“Flood the zone with shit” – die angeblichen “Epstein-Files”

Das Beste, was ich bisher zum Fall Epstein gelesen habe, war von der linken US-Journalistin Whitney Webb. Die deutsche Übersetzung ihres Fünf- oder Sechsteilers kann ich online nicht mehr finden. Vielleicht ist sie zum Zwecke der Buchvermarktung verschwunden. Die ganze Story ist für Kapitalinteressen aller Art allzu verführerisch, als sie kostenfreier öffentlicher Transparenz auszusetzen. Prohibitive Vermarktung und “Verschwörungstheorien” reichen sich auf diese Weise die Hand, wie es ansonsten Kriegsherren tun.

Eine leuchtende Ausnahme bildet dieses Wochenende Dirk Hautkapp/Funke-Mediengruppe, den ich noch in den Nullerjahren als Lokaljournalisten (damals NRZ) schätzen gelernt habe. Ein durch und durch seriöser Kollege, der noch weiss, wie Journalismus geht. Und den seine Arbeitgeber, anders als fast alle andern, dieses eine Mal nicht digital zugemauert haben:

Epstein-Akten enthalten brisante Aussage: Hätte das FBI ihn stoppen können? – Washington. Trump hatte versprochen, die Epstein-Akten komplett zu veröffentlichen. Kritiker sprechen nun von bewusster Verzögerung – und drohen mit Klagen.”

Die Antwort auf die Frage der Schlagzeile lautet schlicht: Ja. Und wirft die Frage auf, warum es nicht geschah. Auch darauf ist die Antwort klar und leicht: weil der Kerl zu wertvoll war, um ihm das Handwerk zu legen und im Knast verschwinden zu lassen. Dieses Interesse eint die “Sicherheitsbehörden”, diversen “Dienste” und diversen US-Präsidenten. Und diese intellektuell nicht sonderlich anspruchsvolle Erkenntnis bleibt eine Gefahr für Donald Trump. Er kann es nicht verbergen.

“Asymmetrische Demobilisierung” war ein Rezept von Angela Merkel. Wie wir heute wissen, hat sich das eher nicht bewährt, wenn es einer um Demokratie geht. Jetzt ist es verführerisch für die entleerte parlamentarische Opposition der US-Demokraten. Deren Führung sucht verzweifelt nach einer Alternative zu den Wahlsieger*inne*n Zohran Mamdani und Alexandria Ocasio-Cortez/AOC. Wenn die Trump-Fans beleidigt zuhause bleiben – wie es gewöhnlich eine klare Mehrheit der US-Wähler*innen tut – dann könnten sie sich eine eigene unkontrollierbare Mobilisierung ersparen. Und alle Herrschenden (Arte-Dreiteiler verfügbar bis 10.2.26) wären zufrieden.

Über Martin Böttger:

Avatar-FotoMartin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger