Ich kenne keine Frau, die nicht um ihn trauert. Vielleicht nur die Heterosexuellen? Weiss ich nicht. “Woher kennst Du ihn so gut?” fragte ich heute eine. Immerhin war er Schauspieler, hat also das Rolle spielen gelernt. OK, ich hatte eine sehr nette und nicht minder attraktive Arbeitskollegin, die wiederum mit seiner Gattin befreundet war. Was sie aus gemeinsamen Skiurlauben erzählte, benannte auch keinen Nachteil. Ob es ihr Blick war?
Mir ist kein Nachteil an dem Mann bekannt geworden. Ausser seine Schönheit. Neid? Nein, Schönheit kann eine schwere Last sein. Ich habe zu viele sehr schöne Frauen kennen gelernt, die mir eines Tages – ein rührender Vertrauensbeweis – ihre Essstörungen offenbarten. Das Thema begann mich politisch zu interessieren. Gelegentlich publizierte ich auch (hat Augstein beim Freitag alles eingemauert). Ich lernte auch betroffene Männer kennen (viel weniger). Ich glaube nicht, dass Redford auch so ein Fall war. Dennoch stelle ich es mir anstrengend, und meistens auch überlastend vor, so “beachtet” zu werden. Ich habe lebenslang das anonyme Stadtleben lieben gelernt. Er nicht. Oder vielleicht mit Hut?
Was ich an Redford bewundere, ist sein Lebenswerk als öffentliche Person. An der Spitze das von ihm angestiftete Sundance-Festival. Solche Spuren über den eigenen Tod hinaus zu hinterlassen – das ist jede Bewunderung wert. Wie auch die Klarheit seiner öffentlichen Äußerungen. Hierzulande halte ich die Sportlerin Malaika Mihambo für einen ähnlich bewundernswerten Fall des effektiven Einsatzes der eigenen Schönheit für eine klare Hygiene im öffentlichen Diskurs.
Naheliegend, dass die taz eine lange ehrbare und vor allem kompetente Frauenriege zu Redford-Nachrufen auffährt. Anke Leweke höre ich immer wieder sehr gerne im DLF. Mit Barbara Schweizerhof habe ich zu ihrer Freitag-Zeit exzellent zusammengearbeitet, und auch einige freizeitorientierte Verabredungen mit ihr genossen. Sie vermag mich für Filme zu interessieren, die ich sonst unbeachtet lassen würde. Wir waren auch mal zusammen mittags bei Vincent Klink, haben dort aber Jenni Zylka, ebenfalls Verehrerin dieses Multimedia-Künstlers, nicht zufällig getroffen.
Frau Zylka wiederum verehre ich als Leser. Ihr verleihe ich den Goldenen Martin Award für den besten Redford-Nachruf:
“Für sein Amerika muss man weiter kämpfen – Der Schauspielstar Robert Redford war auf uneitle Weise blendend und politisch engagiert. Von ihm hätte man sich gern kidnappen lassen.”
Den Titel hat Zylka bzw. die taz der ebenfalls verehrungswürdigen Jane Fonda entliehen. Die lebt noch, und gibt keine Ruhe. Meine Fonda-Empfehlung: “Julia” (1977, Regie: Fred Zinnemann) mit der Revolutionärin Vanessa Redgrave – lebt auch noch – in der Titelrolle. Ein antifaschistischer Eisenbahnfilm – der Beste, den ich gesehen habe, wie er leider aktueller kaum sein kann.
Wie kommichdrauf? Durch Redford. Da sieht mann mal wieder …
@martin.boettger Von dem Film "Julia" hab ich noch nie gehört. Offenbar eine Bildungslücke, die gefüllt werden muss. Danke!
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Würde mich freuen, wenn Sie ihn irgendwo wiederfinden. Legen Sie sich beim Anschauen Taschentücher bereit (ich bin bekennendes Weichei).
@martin.boettger Bis jetzt hab ich nur den Teailer auf Youtube gefunden. Aber ich werde msl recherchieren. 😊