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Polit-suizidal

Der polit-suizidale Populismus am rechten Rand der Union

Man sollte sich von der Vorstellung verabschieden, die rechten Sprüche (zuletzt zu sog. Störungen im „Stadtbild“) von Merz, Söder, Dobrindt oder Weimer seien „Ausrutscher“ im Eifer des Gefechts. Es sind geplante Aktionen, von denen man sich kulturkämpferische Aufmerksamkeit verspricht.

Allerdings kleben die genannten Herren mit ihren Einwürfen in den 1990er Jahren fest. Damals wollte der rechte Rand der Union der rechtspopulistischen Randerscheinung der „Republikaner“ den Wind aus den Segeln nehmen. Heute heißt der Konkurrent AfD und hat längst die Meinungsführerschaft bei den alten Kulturkampfthemen der Union übernommen. Deswegen erreichen solche Kampagnen heute das genaue Gegenteil von dem, was sie bezwecken. Sie rücken die Themen ins Licht, für die nun die AfD gewählt wird und beschleunigen damit den Niedergang der Union.

Inzwischen trägt das einen regelrecht polit-suizidalen Charakter. Die Kampagnen zerstören letztlich die Union als demokratische Kraft in der rechten Mitte des Politspektrums, die für die Stabilität der Demokratie unabdingbar ist. Das ist das eigentliche Problem, das sich hier auftut.

Über Reinhard Olschanski / Gastautor:

Avatar-FotoGeboren 1960, Studium der Philosophie, Musik, Politik und Germanistik in Berlin, Frankfurt und Urbino (Italien). Promotion zum Dr. phil. bei Axel Honneth. Diverse Lehrtätigkeiten. Langjährige Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referent im Bundestag, im Landtag NRW und im Staatsministerium Baden-Württemberg. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Politik, Philosophie, Musik und Kultur. Mehr über und von Reinhard Olschanski finden sie auf seiner Homepage.

2 Kommentare

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    Thomas Ruffmann

    Es ist noch schlimmer: Merz, Söder & Co. glauben, was sie sagen, sie SIND ausländerfeindlich!

    Der Autor, dem ich sonst oft zustimme, unterschätzt die CDU-CSU Herren: Merz ist dafür bekannt, dass er in “emotionalen Momenten” schlicht sagt, was er denkt oder besser: was sein Bauch fühlt. Und noch schlimmer: Die Herren treffen damit ein Mehrheitsgefühl, dass sie selbst zusammen mit der AfD, großen Teilen der Medien und auch der SPD und Grünen über die Jahre befördert und befeuert haben. “In großem Stil abschieben” war weder bei Scholz noch jetzt bei Merz populistische Taktik. Laut der jüngsten Leipziger Mitte-Studie, die eigentlich Autoritarismus-Studie heißt, hat inzwischen die große Mehrheit der Deutschen – in Ost und West! – ethnozentrische Einstellungen. “Die Ausländer kommen
    nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen” – dieser Aussage stimmen 33% voll und 33% eher zu (S. 42), Der Aussage “Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet” stimmen 34% voll und 28% eher zu. Der letzte Bundestagswahlkampf hat auf gefährliche Weise auf dieser Flöte gespielt und die rassistischen Stimmen verstärkt. Merz & Co,. machen da einfach weiter. Und ja, da hat der Autor Recht, der politische Gewinner wird die AfD sein. Und verlieren werden wir alle. Warum hat sich bisher kaum jemand über diesen alarmierenden Befund der Leipziger Studie aufgeregt?

  2. Avatar-Foto
    Reinhard Olschanski

    Lieber Thomas Ruffmann, vielen Dank für den ausführlichen Kommentar. Ja, Merz tickt (in diesem Fall) wahrscheinlich wirklich so, wie er redet, also nicht nur „Staatsschauspielerei“. Und dass er damit bei Vielen eine – über Jahre erzeugte – Stimmung trifft, glaube ich ebenfalls. Aber nun wird der Haupterzeuger dieser Stimmung, nämlich die rechte „Merkel-muss-weg“-CDU/CSU, qua Zauberlehrling AfD von dieser immer weiter beförderten Stimmung selbst aufgefressen. Ob sie dabei nun aus falscher Taktik (seinerzeit Seehofer, heute Dobrindt?) oder aus identitärem Bauchgefühl (Merz?) so agieren, bleibt sich in der Wirkung letztlich gleich.

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