Eine Filmrezension: PAPST JOHANNES PAUL II., FREIHEIT IST TEILBAR,

ARTE-Doku, Frankreich 2020. Regie: Christiane Ratiney

Am 16. Oktober 1978 wurde Kardinal Karól Wojtyla als erster Nichtitaliener seit mehr als 450 Jahren und als erster Slawe in der Geschichte zum Papst gewählt. Dies wurde weit über die katholische Kirche hinaus als epochales Ereignis wahrgenommen. Sein mediales Auftreten und vor allem seine rege Reisetätigkeit (er legte mit Abstand die meisten Reisekilometer aller Päpste zurück) bescherten ihm eine globale Aufmerksamkeit wie keinem seiner Amtsvorgänger. Mit über 26 Jahren war das Pontifikat von Johannes Paul II. das zweitlängste der Kirchengeschichte. Oft wurde er als „Papst der Superlative“ bezeichnet, wobei das von ihm gezeichnete Bild durchaus widersprüchlich war und ist: einerseits der moderne, weltoffene, medienaffine Pontifex – andererseits das konservative, traditionalistische, rückwärtsgewandte Kirchenoberhaupt. Einerseits trat er für die Freiheit der Menschen im Osten ein, andererseits verurteilte er die Befreiungstheologie in Lateinamerika und der Dritten Welt und pflegte ein gutes Verhältnis zu Autokraten und Diktatoren.

Der ARTE-Doku in der Reihe „GESCHEHEN, NEU GESEHEN – ‚WAHRE GESCHICHTE‘“, die übrigens den französischen Originaltitel „Jean Paul II – La Triomphe de la Réaction“ („Johannes Paul II. – Der Triumph der Reaktion“) trägt, gelingt es, die Widersprüchlichkeit im öffentlichen Image von Johannes Paul II. aufzulösen und ein kohärentes Bild seines Pontifikats zu vermitteln. Der polnische Papst mit seinem ausgeprägten Sendungsbewusstsein und Charisma verfolgte demnach zwei große Ziele: 1. die Bekämpfung des „gottlosen Kommunismus“ und 2. die Wiederherstellung des Einflusses der katholischen Kirche und ihrer Moral- und Wertvorstellungen in der Welt. Sowohl das ausgewählte Filmmaterial als auch der begleitende Kommentar untermauern diese Grundaussage der Regisseurin.

Entzug des kirchlichen Schutzes für Befreiungstheologie

Die Doku beginnt in Lateinamerika, dem Kontinent, auf dem fast die Hälfte der Katholiken der Welt lebt und wo Johannes Paul II. „seinen Kreuzzug gegen den Kommunismus“ eröffnete. Die erste Auslandsreise führte ihn Ende Januar 1979 zur Lateinamerikanischen Bischofskonferenz nach Mexiko. Bei seinem Auftritt vor den Bischöfen ging es ihm darum, die Befreiungstheologie zu delegitimieren. Damit entzog er den engagierten Bischöfen und Priestern auch den kirchlichen Schutz gegenüber den rechten Diktatoren und Militärs.

In Mexiko traf sich der Papst auch mit Vertretern des polnischen Exils und besprach mit ihnen den Kampf der katholischen Kirche gegen den Kommunismus, auch im Hinblick auf seine geplante Reise nach Polen, das er als Brückenkopf für diesen Kampf betrachtete. In der Sowjetunion löste das Besorgnis aus. Die polnische KP-Führung meinte jedoch, ein Besuch des polnischen Papstes wäre ein patriotischer Akt und würde eher zur Stabilität als zur Destabilisierung beitragen. Am 2. Juni 1979 wurde Johannes Paul II. in Warschau feierlich empfangen. Vor dem Papstbesuch wurden vorsorglich Oppositionelle in Gewahrsam genommen und das staatliche Fernsehen hatte den Auftrag, bei der Übertragung der öffentlichen Papstauftritte die Menschenmassen so weit als möglich auszublenden.

Allerdings hatte der Papst seine eigenen Kamerateams mit, die den gesamten Besuch dokumentierten. Die Filme wurden dann in den polnischen Kirchen vorgeführt. Johannes Paul II. verstand es, seine Botschaft geschickt in religiöser Sprache so zu verklausulieren, dass sie von den Gläubigen verstanden wurde. Viele nahmen die Papstworte mit dem Kassettenrekorder auf und verbreiteten sie in den Pfarren. Die Regisseurin fasst die päpstliche Botschaft kurz und plakativ als Bitte an Gott, den Kommunismus zu beenden, zusammen. Insgesamt nahmen an den Papstveranstaltungen in Polen 10 Millionen Menschen, fast ein Drittel aller Einwohner, teil. Für sie wurde Johannes Paul II. ihr Anführer. Zum Abschied rief ihnen der Papst zu, nicht müde zu werden und sich nicht entmutigen zu lassen.

