Zwei Stunden, nachdem Donald Trump eine Stunde lang mit Vladimir Putin telefoniert hat, hat dieser den größten Luftangriff auf die Ukraine seit Kriegsbeginn gestartet, wenn man Experten glauben kann. Mit über 500 Raketen und unzähligen Drohnen, auf Kiew, viele andere Städte und zivile Ziele. Das nennt man Bombenterror und es ist die klare Antwort Putins auf Trumps Politik. Statt wörtlich oder per Körpersprache sagt Putin damit: “Ich scheiße auf Euch. Danke, dass Ihr dem Selenskij weniger Waffen liefert – ich mach ihn jetzt erst recht platt!”
Trump ist ein Scheinriese
Wie kann das sein? Ganz einfach: Trump ist so leicht auszurechnen, wie ein Vierjähriger. Er hat mit großer Wahrscheinlichkeit eine Persönlichkeitsstörung, die ihn hindert, mit anderen Menschen auf gleicher Ebene kommunizieren zu können. Er kennt nur Besiegen oder Unterordnung – kommunikation unter Gleichen auf gleicher Ebene ist ihm unmöglich. Das Phänomen ist in der Psychologie seit den 60er Jahren erforscht – Thomas A. Harris veröffentlichte 1967 das Buch “Ich bin OK-Du bist OK” – das Standardwerk der Transaktionsanalyse. Mit dieser Methode können Betroffene und ihre Umgebung Wege zur Kommunikation finden. Das ist für Angehörigen z.B. von Borderline-Patienten eine große Hilfe. Das ist auf internationaler Ebene ein Riesendilemma.
Trumps Störung ist offensichtlich, aber er immunisiert sich
Seine Nichte Mary Lea Trump, selbst Psychologin, hat sein Verhalten beschrieben und wer seinen Lebenslauf und den über seinen Vater liest, kann das nur bestätigen. Hinzu kommen keinerlei echte politische, schon gar keine internationale politische Erfahrung und ein Intellekt, der sich die Welt in “Deals” erschließt. Er kennt weder Regeln der Diplomatie und ihrer Sprache, noch spielt er Schach und im Unterschied zu seiner ersten Amtszeit hat er sich nicht mit in diesen Disziplinen einigermaßen erfahrenen Beratern oder Ministern umgeben, sondern ausschließlich mit fachfremden, politisch unbeleckten, aber unterwürfigen und angepassten Speichelleckern und Jasagern. Von Rubio über Hegseth bis J.D. Vance sind sie durchweg für diese Ämter überhaupt nicht qualifiziert. Ein Teil von ihnen – Elon Musk, Peter Thiel, und andere glauben, weil sie intelligenter sind, als er, ihn steuern zu können.
Ein Erklärungsversuch
Seit Trumps erster Amtszeit wird immer wieder spekuliert, was Putin wohl gegen Trump aufgrund seiner Vergangenheit, aufgrund von Russlandgeschäften oder möglicherweise kompromittierendem Material gegen Trump in der Hand haben mag: Diese These ist bisher durch nichts erhärtet und beim Lebenswandel Trumps und seinem Umgang mit Frauen in den USA ist es mehr als unwahrscheinlich, dass – was immer er auch in Russland getan haben soll – ihm gegenüber das irgendein Erpressungspotenzial beinhalten könnte. Dafür ist Trump in den Prozessen mit seinen Opfern sexueller Übergriffe viel zu schamlos, ignorant und dreist aufgetreten. Getreu seines Spruchs, er könne jemand in der öffentlichkeit erschießen und nichts passiere, könnte er ebenso eine Frau in der Öffentlichkeit vergewaltigen und nichts passiere – denken er und seine Anhänger.
Der Mechanismus ist möglicherweise viel einfacher
Putin ist ein mit allen Wassern der Diplomatie, des Geheimdienstes, der Psychologie und der Kommunikation gewaschener Profi. Für ihn, das beweist er immer wieder, ist Trump so einfach zu spielen, wie eine Kinderflöte. Das umfasst mehrere Aspekte:
- Der Umgang mit Ostkontakten in den 60er, 70er und 80er Jahren war für viele – auch Westpolitiker*innen – eine wichtige Schule. Olaf Scholz, Günter Verheugen, Hans-Dietrich Genscher, Svenja Schulze, Elmar Brok, Guido Westerwelle oder Norbert Röttgen, um nur einige Beispiele zu nennen, haben erste Erfahrungen im Umgang mit den sozialistischen Staaten in den Jugendorganisationen Junge Union, Jungdemokraten, JuLis, Jungsozialisten gemacht und gelernt, mit völlig anderen Denkschulen umzugehen. Joschka Fischer war ein Naturtalent. Viele junge Politiker:innen der USA hatten über das US-Youth Council diese Chance auch. Das kann helfen, um zu verstehen, wie Putin tickt und Gegenstrategien zu entwickeln, – aber das geht Trump und seiner Entourage völlig ab, weil sie mit Politik nichts zu tun haben.
- Putin wiederum sind all diese Mechanismen als langjähriger Agent der GRU im Westen, der Bundesrepublik Deutschland und mit diplomatisch geschultem Bewusstsein geläufig. Er weiss um die Probleme und den Niedergang der Sowjetunion und träumt von ihrer Renaissance. Das ist im Kern das, was einige Protagonisten wie Carlo Marsala analysiert haben und deshalb postulieren, seine Strategie erkannt zu haben. Einiges mag dafür sprechen, vor allem aber ist klar, dass Charaktere wie Putin nur von ihren Plänen abzubringen sind, wenn ihnen massiv entgegen getreten wird. Das bekannte Bild Merkels gegenüber Trump vom Gipfel 2017 steht symbolisch dafür.
