Der Newsletter des Demokratischen Salons für April 2025 erscheint wenige Tage vor der Nacht vom 8. auf den 9. Mai, in der vor 80 Jahren das Deutsche Reich endgültig kapitulierte und die Welt von der Nazi-Herrschaft in Europa befreit wurde. Krieg und Frieden, der Kampf gegen Autoritarismus und Totalitarismus bestimmen auch heute wieder Politik und Gesellschaft. In unserem Engagement für die freiheitliche Demokratie dürfen wir nicht nachlassen. Die Musikerin Sophie Auster, Tochter von Paul Auster und Siri Hustvedt, sagte in einem Gespräch für die Süddeutsche Zeitung mit Boris Hermann, dass sich die USA einerseits auf dem Weg in eine Diktatur befände, andererseits es jedoch einen Song von Sly and the Family Stone gebe, der Mut mache: „The Brave and Strong Will Survive“.
Hier die Kurzvorstellungen der neuen Texte im Demokratischen Salon, dahinter Vorschläge für den Besuch von Veranstaltungen und Ausstellungen sowie Leseempfehlungen und Hintergrundinformationen, im Einzelnen alles schnell über die jeweiligen Links zu erreichen:
- Marina Weisband plädiert: „Selbstwirksamkeit schafft Resilienz“. Das ist der Auftrag für Demokrat:innen nach den jüngsten Wahlen. Gegen Autoritarismus und „Selbstentmächtigung“ helfen eine Stärkung der Zivilgesellschaft und der Partizipation in Schulen, Betrieben, Kommunen. Wir müssen „die Menschen annehmen, die Ideologie ablehnen“. Marina Weisband plädiert für ein Verbot der AfD, aber die demokratischen Parteien müssen attraktiver werden. (Rubriken: Liberale Demokratie, Treibhäuser, Jüdischsein)
- Paul Schäfer erörtert die Frage „Jalta oder Helsinki?“. Zurzeit scheinen Großmächte sich die Welt zu Lasten kleinerer Staaten aufteilen zu wollen, wie dies in Jalta 1945 geschah. Es geht in Außen- und Verteidigungspolitik nicht nur um eine eingrenzbare territoriale Frage, sondern um grundlegende Sicherheitsgarantien für Europa: „Ohne Solidarität mit der Ukraine gibt es keine europäische Sicherheit.“ Insofern wäre ein Helsinki 2.0 „die beste Perspektive“. (Rubriken: Europa, Osteuropa, Weltweite Entwicklungen)
- Christine G. Krüger und Victoria Fischer befassen sich in „Versöhnerinnen?“ mit Zuschreibungen weiblicher Friedfertigkeit. Sie analysieren Texte von Henri Dunant, aus deutschen Zeitungen zum deutsch-französischen Krieg 1870-1871, von Jean Giraudoux sowie von Lida Gustava Heymann und Virginia Woolf. Wie kann Versöhnung gestiftet werden oder gibt es auch ein „Recht auf Unversöhnlichkeit?“ Feministinnen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sahen „die Friedensfrage als Geschlechterfrage“. (Rubriken: Gender, Treibhäuser)
- Gerd Pütz erinnert an das immer wieder vernachlässigte Gedenken an Deserteure: „Ein Denkmal für Deserteure“. Nach 25 Jahren erhält auch Bonn ein Denkmal für Deserteure. Mehmet Aksoy, der bereits das Denkmal für den unbekannten Deserteur in Potsdam gestaltete, erhält den Auftrag. In mehreren deutschen Städten gibt es solche Denkmäler, auch in La Spezia für einen jungen Mann aus Bremen, der sich der italienischen Resistenza anschloss und in beiden Städten geehrt wird. (Rubriken: Liberale Demokratie, Treibhäuser)
- Alois Woldan, Slavist aus Wien, schickt uns auf „Eine literarische Zeitreise nach Galizien“. Er beschreibt die Entstehung des Namens „Galizien“, seine Popularisierung durch Claudio Magris und Joseph Roth und stellt zwei nach wie vor einzigartige Anthologien mit zahlreichen Texten der vielsprachigen literarischen Tradition Galiziens aus den Jahren 2012 und 2014 vor. Galizien wurde zum Mythos und Traumland, war aber auch Schauplatz des brutalen Ersten Weltkriegs. (Rubriken: Osteuropa, Jüdischsein)
- Martina Winkler, Historikerin an der Universität Kiel, erläutert Grundlagen der Kindheitsgeschichte als eigener Disziplin. In „Politikum Kindheit“ spricht sie über Entwicklungen im bürgerlichen 19. Jahrhundert und nach 1945, insbesondere in der damaligen Tschechoslowakei. Welcher Platz wird Kindern in der Öffentlichkeit zugewiesen? Wird ihnen Teilhabe zugestanden? Die Romantisierung von Kindheit in Filmen und Literatur schafft Nischen und fungiert als Form von Eskapismus und subtiler Exklusion. (Rubrik: Kinderrechte)
