Die Grünen haben schon so etwas wie unglücklich regiert. Erst die Fehler von Baerbock im Wahlkampf 2021 – wir erinnern uns an den geschönten Lebenslauf derjenigen, “die aus dem Völkerrecht kam”, dann praktische Patzer als Außenministerin mit der “feministischen Außenpolitik”: Großes, vor allem lautstarkes  Gepluster, diplomatische Fehler an der Grenze zum Affront mit dem chinesischen Außenminister – kein Erfolg in Sachen Menschenrechte für die Uiguren. Nein, durch große Erfolge ist sie nicht aufgefallen, die grüne Außenministerin.

Dann war da die Irritation in Syrien – was sollte dieser Auftritt in verknitterten Jeans und weißer Bluse – mit der Sufragettenfarbe den Islamisten beeindrucken, der ihr den Handschlag verweigert? Sie hätte sich fragen sollen: was hätte Madeleine Albright an ihrer Stelle getan? Nicht, dass sie im Wahlkampf etwas aus ihrer Rolle gemacht hätte: oft brav, ohne Profil,  ohne ihren Erfolg in der Flüchtlingspolitik der EU kämpferisch zu verteidigen – dass die Grünen dabei an ihre Grenze oder eher darüber hinaus gegangen sind, wäre ein Wahlkampfargument gewesen – von ihr nichts, dabei wäre das doch während der Kampagne von rechts so wichtig gewesen. In jener skandalösen “Schlussrunde” am Donnerstag vor der Wahl: viermal versuchten die Moderatoren, die Alice Weidel eindeutig bevorzugten, Baerbock hinten runter fallen zu lassen. Beim letzten Thema Klimawandel waren sie erfolgreich. Kein grünes Wort kam der Außenministerin über die Lippen. Schweigen an der falschen Stelle. Ja, sie kann es besser – in der unseligen Merz-Antragsdebatte mit der AfD blitzte sie auf, die kämpferische Annalena – aber das reicht nicht für die neue Rolle der Grünen in der Opposition.

Ein Beispiel an Robert nehmen

Robert Habeck hat besser regiert, als  viele wahrhaben wollen. Die Rettung des Landes vor der Energieknappheit im ersten Kriegsjahr. Ja, und das ideologisch bekämpfte “Heizungsgesetz” – mein Vermieter hat alles richtig gemacht und ich habe günstige Wärme und Energie – das mit den Steuern für Superreiche kam etwas zu spät und die Besteuerung von Couponschneidern und Investmentmillionären bleibt richtig, wenn auch suboptimal kommuniziert. Gut gewollt und nur zum Teil gut gemacht. Trotzdem hat Robert Habeck die richtige Konsequenz gezogen: Erst mal pausieren, zurück in die zweite Reihe. Auch Annalena Baerbock stünde das gut zu Gesicht. Mit vierundvierzig sollte Mann/Frau nochmal über das Leben nachdenken. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen:  es lohnt sich. Für die Fraktion sind Britta Hasselmann, Katharina Dröge und Irene Mihalic genau die richtigen. Und Konstantiv von Notz. Denn die übelste Politik der schwarz-roten Koalition wird die gegen die Bürgerrechte und die soziale Gerechtigkeit in diesem Land sein. Gerhart Baum ist tot, die FDP ist im Nirvana und ihr Platz als Bürgerrechtspartei haben die Grünen schon vor 30 Jahren eingenommen. Das ist wichtiger denn je, denn es wird ums Grundgesetz gehen, um die Freiheit und die AfD. Dort wird es Angriffe gegen das Grundgesetz geben, die es abzuwehren gilt. Da sind andere gefragt, als Annalena, die aus dem Völkerrecht kommt.

Vielleicht eine neue Aufgabe

Obwohl – da wäre noch ein dickes Brett zu bohren, das gerade sie als feministische Außenpolitikerin herausfordern sollte: Botschafterin in den USA – das wäre doch ein interessanter Job? Die alten Männer, die “Geschäfte machen” wollen, das Trump-Regime ohne jede Moral oder Bezug zum Völkerrecht, gegen alle Errungenschaften, die die UNO seit 1948 erreicht hat. Nein, ich meine das nicht zynisch, nicht schadenfroh. Mit ihrer inzwischen gesammelten Erfahrung in der Diplomatie, mit ihren Netzwerken und ihrer Bekanntheit könnte sie durchaus eine Schlüsselrolle einnehmen. Sicher ungewohnt, aber das Beispiel Alexander Graf Lambsdorffs könnte Schule machen und sie in einer neuen Rolle stärken. Natürlich würde dies nur Sinn machen, wenn die SPD das Außenministerium stellt. Davon ist hoffentich auszugehen. Aber grüner Fraktionsvorstand – bitte nicht!

 

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net