… war von ihm inspiriert; nun hat er uns verlassen: Micha Brumlik
Der wäre mal ein guter Bundespräsidenten-Kandidat gewesen, der Erste, der das Niveau des zu Unrecht vergessenen Gustav Heinemann intellektuell hätte erreichen können. Zu spät. Für die deutschen Parteien war er zu klug. Heiss in seinem Engagement, aber immer mit kühlem Kopf. Er begegnete mir beiläufig bei diversen Kongressen. Und an eine gemeinsame Speisewagen-Fahrt nach Berlin kann ich mich gut erinnern. Politisch von zentraler Bedeutung war unsere Asylrechts-Demo mit über 100.000 Menschen vor fast genau 33 Jahren im Hofgarten. Selten konnte ich mich mit meiner Parteimitgliedschaft so identifizieren, wie in jener Zeit, in der ich auch dem Bonner Kreisvorstand angehörte. Diese gute Erinnerung verbindet sich für mich mit seiner Person.
Nach der Einverleibung der DDR in die BRD sahen sich die Nazis in Ost und West ermuntert, aus ihren Löchern zu kriechen, brandzuschatzen und nach Opfern für ihre Mordlust zu suchen. Die demokratischen Parteien des Bundestages – die West-Grünen waren gerade rausgeflogen, weil sie mit “Klimaschutz” geworben hatten – reagierten darauf schon damals so falsch, wie sie es heute immer noch tun. Helmut Kohl (CDU), Ede Zimmermann (CSU), Björn Engholm und Oskar Lafontaine (beide SPD) wollten als erstes das Grundrecht auf Asyl (Art. 16) schleifen.
Micha Brumlik schrieb dagegen einen flammenden Leitartikel in der taz, die ihr Archiv jener Zeit leider digital verammelt hat. Ich kann mich erinnern, wie ich meinen damaligen Chef Roland Appel im NRW-Landtagsbüro erregt darauf hinwies, wie Recht der Gute damit hatte. Und er löste damit tatsächlich einen sensationell schnellen und effektiven bündnispolitischen Organisationsprozess aus, der in die Hofgarten-Demo am 14.11.1992 mündete.
Hier der Tagesschau-Bericht dieses Tages. Kurz zu sehen und hören sind Brumlik selbst, der unvergessliche Volkmar Deile (der schon die berühmte Friedens-Demo von 1981 inspiriert hatte) und die verehrungswürdige MdB Ingrid Köppe, die von ihrer vierjährigen Mandatszeit so traumatisiert wurde, dass sie lebenslänglich nichts mehr mit Politik und Medien macht, wie sonst nur der Kölner Fussballweltmeister von 1954 Hans Schäfer es praktiziert hat. Meine These: sie hat zu viel über dieses Land und sein System erfahren, als ein einzelner Mensch verkraften kann – das spricht sehr für die Reife ihrer Persönlichkeit. Aber ich schweife ab.
2014 dankten die ProAsyl-Leute dem verstorbenen Mani Stenner für seine organisierende Kraft bei dieser Demo. Und hier sind alle damaligen Reden dokumentiert. Hier die von Ingrid Köppe. Und hier die von Micha Brumlik.
Danke Micha, dass Du bei uns warst.

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