Ich dachte erst, hübsch, reicht für ein E-Bike, kommt aber besser, ich denke, ein Kleinwagen springt noch raus. Glaubt mir zwar niemand, aber ich habe ein paar Aktien, von Microsoft. Fettes Polster!

So ein Monopol ist eine Geldpumpe, im Grunde unseres Herzens sind wir doch alle kleine Kapitalisten. Alle, die nun vor ihrem Computer brüten und grübeln, wann sie auf Windows 11 umsteigen müssen: zögert nicht! Kloppt die Kohle raus!

Wer es schon gemacht hat, für den habe ich eine gute Nachricht: Die EU hat durchgesetzt, dass der Browser von Microsoft (findet sich hier im Windows Blog), der heißt Edge, nicht mehr so oft rumnörgeln darf, dass er besser ist, als alles andere. Zugeben, das Ding mit der Bing-Suchmaschine ist so schlecht, dass auch völlig unbedarfte Nutzer Google-Chrome installieren. Alles andere wird verdaut, geht ja nicht anders. Naja – und Edge kommt trotzdem immer wieder hoch.

Manchmal kommt es vor, dass ich Feindberührung habe und an so einer Horrorkiste kurz was anrichten soll. Was unter normalen Umständen in zwei Minuten erledigt ist, kommt einem Harakiri gleich! Eine Klickorgie, die kein Ende findet. Die Erschaffung eines neuen Benutzers hat Microsoft an strenge Bedingungen geknüpft, klicke ich alles weg, dann kommt noch „wenn Sie hier nicht einwilligen, wird Ihnen weniger relevante Werbung eingeblendet“. Das ist ein Betriebssystem, das soll Dateien schubsen und Programme starten, dafür wurde bezahlt!

Bei so viel grenzenlosem Erfolg und einer ansehnlichen Rendite erledigt sich jede Kritik. Über die Jahrzehnte haben die alle Nutzer so konditioniert, dass es nichts anderes gibt und geben darf. Erst, wenn die Betonwand in greifbare Nähe rückt, kommt Bewegung ins Spiel – und Geld in die Kasse. Windows 10 wird im Herbst zwangsabgeschafft, weil es den meisten Menschen locker ausreichte, aber da geht eben mehr.

Wer nicht mitmacht, dem entzieht Microsoft jegliche Sicherheit. Gefährlich, denn Trump spart gerade bei seiner Sicherheitsbehörde CISA (Cybersecurity and Infrastructure Security Agency), er glaubt scheinbar an das Gute im Menschen. Anders als unser BKA (Bundeskriminalamt), die im Lagebild Cybercrime ein sehr düsteres Bild zeichnen.

Die Tagesschau zitiert dazu Alexander Dobrinth: „Cyberangriffe besitzen ein enormes Schadenspotenzial und sind eine Bedrohung für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft“ und denkt dabei 178,6 Milliarden im letzten Jahr, die diese kriminellen Cyberbanden erbeutet haben.

Und warum funktioniert das so ertragreich? Die setzen auch auf Microsoft! Wer einmal in dieser Monokultur gewildert hat, weiß, wie durchlöchert dieser Moloch mittlerweile ist.

Eine Änderung ist nicht in Sicht, Behörden setzen weiter auf bewährte Formen der Geldverbrennung durch digitale Inkompetenz.

Richtig elegant lösen das manchmal einzelne Behörden, die laut und glaubwürdig tönen, sie wollen weg von Microsoft. Hatten die nicht vor, das wäre eine Veränderung, es ging nur darum, die Erpressungsspirale etwas zu bremsen und bei Microsoft ein paar Rabatte einzufahren – und schon geht alles weiter, wie zuvor. Andere Behörden versuchen nicht mal das, sondern greifen sofort zu (was meinem Aktieninvest Flügel verleiht).

Es gibt immer wieder Versuche „unabhängiger“ zu werden, so schreibt netzpolitik.org dazu, die EU möchte eine eigene digitale Infrastruktur aufbauen, zum Beispiel ein EU-Officepaket statt Microsoft 365. Die EU-Abgeordnete der Grünen, Alexandra Geese, würde gern Behörden zu dazu verpflichten, europäische Produkte anzuschaffen und eine genaue Begründung verlangen, wenn sie es nicht tun. Allein damit ist der Ansatz gescheitert! Es ist viel einfacher einen Juristen ein passendes Papier zu verfassen zu lassen, als irgendeine Veränderung zu riskieren. Und rechtlich bindend ist das alles sowieso nicht, Microsoft muss nicht intervenieren, das senkt die Kosten für Lobbyarbeit.