Der Ausbruch von Streiks im Jahr 1980 – vor allem in der Danziger Lenin-Werft – wird von Beobachtern auch als Folge des Papstbesuches gesehen. Der Führer der Gewerkschaft Solidarnosc, Lech Walesa, wurde auch bald vom Papst in Rom empfangen und seine Bewegung vom Vatikan nicht nur moralisch, sondern auch finanziell unterstützt.

Ein Wunder der Heiligen Jungfrau Maria

Am 13. Mai 1981 kam es dann auf dem Petersplatz in Rom zu dem Schussattentat auf den Papst. Er wurde schwer verletzt, überlebte aber, was er auf ein Wunder der Heiligen Jungfrau Maria zurückführte, fand das Attentat doch ausgerechnet am 64. Jahrestag der ersten angeblichen Marienerscheinung von Fatima statt. Maria soll damals auch das Attentat auf einen „weiß gekleideten Bischof“ vorhergesagt haben, in dem sich der Papst selbst sah. Außerdem soll Maria in der dritten, geheim gehaltenen Botschaft, im Jahr der russischen Oktoberrevolution, das Ende des Kommunismus prophezeit haben. Dieser Mythos stärkte nicht nur die Ausstrahlung des Papstes auf seine Anhänger, sondern auch die Gerüchte, wonach der sowjetische Geheimdienst hinter dem Attentat stünde.

Zunächst gab es aber einen weiteren Rückschlag: Am 13. Dezember 1981 verkündete General Jaruzelski in Polen das Kriegsrecht und verbot auch die Gewerkschaft Solidarnosc. Der Papst in Rom und US-Präsident Reagan in Washington riefen daraufhin zu einer Weihnachts-Solidaritätsaktion für Polen auf. Laut der ARTE-Doku gab es schon vorher eine geheime Allianz zwischen Reagan und dem polnischen Papst, um Polen als schwächstes Glied aus der Kette des sowjetischen Kommunismus herauszubrechen. Die Kirchen waren während des Kriegsrechts (1981 bis 1983) der einzige Ort, wo sich Oppositionelle frei treffen konnten und über kirchliche Kanäle konnten auch Gelder und andere materielle Güter aus den USA an die polnische Opposition übermittelt werden.

Allianz mit Reagan

Die antikommunistische Allianz zwischen Papst und Reagan erstreckte sich aber nicht nur auf Polen, sondern auch auf Lateinamerika. So soll die CIA den Vatikan u. a. mit Informationen über Befreiungstheologen versorgt haben. Ein Schwerpunkt dieser Zusammenarbeit war Nicaragua, dessen sandinistische Regierung sowohl von den USA als auch vom Vatikan bekämpft wurde. Eine zentrale Rolle in dieser Auseinandersetzung spielten die „Priester-Minister“ in der sandinistischen Regierung, also Außenminister Miguel d’Escoto, Kulturminister Ernesto Cardenal, Erziehungsminister Fernando Cardenal und Sozialminister Edgardo Parrales.

Diese vier katholischen Priester empfanden es als ihre „christliche und priesterliche Pflicht“, „dem Volk zu dienen“ und durch ihr Amt auch zum Schutz der Revolution beizutragen (wie es Ernesto Cardenal formulierte). Umgekehrt waren natürlich den Gegnern der sandinistischen Revolution die Priester-Minister ein besonderer Dorn im Auge, haben sie doch die Argumentation erschwert, es handle sich um ein anti-christliches, kommunistisches Regime. Der Besuch des Papstes in Nicaragua im März 1983 stieß daher international auf großes Interesse. Bei der Ankunft des Papstes auf dem Flughafen von Managua kam es gleich zu einer Szene, die über das Fernsehen in die ganze Welt ging: Ernesto Cardenal hatte entgegen der ursprünglichen Vereinbarung mit dem Vatikan, wonach die Priester-Minister beim Besuch nicht in Erscheinung treten sollten, in der Reihe der Regierungsmitglieder Aufstellung genommen. Als Johannes Paul zu ihm kam, kniete Cardenal nieder und wollte seinen Ring küssen.

Der Papst entzog ihm jedoch mit einer heftigen Bewegung die Hand und forderte ihn mit erhobenem Zeigefinger zum Gehorsam gegenüber der Kirche auf. Der Papstbesuch verlief dann sehr gespannt, wobei der an Jubel gewohnte Johannes Paul erstmals durch Sprechchöre unterbrochen wurde.

Im Februar 1985 wurden alle vier nicaraguanischen Priester-Minister vom Priesteramt suspendiert. Zugleich ging der Vatikan – konkret der Präsident der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, im persönlichen Auftrag des Papstes – auch gegen andere Befreiungstheologen in Lateinamerika vor: einer der prominentesten Vertreter, der brasilianische Theologe Leonardo Boff, erhielt Redeverbot. Und mehrere progressive Bischöfe – wie der brasilianische Erzbischof Dom Helder Camara – wurden vorzeitig in den Ruhestand versetzt und durch konservative Bischöfe ersetzt. Zu den ersten Aufgaben dieser neuen Bischöfe gehörte die Zerstörung der Basisgemeinden.

