Jund, mutig, vielfältig — Sechs junge Mitglieder erzählen, was sie bewegt, was sie überrascht hat – und wie es sich anfühlt, plötzlich mittendrin zu sein statt nur nebenher zu scrollen.
Fast jedes zweite neue Mitglied ist heute unter 35. Die „Neuen“ bringen frische Perspektiven und neue Formen des Aktivismus mit – von Meme-Kampagnen, bis Reddit-Vernetzung und Boots-Protesten. Sie kamen aus Wut, Neugier oder Solidarität – und sind geblieben. Sechs junge Mitglieder erzählen, was sie bewegt, was sie überrascht hat – und wie es sich anfühlt, plötzlich mittendrin zu sein statt nur nebenher zu scrollen
Alexandra (35), Content-Moderatorin PUSH bei TikTok Germany, Berlin
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Ich bin in Flörsheim bei Frankfurt geboren, meine Eltern kommen aus Chile. Seit 2021 arbeite ich bei TikTok als Content-Moderatorin.
Mit der Gewerkschaft hatte ich anfangs nichts am Hut. Ich kannte das Prinzip, aber im Homeoffice war das irgendwie alles so weit weg. In Chile war mein Onkel Gewerkschaftsmitglied, aber alles, was politisch links oder sozialistisch war, wurde damals verfolgt. Deshalb habe ich lange gezögert, irgendwo Mitglied zu werden.
“La-Ola-Wellen finde ich etwas aus der Zeit gefallen. Kreativität im Arbeitskampf ist wichtig – unsere Memes waren witzig, kritisch und wirksam.”
Mein erster Kontakt zu ver.di kam dann kurz vor der Umstrukturierung bei TikTok. Ein Kollege, Ersatzmitglied im Betriebsrat, meinte immer wieder: “Meld’ dich an, das schadet dir nicht.” Als klar war, dass Kündigungen tatsächlich kommen, habe ich mich rückwirkend angemeldet – und gleich mein Team motiviert, das auch zu tun. Viele fragten: “Warum jetzt noch?” Ich sagte: “Gerade jetzt! Damit wir geschlossen auftreten und uns nicht alles gefallen lassen.”
Klar, anfangs dachte ich auch: “Ich zahle meinen Beitrag, sollen die bei ver.di mal machen.” Dann habe ich aber verstanden: “Gewerkschaft heißt nicht, dass andere für mich kämpfen, sondern dass ich lerne, es selbst zu tun – mit Unterstützung.” Das hat mich verändert. Ich setze mich heute mit Arbeitsrecht auseinander und weiß besser, welche Rechte ich habe.
Wir haben zum Beispiel zu festen Uhrzeiten Nachrichten und Memes im internen Chat gepostet: unsere Reaktionen auf die Kündigungsmail. Dazu haben wir die drei Shareholder immer vertagged und privat “angepingt” – 150 Nachrichten gleichzeitig, das konnte niemand übersehen. Für viele war das der Moment, in dem der Spirit von zivilem Ungehorsam aufkam.
Sowas wie La-Ola-Wellen finde ich aus der Zeit gefallen. Jüngere Mitglieder haben nicht schlechtere Ideen. Kreativität im Arbeitskampf ist wichtig – unsere Memes waren witzig, kritisch und wirksam. Aus Ungerechtigkeit ist Engagement geworden. Früher war ich politisch interessiert, aber nie organisiert – jetzt merke ich, wie erfüllend das ist.
Dieser Beitrag von Protokollantin Rita Schuhmacher ist eine Übernahme aus ver.di-publik, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

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