Die CDU/CSU-Fraktion bzw. Teile von ihr haben die Wahl von drei Kandidat:innen für das Bundesverfassungsgericht torpediert. Im Richterwahlausschuss gab es zuvor eine Zweidrittelmehrheit für alle drei Kandidat:innen. Gegen beide Frauen, vor allem gegen die Professorin Frauke Brosius-Gersdorf die politisch eher bei der FDP zu verorten wäre, wurde von rechtsextremen Medien eine wochenlange Hetzkampagne mit diffamierenden Unwahrheiten, etwa der Behauptung, sie sei für eine Abtreibung bis kurz vor der Geburt, geführt. Damit zielt die populistische, extreme Rechte direkt gegen das Bundesverfassungsgericht und auf die Herzkammer der Demokratie. Die CDU/CSU ist vorn mit dabei.
Die Unionsabgeordneten, die vermutlich auch Friedrich Merz im ersten Wahlgang die Stimme verweigert haben, sind offensichtlich nicht nur Konsumenten dieser rechtsextremen Verleumdungen und sind nicht nur darauf eingegangen, sondern haben sie sogar noch befeuert. Es geht dabei dem Rechtskartell von klerikalen Lebensschützern, AfD und Rechsnationalisten um nicht mehr und nicht weniger, als zu verhindern, dass es in Zukunft noch Verfassungsrichter:innen geben könnte, die ein AfD-Verbot beschließen könnten.

Vorbild Trump und USA

Genau so, indem Donald Trump in seiner ersten Amtsperiode drei ultrarechte Juristen ernannte, die jetzt seine verfassungs- und menschenrechtswidrigen Dekrete, Abschiebungen und gewaltsamen Niederschlagungen von demokratischen Protesten bis hin zur Verhaftung von unliebsamen Richter:innen durchwinken, hat es die AfD, Compact, Hetzer auf asozialen Netzwerken mit Fake-News und erfundenen Plagiatsvorwürfen geschafft, die heutige Wahl von zwei liberalen Richterinnen zu verhindern.

Kotau der CDU-Fraktion vor AfD und Rechtspopulisten

Heidi Reichinnek (Linke) und Britta Hasselmann (Grüne) sehen denn auch die Verantwortung für diese Entwicklung bei Jens Spahn und Friedrich Merz. “Wer die Demokratie gegen Populisten und Rechtsextremisten verteidigen will, kann sich auf die Union nicht mehr verlassen.” so Heidi Reichinnek. Und Britta Hasselmann, die Grüne Fraktionsvorsitzende echauffierte sich vehement: “Sie haben uns vor fünf Wochen einen gemeinsamen Vorschlag für eine Richter:innenwahl vorgelegt und heute, nachdem rechtsextreme Magazine eine beispiellose Hetzkampagne gegen die beiden Frauen geführt haben, sind Sie unter fadenscheinigen Gründen davon abgerückt, Sie kapitulieren vor dem Populismus und Verleumdungen aus der AfD, das dürfen sich die Frauen in Deutschland nicht bieten lassen!”

Methode Trump und Vance

Seit bekannt wurde, wen der Richterwahlausschuss mit Zweidrittelmehrheit zur Wahl als Richter:innen vorgeschlagen hat, werden diese Vorschläge ohne jeden Beleg und entgegen aller Tatsachen diffamiert, als “Linksradikal” “unqualifiziert” , jüngste Falschbehauptungen verstiegen sich dazu, völlig aus der Luft gegriffen und erfundene Plagiatsvorwürfe in die Welt zu setzen. Das alles hat Jens Spahn in aller Ruhe geschehen lassen und offensichtlich nichts getan, bis es heute zur Absetzung der Richter:innenwahl kam, weil angeblich aus der Union Stimmen lauf geworden seien, dass die notwendige zwei Drittel der Stimmen nicht zustande kämen. Für diesen in der Geschichte der Bundesrepublik seit 1949 einmaligen Vorgang trägt Spahn die volle Verantwortung.

Infame Methode

Genau so werden in den USA seit der ersten Amtszeit Trumps von Seiten der Rechten und Republikaner Richterinnen und Richter diffamiert, wird ihnen unterstellt, Kommunisten oder ultralinks zu sein, während es sich in Wirklichkeit um gemäßigte Linksliberale handelt. Wenn die Sozialdemokraten nun einknicken, sich auf irgendwelche Deals einlassen, was heute schon von Journalist:innen an sie herangetragen wurde, hat die Kampagne der Ultrarechten in diesem Land Erfolg. Es geht den Rechten in AfD und CDU/CSU um nichts anderes, als – wie Trump in den USA – die Mehrheiten des höchsten Gerichts, das unter Umständen über ein AfD-Verbot entscheidet, auf jeden Fall nach rechts zu kippen, koste es, was es wolle. Teile der CDU/CSU haben den Schuss nicht gehört und Jens Spahn und Generalsekretär Linnemann treiben diesen ideologischen Rechtsruck und den Weg zu einer Koalition mit der AfD offensichtlich voran.

Heidi Reichinnek hat es so formuliert: “Wer die Demokratie in Deutschland bewahren will, kann auf diese Union nicht mehr zählen!” Wo sie recht hat, hat sie recht.

Über Roland Appel:

Avatar-FotoRoland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net