Otto Lambsdorff bin ich im wahren Leben zweimal leibhaftig begegnet. Das erste Mal war Mitte der 70er Jahre. Er war Schatzmeister der NRW-FDP, ich war Landesvorstandsmitglied der – im Gegensatz zu den Jusos – organisatorisch selbstständigen NRW-Jungdemokraten. Ich wollte von ihm 10.000 D-Mark zur Förderung der Jungdemokraten-Schülerarbeit haben. Das war im “Haus Litzbrück” in Angermund; das ist heute noch von den dort zwischen Düsseldorf und Duisburg besonders schnell durchrasenden ICs gut zu sehen – eine für mich unsterbliche Erinnerung. Er lehnte ab. Ich nahm das als Kompliment: er hielt mich/uns also für so “gefährlich”, dass ihm dieses Taschengeld schon zu viel war. 1980 beschlossen wir dann im Bundeshauptausschuss in Anwesenheit und zur Verzweiflung des damaligen FDP-Generalsekretärs Verheugen, die FDP sei “eine Agentur jener Kräfte, denen wir in unserer Gesellschaft die Macht abnehmen wollen”.
1982 verfasste und veröffentlichte Lambsdorff dann das nach ihm benannte Papier, das den Koalitionswechsel der FDP von Schmidts SPD zu Kohls CDU einleitete. Thomas Fricke erinnert heute freundlicherweise mit einem Link zum Originaltext daran. Treffend zeichnet er nach, dass wesentliche Pläne Lambsdorffs erst von der rot-grünen Bundesregierung Schröder umgesetzt wurden.
Wofür also wird die FDP noch gebraucht?
Eine wichtige Aufgabe hat sie zusätzlich und verhältnismässig eigenständig vorangetrieben und erledigt: die Bekämpfung erneuerbarer Energien und des entsprechenden Zweigs der deutschen Industrie. Die deutsche Solarindustrie hat sie in ihrer Koalitionszeit mit Bundeskanzlerin Merkel fast komplett vernichtet. Lediglich die in Bonn ansässige Solarworld konnte überleben, dank einer Kapitalspritze aus – ausgerechnet – Katar.
Im Kampf um Weltmarktanteile in diesem Teilmarkt mit unermesslichen Wachstumsanteilen ist der Weg nun endgültig frei, ausnahmsweise mal nicht für Russland und den fiesen Putin, die sonst ja derzeit hinter fast allem stecken sollen, sondern für die Eroberung und Monopolisierung in China. Danke FDP!
China ist nicht weniger gefährlich als andere Imperialismen und kontrollwütige Diktaturen. Jetzt wurde durchgestochen und dokumentiert, dass “unsere” Herrschenden, jedenfalls unsere angloamerikanischen Freund*inn*e*n, vom drohenden Tianmen-Massaker 1989, bis heute ein Trauma der chinesischen Gesellschaft, schon 10 Tage vorher informiert waren. Aber ach, das war so weit weg, Internet gabs nicht, wir waren mit Mauer-Einreissen beschäftigt und gedanklich völlig ausgelastet.
Und wann traf ich Lambsdorff das zweite Mal? Bei einer Festspielhaus-kritischen Veranstaltung der Bonner Grünen im Uni-Club 2009 erschien er unangemeldet, und setzte sich mit seiner Gattin demonstrativ in die erste Reihe. Frau Lambsdorff ergriff in der Publikumsdebatte sogar das Wort, damit es auch niemand verpassen sollte. So schlossen sich unsere Kreise 😉
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