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“Menschen respektieren” (Margot Friedländer)

Erklärung des Erhard-Eppler-Kreis: Alles dafür tun, dass Israel seine militärische Gewalt gegen die Bevölkerung im Gaza-Streifen beendet

I.
Die Fortsetzung und Ausweitung militärischer Gewalt im Gaza-Streifen durch die israelische Regierung gefährdet das Leben von immer mehr Menschen, die dort unter menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen. Sie sind der Gewalt schutzlos ausgeliefert, von Vertreibung und Aushungern bedroht.

Wir müssen feststellen, dass Premierminister Netanjahu und seine Regierung bisher alle Aufforderungen ignoriert haben, zu einem Waffenstillstand zurückzukehren. Er weigert sich auch, dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung im Gaza-Streifen genug zu essen bekommt, Zugang zu Wasser hat und ärztliche Unterstützung erhält.

Das Recht auf Selbstverteidigung darf nicht länger als Vorwand benutzt werden für die systematische Zerstörung aller Grundlagen für ein menschenwürdiges Leben im Gaza-Streifen. Diese Politik wird auch in Israel immer schärfer kritisiert. Mehrere hundert Persönlichkeiten, die in den vergangenen Jahrzehnten im Militär, in den Geheimdiensten und in der Diplomatie herausragende Verantwortung für die Sicherheit Israels getragen und sich in der Gruppe „Commanders For Israel’s Security“ zusammengeschlossen haben, fordern ein sofortiges Ende der militärischen Gewalt Israels im Gaza-Streifen. In einem offenen Brief erklären sie, „dass die Hamas nach ihrer beruflichen Erfahrung für Israel nicht länger eine strategische Bedrohung darstellt.“ Ein früherer Geheimdienstchef erklärt öffentlich: „Ich schäme mich für das, was wir in Gaza tun.“

Diese Äußerungen und viele andere von ehemaligen Premierministern, von israelischen Juristen, Sozialwissenschaftlerinnen, Holocaust-Forschern und zivilgesellschaftlichen Initiativen machen deutlich: Die Forderung nach dem sofortigen Ende der militärischen Gewalt des israelischen Militärs im Gaza-Streifen und auch in den besetzten Gebieten des Westjordanlandes richtet sich nicht gegen den Staat Israel, sondern gegen die Politik seiner gegenwärtigen Regierung. Es sind der Premierminister Netanjahu und seine Regierung, die ihr Land weltweit in die Isolation führen und verantwortlich dafür sind, dass es zu einem Paria-Staat zu werden droht.

II.
Gut ist und seit langem überfällig war, dass die Bundesregierung in den letzten Wochen öffentlich deutliche Worte gegen die Politik der israelischen Regierung findet. Zurecht spricht der Bundesaußenminister von einer „katastrophalen Lage“ und davon, dass im Gaza-Streifen das Sterben und Leiden der Menschen „unfassbare Dimensionen angenommen“ habe. Er warnt vor der Annexion des Westjordanlandes und des Gaza-Streifens und fordert
Israel zu einer „fundamentalen Änderung seiner Politik“ auf. Worte genügen aber schon lange nicht mehr. Wer nicht will, dass Premierminister Netanjahu und seine Regierung das Leben der Bevölkerung in Gaza weiter zur Hölle auf Erden machen, muss praktisch etwas dagegen tun. Wer nichts tut, macht sich mitschuldig.

Deutschland darf weder in der Europäischen Union noch im Rahmen der Vereinten Nationen als Bremser und Verhinderer auftreten, wenn es darum geht, die israelische Regierung durch praktische Entscheidungen unter Druck zu setzen, ihre verhängnisvolle, menschenverachtende Politik zu beenden. Die Ankündigung des Bundeskanzlers, „bis auf Weiteres keine Ausfuhren von Rüstungsgütern“ zu genehmigen, „die im Gaza-Streifen zum Einsatz kommen können“, kann nur ein erster, kleiner Schritt sein.

