Können die Grünen noch Opposition? – Jetzt müssen sie es beweisen

Bei den OB-Stichwahlen in Köln und Bonn haben die Grünen den Kürzeren gezogen. In Köln gegen einen SPD-Kandidaten, in Bonn gegen einen der CDU. Die Wahlbeteiligung in Bonn war mit klar unter 60% bescheiden. Mobilisierung wäre was Anderes. Es ist müssig, nun nach Gründen zu suchen, die vorher nicht schon bekannt waren.

Die Grünen wissen seit der “Ampel”-Bundesregierung, dass aus dem Bund kein Rückenwind kommt. Ebensowenig aus der schwarz-grünen Landesregierung. Eine Lösung wäre ein strategisch selbstbestimmter kommunaler Konflikt gewesen, der autonom von Bundes- und Landespolitik hätte ausgetragen werden können, kommunale Öffentlichkeit mit Aufmerksamkeit erregt. Doch zur Bestimmung und zum Aufziehen eines oder mehrerer derartiger Konflikte fehlte Kraft oder Mut oder beides. In Köln ist es zweifellos die Frage weiteren U-Bahnbaus. Nach meinem Eindruck aus der Ferne hätten die Grünen hier an Deutlichkeit und Radikalität durchaus nachlegen können. Vergossene Milch.

Die U-Bahnlobby in Köln wird weitermachen. Die Autolobby in Bonn ebenfalls. Sie dürfen nicht durchkommen. Dafür ist nun harte Basisarbeit erforderlich: Widerstand und Alternativen in der Stadtgesellschaft initiieren, diskutieren und mobilisieren. Die Grünen haben jetzt eine sehr grosse Stadtratsfraktion. Deren Mitglieder müssen nun ausschwärmen, und in der Stadtgesellschaft, dort, wo an Alternativen gearbeitet wird, schwimmen wie die Fische im Wasser – und ihr Politiker*innen-Konwhow so uneigennützig wie möglich zur Verfügung stellen.

Probleme gibt es reichlich, um einige wurde sich in der kommunalen Regierung gewiss zu wenig gekümmert. Preisgünstige Wohnungen – wo gibt es die? Die Arbeit in Kitas und Schulen macht die Beschäftigten krank – welche Hilfe gibt es? Der Pflegenotstand verschärft sich. Wer kümmert sich darum? Wann wird in Beuel die Luftverschmutzung gemessen? Wer kämpft die Wiedereröffnung einer Notarztpraxis in Beuel durch?

Die schärfste klassische Waffe kommunaler Opposition, sowohl als Widerstand als auch konstruktiv, ist das Bürgerbegehren. Damit wurden schon mehrmals CDU-geführte Verwaltungen in Bonn in Schach gehalten. Kluge Basisarbeit und Bündnispolitik ist für einen derartigen Erfolg eine notwendige Bedingung.

Der GA weiss schon, warum er die Grünen in eine schwarz-grüne Koalition hineinschreiben will. Koalitionen sind aber in der Kommune nicht erforderlich. Ein kluger OB kümmert sich in Gesprächen um seine Mehrheit im Stadtrat. Diese Arbeit muss ihm niemand ersparen.

Nun können die Grünen zeigen, ob sie das noch/wieder können.

Über Martin Böttger:

Avatar-FotoMartin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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