- Fritz Heidorn wagt eine literarische Reise in Welten jenseits unserer Zeit: „Die erste und die letzte Menschheit“. Was geschah, was wird geschehen, vor und nach dem „Anthropozän“? Den Begriff prägten Paul Crutzen und Eugene F. Stoermer. Es ist ein Thema in Wissenschaft und Literatur, von Michael Crichton und Dr. Who oder der Perry Rhodan Reihe bis hin zu Büchern von Cixin Liu oder Klaus Seibel. Es ist nicht nur eine technologische, sondern gleichermaßen eine ethische Frage. (Rubrik: Science Fiction)
- Fritz Heidorn hat mit den beiden Science-Fiction-Autoren Klaus Seibel und Philip P. Peterson über „Science Fiction – Instrument der Erkenntnis“ diskutiert. Denn Science Fiction thematisiert grundlegende philosophische Fragen der Zukunft. Beide Autoren berufen sich auf eine Fülle von literarischen Beispielen. Am Ende des Beitrags finden Sie zum Weiterlesen eine Aufstellung der Beiträge von Fritz Heidorn im Demokratischen Salon und seiner Essaybände, die bei Dieter von Reeken und Hirnkost erschienen sind. (Rubrik: Science Fiction)
- Katja Kanzler und Sebastian Stoppe kommentieren ihren jüngsten Sammelband über Star Trek aus kultur- und politikwissenschaftlichen Perspektiven: „Utopisch oder dystopisch? Realistisch!“ Star Trek ist Spiegel der Zeit, seit über 60 Jahren. Im 21. Jahrhundert wirkt Star Trek dunkler, dystopischer und dennoch dominiert die humanistische Botschaft. Race, Gender, Artificial Intelligence, Genozide werden in einer selbstreflexiven Erzähltechnik durchdekliniert. Aber Star Trek ist auch Produkt seiner Fans. (Rubriken: Science Fiction, Weltweite Entwicklungen)
Hier die Vorschläge zu Veranstaltungen und Ausstellungen, darunter zwei Aufführungen von „Wir werden wieder tanzen“ (beide in Köln), die feierliche Einweihung eines Gedenksteins für Polen 1939-1945 (Berlin), die Abschlussveranstaltung einer Reihe des Zentrums für Versöhnungsforschung, unter anderem mit Natan Sznaider (Bonn), die Jubiläumswoche des Science-Fiction-Clubs ANDYMON (Berlin), die Ausstellung „Kunst der Erinnerung“ mit Werken von Marian Ruzanski (Solingen), die Wanderausstellung „The Vicious Circle“ (Berlin), eine künstlerische Veranstaltung mit Diskussionen, Lesungen und Musik jüdischer Stimmen aus dem Ghetto Theresienstadt (Berlin), die Ausstellung „Heldinnen / Sheroes“ (Bonn), das 30jährige Jubiläum der von Thomas B. Schumann gegründeten Edition Memoria (Bonn), die Vorstellung des Buches „Brief an die Mutter“ von Bela Winkens in der Verbrecher Versammlung (Berlin) die „Linken Buchtage“ (Berlin), eine Werkausstellung von Sandra del Pilar (Soest), eine Ausstellung zum 150. Geburtstag von Thomas Mann (Lübeck), eine Ausstellung über einen neuen Blick auf den Tod (Frankfurt am Main), das Kunstfest Weimar und die Ausstellung „How To Catch A Nazi“ (Potsdam).
Die Leseempfehlungen und Hintergrundinformationen bieten Informationen über die Aktion „50 Klaviere für Alon Ohel“, den Prozess zum antisemitischen Angriff auf Lahav Shapira, Statistiken zur Gewalt gegen Journalist:innen, die Gewaltgeschichte der ersten fünf Jahre der Weimarer Republik, transparente Bürgerinformation in Eschwege, die Jenaer Erklärung „Europa gemeinsam stark machen“, verschiedene Seiten der Bürokratie (zwei Texte), Kultur in Bundes- und Landeshaushalten sowie im Koalitionsvertrag (zwei Texte), Trumps Haltung zum Antisemitismus, Präsidentschaftswahlen in Polen (zwei Texte), die nicht gehaltene Rede von Omri Boehm in Buchenwald, Rechtsextremisten zu Besuch in Israel und ein Erklärung von Eva Illouz, den Aufstand von Palästinensern in Gaza gegen die Hamas, das überraschende Wahlverhalten von Muslim:innen in Deutschland, Islamismus, Kriegsfotografie in der Ukraine, Putins Propaganda-Strategie, das Politikverbot für Marine Le Pen (zwei Texte) und zu einer weiteren Übersetzung eines Beitrags im Demokratischen Salon ins Ukrainische.
Schreibe einen Kommentar