III.
Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie im Rahmen ihrer eigenen Möglichkeiten, innerhalb der Europäischen Union und mit Partnern weltweit alles dafür tut, dass Israel seine militärische Gewalt gegen die Bevölkerung im Gaza-Streifen beendet. Dabei geht es besonders darum, folgende Ziele zu erreichen:

• Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern, bei denen die berechtigten Interessen beider Seiten berücksichtigt werden. Das muss in dem Bewusstsein geschehen, dass es ohne politische Selbstbestimmung der Palästinenser auch für Israel keine Sicherheit geben kann.

• Ohne dauerhaften Waffenstillstand und ohne Verhandlungen keine Lieferung von Waffen, die gegen die Palästinenser im Gaza-Streifen und im Westjordanland eingesetzt werden können.

• Ungehinderter Zugang von Hilfslieferungen nach Gaza durch Organisationen der Vereinten Nationen oder in deren Auftrag.

• Freier Zugang und freie Berichterstattung aus dem Gaza-Streifen für Journalistinnen und Journalisten.

• Schluss mit den völkerrechtswidrigen Siedlungen in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten und keine Ausweitung durch die weitere Vertreibung von Palästinensern.

• Durchsetzung der mit der Stimme Deutschlands beschlossenen Resolution der UNO-Generalversammlung vom Mai 2024, die das Recht des palästinensischen Volks auf Selbstbestimmung feststellt, einschließlich des Rechts auf einen Staat mit territorialer Integrität.

• Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen EU und Israel und der damit für Israel verbundenen Handelsvorteile.

• Kein Zugang für Israel zu Förderprogrammen der Europäischen Union, besonders zum Forschungs- und Entwicklungsprogramm „Horizon“, solange die israelische Regierung Beschlüsse der Generalversammlungen der UNO ignoriert und gegen humanitäres Völkerrecht verstößt.

• Anerkennung Palästinas als Staat nach dem guten Beispiel einer wachsenden Zahl von Ländern innerhalb und außerhalb der Europäischen Union.

Nur eine Zwei-Staaten-Lösung, die Israels Existenzrecht anerkennt, das humanitäre Völkerrecht für alle Menschen respektiert und ohne Beteiligung der Hamas international unterstützt und praktisch zeitnah vorbereitet wird, kann beides garantieren: die Sicherheit Israels und das Recht auf Selbstbestimmung des palästinensischen Volks. Auf dem Weg dahin müssen die humanitäre Katastrophe in Gaza unverzüglich beendet, die Geiseln freigelassen, die völkerrechtswidrige Siedlungspolitik eingestellt und ein Waffenstillstand vereinbart werden.

IV.
Wegen unserer Geschichte, wegen der Verbrechen Nazi-Deutschlands, tragen wir Deutsche nicht nur eine besondere Verantwortung für Israel, sondern auch eine besondere Verantwortung für die Palästinenser. Wir müssen uns in unserem praktischen Handeln davon leiten lassen, dass in Nahost Menschenwürde, Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht Geltung bekommen.

Auch in Nahost, auch für Israelis und Palästinenser, muss gelten, was die große Margot Friedländer, die Auschwitz überlebt hat und nach Jahrzehnten in den USA in ihre Geburtsstadt Berlin zurückgekehrt ist, wenige Monate vor ihrem Tod in ihrem 104. Lebensjahr auf die Frage geantwortet hat, was sie nächsten Generationen mitgeben möchte: „Meine Mission ist, Menschen zu sagen, dass sie menschlich sein sollen. Dass sie Menschen respektieren sollen, ganz egal, welche Hautfarbe, welche Religion sie haben. Es gibt ja kein christliches, kein muslimisches, kein jüdisches Blut. Es gibt nur menschliches Blut. Alle Menschen sind gleich.“

Über Christoph Habermann:

Ein Kommentar

  1. Avatar-Foto
    Ulrich Blankenagel

    Ich bin der Meinung, dass es allen teutsechen Menschen gut tuen würde, darüber nachzudenken, dass unser Land das Land des Holocaust ist und bleibt

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