Scheitern ist Programm, der standard.at aus Österreich sieht einen systembedingten Mangel an politischem Willen. (sehr lesenswerter Artikel!)

Es wäre ungerecht zu behaupten, es gäbe keine eigenständigen unabhängigen Lösungen, zum Beispiel Ionos und Nextcloud „Souverän aus Deutschland: Ionos und Nextcloud entwickeln M365-Alternative“ finden wir auf Heise online

Wir müssen die digitale Welt nicht neu erfinden, es ist alles da, auch bei uns! Nur: finde Beamte, die eine digitale Strategie entwickeln können, vorantreiben und den fauligen Mundgeruch politischer Beamter und Würdenträger im Gegenwind ertragen? Die nehmen dann lieber die Delos-Cloud, die wird von SAP und Microsoft für Behörden angeboten. Oder schaudern auch nicht bei Google, das BSI entblödet sich nicht, mit Google zusammen eine sichere Cloud-Lösung für die öffentliche Verwaltung zu entwickeln.

Na, wofür entscheiden die sich? Es kommt uns in jedem Fall teuer zu stehen – Souveränität schmeckt irgendwie anders, denke ich.

Digitalisierung gelingt bei uns auf höchstem Praktikantenniveau, blicke ich auf die „offizielle Website der Bundesrepublik Deutschland“  zum Thema „Einen neuen Wohnsitz anmelden“, bei der viele (nicht alle) Bundesländer mitmachen, bin ich schneller, innerhalb von drei Monaten den Zettelkram vor Ort abzugeben, als auf der Seite den Button „Hier starten“ zu klicken. Wenn das Oma Gertrud aus Gelsenkirchen versucht, ist die danach suizidgefährdet. (Auch eine Möglichkeit, die Bevölkerung zu verjüngen.)

Wie unsere Souveränität gefährdet ist, bemerken mit Schaudern immer mehr Ärzte. Die Gematik veröffentlicht zeitnah ihre Störungen (von nicht geringer Quantität) über, äh, ne, ja, doch: WhatsApp. Habe ich jetzt die Ärzte, denen ich empfohlen habe, keinesfalls WhatsApp zu nutzen, von der Gesundheits-IT abgeschnitten? Naja, nicht so schlimm, was sind schon Empfehlungen.

Als Arbeitserleichterung kommt KI im ärztlichen Alltag an, im Gespräch mit Heise sagt Allgemeinärztin Dr. Silke Lüder, „Augenblicklich gibt es eine massive Werbekampagne der IT-Firmen für Praxen und Kliniken, wo dann, wie der vorherige Gesundheitsminister auch schon beworben hatte, die KI-Trainingsdaten automatisch aus dem Arzt-Patienten-Gespräch absaugt und dann damit Arztbriefe erstellt werden. ” Äh, wo kommen die her? Aus der ePA, die wir befüllen müssen. Und wer könnte das KI-Rennen mit bundesdeutschem KI-Trainingsmaterial machen? Google und Microsoft

So viel Souveränität ist möglich, mehr geht eben nicht.

Versuchen wir es positiv zu sehen, wenn wir es nicht verhindern können, müssen wir damit leben. Kommt aber hinzu: Ich habe nicht so viel Microsoft-Aktien, ich erwarte also Renditesprünge für meinen Kleinwagen. Also, nicht zögern, Windows 11 lässt sich nicht verhindern….

Und ich wollte keinen Gebrauchtwagen, verstanden?

Über Christian Wolf:

Avatar-FotoChristian Wolf (M.A.) ist Autor, Filmschaffender, Medienberater, ext. Datenschutzbeauftragter. Geisteswissenschaftliches Studium (Publizistik, Kulturanthropologie, Geographie), freie Tätigkeiten Fernsehen (RTL, WDR etc.) mit Abstechern in Krisengebiete, Bundestag Bonn und Berlin, Dozent DW Berlin (FS), Industriefilme (Würth, Aral u.v.m), wissenschaftliche und künstlerische Filmprojekte, Projekte zur Netzwerksicherheit, Cloudlösungen. Keine Internetpräsenz, ein Bug? Nein, Feature. (Digtalpurist)