- Trump scheint aus irgendwelchen Gründen gegenüber Putin dazu nicht fähig zu sein. Entweder, weil er zu oft deutlich gemacht hat, dass jede militärischen Androhung für ihn nur eine Frage der Kosten ist, die er bekanntermaßen scheut. Das wird in Russland natürlich als Grundaussage von Trumps Politik notiert und aufgrunddessen hat er schon weitgehend verloren, denn er wurde offensichtlich – da sind wir wieder beim aktuellen Telefonat mit Putin – als Vertreter eines modernen Appeasement eingestuft, dem Krieg sowieso zu teuer ist.
- Der Einsatz der US-Luftwaffe gegenüber dem Iran widerspricht dem nicht: Denn zum einen ist Israel und Netanjahu fürTrump ein Sonderfall und zum anderen hat er den Angriff auf einen massiven, kurzen Schlag reduziert, um bei seinen MAGA-Anhängern nicht völlig unglaubwürdig zu werden.
Was macht also Putin?
Ich selbst habe bei Personen, die eine ähnlich strukturierte Über-/Unterordnungspersönlichkeit besitzen, stets Erfolg mit Überrumpelung von scheinbar höherer Warte aus gehabt: z.B. ein mit ausgestrecktem Finger auf den anderen losgehen und drohend “….was hast Du wieder gemacht?” hat sich oft bewährt. Auch sture Ignoranz und Abwenden kann klappen. In der Hundeschule lernt mensch, Kläffern oder anspringenden, übergriffigen Hunden den Rücken zuzukehren. Von Pferden ist auch viel zu lernen. Und Putin kann ja mit Pferden und Hunden umgehen und setzt es ein – Angela Merkel hat das erlebt. Das ist natürlich am Telefon nicht so leicht, aber Putin scheint Trumps wunden Punkt immer wieder erfolglich zu treffen.
Trump kann mit Respektlosigkeit nicht umgehen
Olaf Scholzens’ “ich weiss ja nicht, wie lange Sie noch Präsident sein wollen…” als Reaktion auf Putins langen Tisch war übrigens ziemlich cool-auch wenn es an dessen Kriegsentschlossenheit nichts geändert hat. Respektlosigkeit war in dieser Situation das Mittel der Wahl. Auch Trump, der geradezu krankhaft Respekt und Anerkennung einfordert, hat wahrscheinlich dagegen keinerlei Mittel. Offensichtliche Übergriffe machen ihn, aus einer autoritären Familie stammend und auf Unter/Überodnung gepolt, völlig hilflos. Das könnte einer der Gründe dafür sein, dass er sich bei seinen Show-Presseauftritten mit seinen unterwürfigen Paladinen von Hegseth bis Vance als Schutz umgibt. Eine alleinige Konfrontation mit Selenskij wäre möglicherweise für Trump völlig anders ausgegangen, als die skandalöse Demütigungs-Show vor einigen Wochen.
Wahrscheinlich ist Putin genau damit erfolgreich
Niemand von Trumps Stab scheint dabei gewesen zu sein – außer den Dolmetscher:innen – als Trump und Putin über eine Stunde miteinander telefonierten. Es ist unwahrscheinlich, dass Trump, wie noch seine Vorgänger Kennedy, Johnson, Nixon, Carter bis zu George W. Bush und Obama zulässt, dass seine politischen Gespräche mit internationalen Kontakten und Gegner:innnen aufgezeichnet werden. Es ist recht wahrscheinlich, dass Putin, mit vielen Beratern und einem psychologisch geschulten Apparat im Rücken vor allem aber mit all seiner ErfahrungTrump buchstäblich gegen die Pumpe laufen lässt. Dass auch Trump solche Berater hat, ist unzweifelhaft. Zweifelhaft ist, dass er auf sie hört. Was Wunder, dass Trump ein Treffen mit Putin bisher vermeidet. Adenauer hätte gesagt: “Den Putin würde ich mir mal kommen lassen”. Dazu wird es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht kommen.
Trumps Präsidentschaft für Ukraine ein Desaster
Zurück zur Ukraine: Für diese ist Trump eine Katastrophe, weil ihm diese letztlich völlig egal ist. Seine großmäulige Ankündigung, wenn er erst Präsident wäre, sei der Krieg in wenigen Tagen beendet, war eine Luftnummer und so versucht er seitdem, Selenskij die Verantwortung dafür in die Schuhe zu schieben. Europa ist zweifellos auf sich gestellt, was diesen Konflikt anbelangt, wird aber von beiden – Trump und Putin systematisch herausgehalten. Die Demokratien sind auf sich gestellt – das hat die Mehrheit der NATO-Länder wohl noch nicht begriffen und versucht mit Schleimspuren, wie sie Rutte beim NATO-Gipfel gelegt hat, davon abzulenken. Um so wichtiger wäre es, die von der NATO kommunizierten Aufrüstungs- und Stationierungspläne von Mittelstreckenraketen mit einer Verhandlungsoption über bestimmte Elemente zu verbinden, um damit Europa mehr diplomatische Optionen zu schaffen.
Die größte Katastrophe für die Ukraine sind “wir”. Das Hintertreiben von Minsk2 und die Ablehnung ( eigentlich ein viel zu harmloses Wort für das Verhalten) von Gesprächen über eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur um Jahreswechsel 21/22 sind die Kardinalfehler. Aber was willste auch von dieser russophoben, geschichtsvergessenen Mischpoke erwarten.
Konnte gestern erleben wie die bürgerliche “Intiligenzia” in Ihrem Wahn festgefahren ist, unfähig in den Spiegel (nicht das Lanzerblatt) zu schauen.