger dem Agendasetting der AfD hinterher. Die Millionen Menschen, die sich in der Flüchtlingsolidarität engagieren, die das Klima retten wollen, die gegen Militarisierung und Wettrüsten sind, sehen keine politische Vertretung mehr. Viele von ihnen wissen nicht mehr, wen und was sie überhaupt noch wählen können. Als Wähler*innen sind sie demobilisiert. Die aktuellen Demos ändern das nicht, sondern sie artikulieren es.”
gewagte These. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach artikulieren die lediglich ihre Moralische Überheblichkeit. Ich wage die These (aus eigener Erfahrung) das ein nicht unerheblicher Teil von Denen mich noch vor wenigen Jahren als Volksschädiger gebrandmarkt hat und aus Zusammenkünften ferngehalten hat. Mußte mir sogar anhören das meine Frankreichaufenthalte übermäßige Gefahren für das Volk heraufbeschwören würden. Die lächerlichen Balkonorgien sprechen bände.
Oder um es auf die Jetztzeit hoch zu beamen: Wieviele von denen haben keine Probleme bzw unterstützen das noch das die faschistische Bande in der UA bewaffnet wird und negieren jedwede Verhandlung ( “du alter Putinist”).
Ich habe letztens ein Gespräch mit einen französischen Historiker( Name fält mir gerade nicht ein)gehört der gerade ein neues Buch geschrieben hat mit der hier etwas verkürzten Aussage: Die Mittelschicht war ein massgeblicher Motor für die Machtergreifung Hitlers….. un dä da läuft sie wieder und kriegt den arsch huh???
Besserwissen gegenüber engagementbereiten Demokrat*inn*en ist, selbst wenn sie andere/falsche Meinungen haben, politisch schlecht beraten. Wir sollten klüger als die Rechten agieren, nicht dümmer.