„Welcher Religion gehörten Ihre Großeltern an?” stand so in einer Volksbefragung von rund 100 Jahren. Na, was haben die Nazis danach mit diesem Datenschatz gemacht? Ausgeschlachtet, war ja da. Der freundliche Blockwart um die Ecke wusste dann auch, ob die umgezogen sind.

Zweckbindung erhobener Daten wäre sehr hinderlich bei der Endlösung gewesen. Das müssen wir sehen, wenn die tägliche Polizeiarbeit nicht durch Aktenberge und überflüssigen Anträgen zu verschiedenen Datenbankabfragen ersticken soll. Data-Fusion ist der Fachbegriff, wenn alles auf Knopfdruck automatisiert zusammengeführt wird. Das entlastet die Beamtenwelt und ist zudem rasend schnell. Und praktisch.

Im digitalen Niemandsland bei uns ist das Wunschdenken, aber Wünsche lassen sich erfüllen! Wir könnten beispielsweise eine Software selbst entwickeln, die genau diese – mehr oder minder mühselige Polizeiarbeit – rationalisiert. Mit ein bissel Geschick wäre es möglich, länderübergreifend mit einer Software zu arbeiten.

Aber warum denn warten, wenn der Softwarefisselkram hier nicht schnell genug zustande kommt, dann kaufen wir einfach das, was da ist.

Bei sensiblen Daten ist noch darauf zu achten, dass die Dauer-Bedenkenträger zu Sicherheit und Datenschutz die Idee nicht kaputt reden. Gesagt getan, das Ding heißt „Palantir Gotham” und weil das eher einen sehr schlechten Ruf hat, wollen wir es nicht so nennen. Um die Übelkeit zu lindern heißt es in Nordrhein-Westfalen „Datenbankübergreifende Recherche und Analyse” (DAR), in Bayern „Verfahrensübergreifende Recherche und Analyse” (VeRA) und in Hessen einfach „Hessendata” – klingt doch schon richtig deutsch, mehr können wir wirklich nicht tun, um Kriminelle und Terroristen an der Arbeit zu hindern.

Obwohl das alles so schön deutsch tönt, wird auch dagegen geklagt, das Bundesverfassungsgericht hat denn auch festgestellt, der Einsatz von Palantir verstoße gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht, das ist sogar im Grundgesetz verankert, sagen die, erklären den Einsatz für verfassungswidrig. Das nur, weil Bedenkenträger jedwede Innovation verhindern müssen.

Was macht Hessen, Bayern und NRW? Die machen es trotzdem, eine leicht abgespeckte Version: es werden keine aktuellen Daten aus dem Internet dazu gereicht und es kommt auch keine KI zum Einsatz, noch nicht, geht aber.

Der Verfassungsschutz macht für ausgewählte Beamte, die im Sicherheitsbereich arbeiten, eine besondere Prüfung, die als „Ü3″ die höchste Stufe hat. Dabei werden nicht nur Nachbarn, Familie und Bekannte ausgefragt (das lässt sich nicht automatisieren), sondern auch andere Quellen und das Internet durchwühlt. Die könnten mit Sicherheit etwas KI vertragen und mit Data-Fusion hätten sie die Sicherheit schnell überprüft – so dauert das Monate.

Um nicht zu riskieren, dass unberechtigte Abfragen möglich sind, gibt es Zugriffskontrollen, es lässt sich also konkret feststellen, wer zu welchem Anlass Daten abgefragt hat. Naja, gut, auch wenn es unberechtigt war, dann ist es eben passiert, kommt ja nicht alles gleich raus. Vor allem in den östlichen Bundesländern ist das Rechtsbewusstsein besonders ausgeprägt.

Völlig ausgeschlossen ist, dass mit einem Softwareupdate des Herstellers Daten nach Nordamerika abfließen, die in keiner Log-Datei (dort wird alles gespeichert, was die Software macht) auftauchen. Der US Cloud-Act untersagt den Unternehmen, wenn sie es auf behördlich Anordnung tun mussten, überhaupt darüber zu reden. (Haben wir letzte Woche auch von Microsoft gehört).

Die Software „Palantir Gotham” wird im Sicherheitsbereich, das, was Microsoft bereits ist: marktbeherrschend. Je länger wir den Bedenkenträgern Gehör schenken, um so später werden wir mit der Kriminalität fertig. Technologieoffen und innovationsfreundlich müssen wir uns den Herausforderungen stellen.

Als Vorbild und nicht als Gespenst gibt uns – ein guter Deutscher – der Milliardär Peter Thiel (Gewichtsklasse Elon Musk) die Mittel an die Hand! Seine Firma „Palantir Gotham” hat mit nordamerikanischen Geheimdiensten dieses Stück Softwarekultur ermöglicht. Der Dank gebührt ihm!

Viele seiner Ansätze sind höchst bewundernswert, Paypal war ebenfalls seine Idee. Der Erfolg blieb ihm leider verwehrt, denn mit Paypal wollte er die Währungen der Welt abschaffen.

Oder aktuell, er lässt eine alte Urananreicherungsanlage wieder in Betrieb nehmen, dient der US-amerikanischen Souveränität, liest sich spannend bei wkms.org

Spannend auch, was der standard.at zu berichten weiß. Die empfehlen einen sechsteiligen Podcast vom Deutschlandfunk, der es tatsächlich in sich hat. Nach der sechsten Folge muss nicht zwingend ein Vergleich mit dem Teufel gezogen werden, denn was ist schon Freiheit wert, wenn Demokratie alles zertört.

Wenig zu empfehlen ist wildes Aufbegehren, wir sind nicht schutzlos, wenn wir tun, was uns aufgetragen wird, widerspruchslos. Wer es ist nicht lassen kann, sollte hier unterzeichnen.

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Mir ist schon ganz übel….

Über Christian Wolf:

Avatar-FotoChristian Wolf (M.A.) ist Autor, Filmschaffender, Medienberater, ext. Datenschutzbeauftragter. Geisteswissenschaftliches Studium (Publizistik, Kulturanthropologie, Geographie), freie Tätigkeiten Fernsehen (RTL, WDR etc.) mit Abstechern in Krisengebiete, Bundestag Bonn und Berlin, Dozent DW Berlin (FS), Industriefilme (Würth, Aral u.v.m), wissenschaftliche und künstlerische Filmprojekte, Projekte zur Netzwerksicherheit, Cloudlösungen. Keine Internetpräsenz, ein Bug? Nein, Feature. (Digtalpurist)