Reden wir über politisches Niveau: Dass in der Berliner Landespolitik nicht die hellsten Köpfe am Werk sind, weiß jedes Kind. Über diesen Sachverhalt wird in Deutschland so laut geredet, dass ihn sogar der Berliner Senat wahrnehmen müsste. Er tut es aber nicht. Er erspart es sich so, aus Fehlern zu lernen. Er baute einen Flughafen, weniger um möglichst schnell Flugverkehr abzuwickeln, als den am Bau beteiligten Unternehmen über lange Zeit Einkünfte aus Steuermitteln zu verschaffen. Er wollte die Lage der Mieter verbessern. Doch verschlimmerte er die Lage nur und handelte sich eine Verfassungsklage ein. Innensenator Geisel verbot wie Weißrusslands Diktator Lukaschenko jüngst eine Demonstration. Ihm passte die rechtsextreme Orientierung vieler Demonstranten nicht. Ausgerechnet sie bemühten die Justiz, um Geisel zu zwingen, die Verfassung einzuhalten – mit Erfolg: Die Demo durfte stattfinden. Damit nicht genug: Berlin wäre kaum eine Reise wert, säße dort nicht der Bundestag. Doch der Senat schafft es nicht, den Sitz des Parlaments vor Verfassungsgegnern zu schützen.

Am Wochenende wäre ihnen der Reichstag beinahe in die Hände gefallen. Seine Treppe hatten sie schon erobert. Geisel, ein Sozialdemokrat, hatte nicht genügend Polizisten aufgeboten, um den Reichstag zu sichern. Die SPD, die sich noch gut an das Versagen ihrer NRW-Ministerpräsidentin Kraft in der Kölner Silvesternacht erinnert, hat nun viel zu tun, vom Versagen des SPD-geführten Senats und ihres Innensenators abzulenken. Bundespräsident Steinmeier (SPD) lobte den Einsatz der Polizei. SPD-Kanzlerkandidat Scholz kritisierte, dass Verfassungsgegner den Parlamentssitz als Kulisse missbrauchten. Dass sein Parteifreund Geisel den Rechtsradikalen in die Karten spielte, erwähnte Scholz nicht. – Berlins Landesregierung wurde wieder einmal ihrem Ruf gerecht.

Das Beste, was man über den Senat sagen kann, ist, dass er sich treu bleibt: Er arbeitet unablässig daran, seinen schlechten Ruf zu verschlechtern.

Dieser Beitrag ist eine Übernahme aus dem Blog des Autors, mit seiner freundlichen Genehmigung.

Über Ulrich Horn (Gastautor):

Begonnen hat Ulrich Horn in den 70er Jahren als freier Mitarbeiter in verschiedenen Lokalredaktionen des Ruhrgebiets. Von 1989 bis 2003 war er als Landeskorrespondent der WAZ in Düsseldorf. Bis 2008 war er dann als politischer Reporter in der Essener WAZ-Zentralredaktion tätig. Dort hat er schon in den 80er Jahren als Redakteur für Innenpolitik gearbeitet. 2009 ist er aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden. Seine Beiträge im Extradienst sind Crossposts aus seinem Blog "Post von Horn". Wir bedanken uns für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe an dieser Stelle.