Der frühere Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat eigene Vorschläge entwickelt, um die deutsche Rentenversicherung in den nächsten Jahrzehnten „flott“ zu halten. Er möchte zum ersten die Rentenerhöhungen nicht mehr der Netto-Entwicklung der Löhne und Gehälter folgen lassen, sondern nach der Inflationsentwicklung anheben. Das ist oft erörtert und ebenso oft skeptisch bis ablehnend beantwortet worden.
Der Grund: Die Geldentwertungsraten folgen nie ausschließlich binnenwirtschaftlichen Entwicklungen, sondern sie werden zum Teil und in einer globalen Wirtschaft weit überwiegend durch externe Faktoren bestimmt. Warum nun die Renten real an die Entwicklung des Kupferpreises, an den weltweiten Stand der KI oder an den Preis für Sojabohnen geknüpft sein soll, ist nicht zu erklären. Gabriel erhofft sich auf diesem neuen Weg ein langsameres Ansteigen der Renten, beziehungsweise einen größeren Teil vom Netto in den Geldbörsen und auf den Konten der arbeitenden Bevölkerung. Ob der langsamere Anstieg funktioniert, weiß freilich niemand – schon gar nicht in einer durch Konflikte, Kriege, Klimakrise und Migration geprägten Welt.
Er hatte noch eine zweite Idee: Er regte an, in Familien folgende Regelung einzuführen. Im Gegensatz zu den auf Gehalt oder Lohn nach dem Einkommen gestaffelten Sozialbeiträgen soll Familien mit Kindern ein Sozialbeitrags- Freibetrag in Höhe des Existenzminimums der Kinder gewährt werden. Also: 50 vH Arbeitgeberanteil plus 50 Prozent Arbeitnehmeranteil minus Existenzminimum nach der Kinderzahl. Er stärkt dadurch nicht die Rentenversicherung, sondern er schwächt sie.
Stellen Sie sich bitte die Busfahrerin mit zwei Kindern vor, die mit ihrer Schichtarbeit 44.000 € brutto im Jahr verdient. Das entspricht in etwa einem Rentenpunkt pro Jahr. Die würde künftig auf 32.000 € Rentenversicherungsbeiträge (44 000 minus zwei Mal Existenzminimum, zusammen 12 000 €) zahlen.
Sie bekäme gut ein Viertel weniger vom Rentenpunkt gutgeschrieben. Nach einer 40-jährigen Erwerbstätigkeit (alle Faktoren gleich gehalten), würden der einen knapp 1.800 € Rente überwiesen, der anderen gut 1.300 € Rente.
Das ist ein Resultat der Sozialen „Künste“ eines früheren sozialdemokratischen Wirtschaftsministers. Sie, liebe Leserin und lieber Leser werden in den kommenden Monaten häufiger solche „Modelle“ vorgesetzt bekommen – es ist, als wollte sich Jules Verne zum Sozialpapst küren lassen.
Der Kernpunkt der Geschichte liegt woanders:
Die Arbeitsproduktivität im verarbeitenden und immer unersetzbaren Gewerbe ist unter ein Prozent gefallen.
Hunderttausende eigentlich gut qualifizierte Frauen und Männer haben sich in den vergangenen Jahren entschieden, auf Teilzeit zu gehen.
Drittens leben unter uns mehrere Millionen junger Menschen bis Mitte 35, die keine Berufsausbildung vorweisen können.
Und viertens benötigen wir in Deutschland jedes Jahr während der näheren Zukunft einige Hunderttausend, die zuwandern, um hier zu arbeiten.
Kriegen wir das hin?
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