Nach der Stichwahl-Niederlage der grünen Oberbürgermeisterin von Bonn schien mir der Fluglärmplatz Hangelar einen Feiertag ausgerufen zu haben. Alle Tiefflieger und Hubschrauber schienen am auf den Wahltag folgenden Montag mobilisiert. Ob Friedrich Merz dabei war? Mutmasslich: beruflich verhindert. Der 14 km entfernte Flughafen Köln-Bonn darf sowieso nach Herzenslust Tag und Nacht fliegen. Hatte ihm die CDU-Landesregierung Rüttgers auf Jahrzehnte vertraglich garantiert. Dabei haben die regierenden Grünen ihnen garnichts angetan, jedenfalls nicht öffentlich. Das war ja das Problem, und ist nun auf sie zurückgefallen.
Reha-Weltmeister und Vorsorge-Kreisklasse
In meiner Herzinfarkt-Reha lernte ich in den dort gehaltenen aufschlussreichen Vorträgen: das deutsche Gesundheitssystem ist Reha-Weltmeister. Und Vorsorge-Kreisklasse. So hängt alles mit allem zusammen. Aus der Reha zurückgekehrt erfuhr ich, dass eine sehr nette, alte Dame aus der Wohnung über mir ins Pflegeheim umgezogen sei. Ihre Familie hat die Wohnung naheliegenderweise verkauft. Das ist die Regel, um einen Pflegeheimaufenthalt zu finanzieren.
Seitdem ist unser Haus mit 16 Wohnungen, zum Teil vermietet, zum Teil von Eigentümer*innen bewohnt, mit erbebenähnlichem Baulärm erfüllt. Tonnenweise wurde Bauschutt herausgeschafft und auf dem Fahrradparkplatz deponiert (wo sonst?). Als Infarktpatient könnte ich direkt in eine neue Reha starten – erstens, um den Schaden zu reparieren, zweitens um die Bauzeit zu überbrücken. Sie ist nach meiner Zählung im Begriff, sich von Wochen auf Monate auszudehnen. Mein über 90-jähriger schwerbehinderter Balkonnachbar, ebenfalls direkt unter dem Baulärm existierend, erleidet permanente körperliche Schmerzen unter dem alltäglichen Presslufthammerkrach. Hätte er das geahnt, wäre er schon längst im Pflegeheim.
Mir wird klar: das muss die Strategie sein, mit der gewöhnlich Mieter*innen rausgeekelt werden. Ich bin nur leider Eigentümer. Hätte ich dieses Eigentum nicht, wäre die Alternative Altersarmut.
Der kapitalistische Klassiker
Dieserart mangelhafte Prävention ist der kapitalistische Klassiker. Der private Investor kann ohne Rücksicht – gesetzlich abgesichert! – terrorisieren. Und die Öffentlichkeit in Gestalt der Einzahler*innen in die Kranken- und Pflegekasse “dürfen” anschliessend Reha und Pflege bezahlen.
Den neuen Eigentümer habe ich noch nie gesehen oder gehört. Die Bauarbeiter verbanden mich mit ihrem Firmenboss, der mir versicherte, er sei davon ausgegangen, sein Auftraggeber habe die Nachbar*inne*n informiert. Hat er nicht. Keine Kommunikation, weder digital noch analog. 0, in Worten: NULL. Wer Geburtstage feiert oder sein Bad umbauen lässt, hatte in der Regel Zettel an die Haustür gehängt. Nicht so dieser Investor, dem nach Aussagen meines Hausmeisters schon Wohnungen in unserer Wohnanlage gehören.
Nachbarschaft ist ihm aber offenbar egal. In 26 Jahren hat es solchen anhaltenden Lärmterror noch nicht gegeben. Ich wusste auch bis hierhin nicht, dass es bautechnisch möglich ist, eine Wohnung – im laufenden “Wohnbetrieb” rechts, links und unten drunter – so radikal innen abzureissen und komplett neu zu errichten. Die gesetzlich zulässigen “Lärmzeiten” werden laut Hausverwaltung eingehalten. Es sind Herz und Kreislauf, die sich nicht “daran halten”. Und eine Politik der Gesetzgeber*innen, die gesundheitlich bekanntlich schon immer ahnungslos ist (s.o.). Dafür müsste wohl mal eine neue Partei gegründet werden …
Inzwischen habe ich eigeninitiativ ermittelt, dass der Auftraggeber eine Anschrift im Beueler Osten hat, unter der eine “Marketing”-Firma seines Namens firmiert. Was für “Marketing” mag das wohl sein, wenn er nicht kommuniziert?
Nach dem Infarkterlebnis musste ich mich notgedrungen mit dem Thema Testament beschäftigen. Ich muss es nun ergänzen. Dieser Herr, sollte er mich ins Grab bringen, oder ich ihn überleben, egal – meine Wohnung kriegt der nicht.

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