Schreiberin wird plattgeredet
Mit dem Bücherlesen komme ich schon seit Jahren nicht mehr hinterher. Die Verkaufspreise für E-Books überzeugen mich nicht – sie liegen kaum günstiger als die schwergewichtige Druckware. Mit meiner Sehbehinderung aber funktioniert Onlinelesen viel besser, weil sich Schriftgrösse und Schriftkontrast von mir einstellen lassen. Graue Buchstaben auf grauem Papier – wer soll das lesen können? Ein noch schlimmerer Graus sind mir Buchmessen. Unbesuchbare Massenabfertigung. Und zusätzlich machen sie die Feuilletons aller Medien voll, die in dieser Zeit ihre Alltagsarbeit nicht machen.
Aber eins ist mir gestern vor dem Einschlafen und heute nach dem Aufwachen aufgefallen. Die Buchpreisträgerin Dorothee Elmiger. Buchpreise interessieren mich noch weniger als Buchmessen. Sie dienen in erster Linie der Selbstbespiegelung der Preisverleiher*innen. Und der Medien, die darüber berichten.
Vor dem Einschlafen hörte ich gestern Fazit/DLF. Gestern Abend moderiert von dem besonders geschwätzigen Vladimir Balzer. Beim Interview mit ihm schaffte Frau Elmiger immerhin gut zwei Drittel der Redezeit (7,5 von 11 Minuten, 3 volle Minuten gingen an Balzer).
Heute morgen in Mosaik/WDR3 schaffte sie dagegen nur noch ein ehrenvolles Unentschieden (230 von 430 Sendesekunden). Offenbar war sie vom gestrigen abendlichen Feiern zu geschwächt, um den eitlen WDR-Moderator im Zaum zu halten. Sie versuchte es erst gar nicht …
Sympathisch daran ist, dass Frau Elmiger ganz offensichtlich von niemandem in PR-Optimierung und Verkaufsförderung gecoacht wurde. Oder wenn es versucht wurde, ist es wohltuend gescheitert. Ihr derzeit vergriffenes Buch soll folgerichtig erst in einigen Tagen wieder verfügbar sein. Frau Elmiger ist reife 40 Jahre alt. Kompliment, dass sie sich vom Branchenkommerz so wenig charakterlich verformen liess.
Bei mir persönlich ist das die wirksamste Werbung.
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