In der Regel teile ich den nicht ganz ernsten Gestus der taz-Kolumne von Steffen Grimberg. Seine unstete Berufsbiografie ist auf Wikipedia “nicht existent”, obwohl die Suchmaschinensuche einen entsprechenden Text anzeigt. Ich fasse meine Erinnerung zusammen: beim MDR und seiner damaligen Intendantin Karola Wille hat er gute Arbeit geleistet und strategisch viel erlebt und gelernt. Bei seiner jetzigen Station bei den Medien der Katholischen Kirche ist er für mich unsichtbar, weil die alles digital einmauern. Bleibt seine taz-Kolumne.
Da der selbstreferentielle was-mit-Medien-Betrieb sich in der Regel immer viel zu wichtig nimmt, ist Grimbergs ironische Distanz fast immer angemessen. Bei diesem aktuellen Thema jedoch überhaupt nicht. Im Gegenteil, hier wird es ernst. Weil es um mehr als Medien geht.
“Finanzbedarf der Rundfunkanstalten: Öffentlich-Rechtliche haben Schmetterlinge im Bauch – Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs feiert 50. Geburtstag und die öffentlich-rechtlichen Sender sind verliebt wie nie zuvor.”
Autor Grimberg weiss, dass es um weit mehr geht. Darum kann ich seine penetrante Launigkeit nur als Sarkasmus und Zynismus identifizieren. Ich selbst habe persönlich meine Haushaltsabgabe individuell auf 20€/Monat per Dauerauftrag erhöht. Nicht, weil ich meine, dass die Anstalten am Hungertuch nagen. Sondern weil staatsunabhängig organisierte öffentliche Medien mir das wert sind.
Der Skandal liegt nicht im Feilschen um den Geldbetrag, sondern im verfassungswidrigen Agieren der von Haseloff in dieser Angelegenheit angeführten und verfassungsmässig zuständigen 16 Ministerpräsident*inn*en. Die Verfassung und die Rechtsprechung des zuständigen Gerichts haben eindeutig geregelt, dass diese 16 nicht die Bestimmer*innen sind, sondern mit ihren Landtagen die Ausführenden und Regler*innen einer von ihnen unabhängigen “Ermittlung des Finanzbedarfs” durch die gleichnamige Kommission KEF. Die KEf ist so wenig unfehlbar, wie der Papst. Ihr darf widersprochen und von ihr abgewichen werden – wenn eine sachliche und fachliche Grundlage dafür mitgeliefert wird. Dazu sind die 16 aber gar nicht fähig, weil sachlich völlig inkompetent und ahnungslos. Sie haben einen einzigen sachfremden Grund: den AfD-Ähnlichkeitswettbewerb.
Sie legen also selbst die Axt an das, was gegen die AfD verteidigt werden muss. Sie verletzen ihren Amtseid, der, nur mal so als Beispiel, in Sachsen-Anhalt lautet: “Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des Volkes widmen, Verfassung und Gesetz wahren, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.”
Statt “Gerechtigkeit gegen Jedermann” verpflichten sie sich mit ihrem aktuellen Agieren den hilflosen und verzweifelten deutschen Verlagsmilliardär*inn*en, nicht mehr als ein halbes Dutzend “Jedermanns” und “fraus”, die sich gegen die asozialen Netzwerke der IT-Megakonzerne nicht mehr anders zu helfen wissen, als die öffentlichen Medien mit in ihr ökonomisches Grab zu zerren. Und das ist exakt der feuchte Traum der AfD.
Das ist ein Fall für den Verfassungsschutz. Nicht für den, der sich so nennt. Sondern für die, die es wollen und können. Geheimdienste sind dafür ungeeignet. Die (Zivil-)Gesellschaft muss handeln. Und das Bundesverfassungsgericht. Das ist bereits von den Intendant*inn*en angerufen. Und die 16 sind entsprechend beleidigt.
Nichts daran ist lustig.
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