Die asozialen Medien können auch dem Fortschritt und der Demokratie dienen
Deutschland ist ein – führender – europäischer Zwergstaat, der sich mit Mauern gegen real existierende Migration zu wehren versucht. Das ist noch nie gelungen. Und wird es auch nie. Aber woher sollen wir Deutschen das wissen? Von der Mehrheit der Welt erfahren wir nichts, weil “unsere” schlechten, alten Medien, die genauso verbohrten und partiell irren Oligarch*inn*en gehören, wie die neuen, darüber nicht informieren.
Roland Appel und Wolfgang Lieb analysieren völlig zutreffend die Gefahren, die für die bürgerliche Demokratie von den asozialen Medien ausgehen. Es ist dennoch ein eurozentrischer und nordatlantischer Blick. Hierzulande ist allenfalls geläufig, dass von China ähnliche Gefahren ausgehen, die miteinander, bzw. vielmehr gegeneinander konkurrieren.
Woanders kann es freilich ganz anders aussehen. Darauf weist Christopher Wimmer/Jungle World hin: “Weltweite Gen-Z-Proteste – was steckt dahinter?: Von den sozialen Medien auf die Straße – Die sogenannten Gen-Z-Proteste, die sich in unterschiedlichen Weltregionen gegen Korruption, Einschränkungen der Informationsfreiheit und wirtschaftliche Perspektivlosigkeit richten, haben augenscheinliche Gemeinsamkeiten. Die Protestierenden sind meist Anfang 20 oder jünger, kommen aus den urbanen Zentren, nutzen soziale Medien und nehmen meist erstmals an politischen Aktionen teil.” Seine Befunde werden in den informativen Zuschriften unseres mitlesenden Freundes Gilbert Kolonko für Indien und Pakistan bestätigt und bestärkt. Er schreibt “dass das viele Gute was keimt, in unseren Medien nicht vorkommt”. Und das ist die Mehrheit. Und “Keine*r merkts …”.
Ist diese Ignoranz also Dummheit? Oder Absicht? Ich fürchte, das mischt sich in diesem Fall besonders unappetitlich.
Jungle-World-Autor Wimmer schliesst gegen Ende absolut richtig und kritisch: “Ob es den Gen-Z-Protestierenden gelingen wird, ihre Forderungen durchzusetzen und für junge Menschen Zugänge zu Bildung oder zu verlässlichen Erwerbsmöglichkeiten zu schaffen, wird auch von der Stärke und dem Durchhaltevermögen der Bewegungen abhängen. Denn die jeweiligen Regierungen dürften versucht sein, ihre Repressalien zu verschärfen, um Proteste zu unterdrücken. Die jüngste Protestwelle zeigt, dass weltweit junge Menschen bereit sind, gegen korrupte Regierungen und für ihre Zukunft zu kämpfen und dabei einiges zu riskieren. Ein berühmtes Zitat des fiktiven Pirat Monkey D. Ruffy lautet passenderweise: »Ich will eine Welt erschaffen, in der alle meine Freunde so viel essen können, wie sie wollen!«”
Hier schliessen sich Fragen an Organisationen an – hier wie dort. Welche Hilfe und welchen Schutz bieten die fortschrittlichen Kräfte in provinziellen aber reichen und mächtigen Zwergstaaten, wie dem unsrigen? Ausser Ersaufen im Mittelmeer oder Lagerinternierung in Albanien? Wladimir und Xi amüsiert das.

Wie immer auch die “blinden” Flecken der alten-wie neuen Medien bei uns sehr gut zusammengefasst!. Aber: Die alten Medien wurden auch nicht als “asoziale” Printmedien bezeichnet, obwohl die Blätter von Axel Springer und ähnlich “asoziale” Dinger den Löwenanteil ausmachten.
Ich schaue regelmäßig im Netzt bei Rezo vorbei: Weil es mich schwer beeindruckt, wie sachlich und aufgeklärt er und seine Community miteinander umgehen – im Schnitt um die 500.000 eher jüngere Menschen.
“Wer ist ein Antifaschist?”, fragte er so mal seine Gemeinde: “Genau, jeder Demokrat und wer kein Antifaschist ist, kann auch kein Demokrat sein”. Dann wurde aufgezeigt, wie der Begriff Antifaschist einen radikalen Anstrich bekam. Das passiert da so nebenbei, während Themen besprochen werden, die mich meistens nicht die Bohne interessieren (Welcher Youtuber was und warum gegen wenn gesagt hat).
Wenn er und seine Community sich dann direkt mit Themen wie Tierschutz oder Veganismus beschäftigen , beeindruckt mich ebenfalls der unaufgeregte Ton und die ausgestreckte Hand gegenüber den Fleischessern. Um Rezo herum oder auch schon auf eigenen Bahnen kreisend, hat sich ein kleines Universum von gutartigen Youtubern etabliert. Sie sind genauso wenig die Mehrheit wie es früher guter Print-Journalismus war. Aber es gibt sie!
Deswegen finde ich den Begriff asoziale Medien unpassend.
Bitte nicht falsch verstehen: Ich plädiere nicht dafür, mehr Youtube zu schauen. Sondern weise nur darauf hin, dass es auch in Deutschland im Netzt Gutartiges entstanden ist.
Und: Bitte Geduld mit der Jugend Südostasiens. Die hinterlassenen Probleme ökologischer wie sozialer Natur sind Atem raubend. Wie wir ihnen helfen können? Generationen von Journalisten, Umwelt-wie Menschenrechtlern im Westen haben versucht ihre Bevölkerungen für die katastrophalen Bedingungen nicht nur der Textilherstellung in Südostasien zu sensibilisieren. Mit mäßigem Erfolg.
Trotzdem war es nicht umsonst: Die Jüngeren profitieren jetzt von dieser Arbeit und können so ganz andere Massen in ihren Generationen von Anfang an erreichen. Klar entsteht da auch Blödsinn, wie der vegane Turnschuh: Nur der Kleber ist vegan, der Rest des Nike-Turnschuhes ist gleich produziert und auch noch teurer. Aber auch da gilt für uns körperlich Ältere (ich kenne auch 30-Jährige die sind schon jetzt geistig älter und eingestaubter, als du es jemals sein wirst): Bitte nicht in Bildmanier sich nur auf den Blödsinn konzentrieren und ihn künstlich aufzublasen und auch nicht Bildsprache übernehmen: Die asozialen Medien. Nur auf das letzte hat dieser Kommentar hingewiesen. Das Aufblasen ist jedoch ein beliebtes Mittel der Gegner des aufgeklärten Teiles des Netztes.
P.S Weil du/ihr die Arbeit machst für uns/mich die Perlen in den Medien rauszusuchen, habe ich die Zeit mal bei Youtube reinzuschauen, während ich vier Mal fünf Minuten auf einem Bein stehe. Ne, ich will das nicht Yoga nennen, nur damit das besser klingt.
Danke!