Protestaktionen in Argentinien

Als Johannes Paul II. im April 1987 Argentinien besuchte, kam es zu Protestaktionen, die auf die Kollaboration der katholischen Kirchenführung mit der argentinischen Militärdiktatur (1976 – 1983) hinwiesen und eine Entschuldigung des Papstes verlangten. Allerdings war es nicht möglich, während des Besuches ein Treffen von Johannes Paul II. mit Vertretern von Menschenrechtsorganisationen oder Diktaturopfern zustande zu bringen, weil – so die offizielle Begründung – dafür keine Zeit vorhanden wäre. Allerdings gab es einen Bischof, der den Papst direkt ansprach: Miguel Esteban Hesayne, der zu den wenigen argentinischen Bischöfen gehörte, die das Militärregime kritisiert und sich für die Menschenrechte eingesetzt hatten.

Diese wenig bekannte Szene gehört zu den Höhepunkten der Doku. Sie zeigt, wie der Bischof bei einer öffentlichen Versammlung dem Papst ins Angesicht sagte: „In diesen letzten Jahren, lieber Johannes Paul II., war in Argentinien die Treue zum Evangelium ein mutiges Abenteuer, das viele Brüder das Leben gekostet hat. Mögen wir nie wieder den Tod junger Menschen zu beweinen haben! Und nie mehr weinen müssen über Verschwundene oder Gefolterte. Und nie mehr klagen über Menschen, die hungern oder ohne Arbeit sind.“ Während dieser Worte zeigt die Kamera immer wieder zwischendurch den Papst, der die Augen schließt und sein Gesicht zu einer Grimasse verzieht. Es wird deutlich: er wollte das nicht hören! Und Johannes Paul II. ging auch in seinen weiteren Ansprachen nicht auf die Worte von Bischof Hesayne ein (Anm.: Hesayne gehörte 1995 auch zu jenen progressiven lateinamerikanischen Bischöfen, deren vorzeitiger Rücktritt vom Papst „angenommen“ wurde).

Als weiteres Beispiel für den Kampf gegen die Befreiungstheologie weist der Film auf den salvadorianischen Erzbischof Oscar Arnulfo Romero hin, der von einem rechtsradikalen Killer im Auftrag der von den USA ausgerüsteten salvadorianischen Armee am Altar erschossen wurde. Für das salvadorianische Volk war Romero ein Märtyrer und Heiliger. Aber Johannes Paul II., der in seiner Amtszeit mehr Menschen heiliggesprochen hat als alle Päpste der letzten 5 Jahrhunderte zusammengenommen, verweigerte Romero diese kirchliche Würdigung. (Anm.: Erst Papst Franziskus nahm 2015 die Selig- und 2018 die Heiligsprechung des salvadorianischen Erzbischofs vor).

“Die Menschen bejubeln mich”

In Europa fiel 1989 nicht nur die Mauer in Berlin, sondern der gesamte sowjetisch dominierte „Ostblock“ brach in sich zusammen. Dies wurde nicht zuletzt auch als Verdienst des polnischen Papstes gewertet, der „über den Kommunismus triumphiert“ hat. Damals erreichte die Popularität des Papstes ihren Höhepunkt (was sich auch im Verkauf diverser Devotionalien widerspiegelte, die – ebenso wie Film- und Tonaufnahmen – vom Vatikan vermarktet wurden). Die Verwendung durch die Werbung und die Allgegenwart der „Paparazzis“ wurde sogar dem Papst zu viel und er sagte in einem Interview: „Die Menschen bejubeln mich, während ich doch gekommen bin, ihnen von Jesus zu predigen!“

Nach dem „Untergang des Kommunismus“ widmete sich Johannes Paul II. vorrangig seinem zweiten Ziel, den Einfluss der katholischen Kirche in der Welt wiederherzustellen. „Und so opfert er sein modernes Image auf dem Altar seiner Überzeugungen“, wird im Film kommentiert. Seinen neuen Feldzug eröffnete der Papst im Juni 1991 mit seiner 4. Polen-Reise, der ersten nach dem Ende des Kommunismus. Diesmal war der Applaus aber eher verhalten, die Jubelstimmung vorbei, die katholische Kirche, einst Bindeglied der Nation, war nur noch eine politische Kraft unter anderen. Johannes Paul II. stellte eine Frage, die auch Polen spaltete, in den Mittelpunkt seiner Botschaft: den Schwangerschaftsabbruch. In seiner Predigt bei einem Freiluftgottesdienst auf dem Militärflughafen Random am 3. Juni rückte er die Abtreibung in die Nähe der Shoah: „Zu diesem Friedhof der Opfer der Gräuel unseres Jahrhunderts gesellt sich ein anderer Friedhof: der Friedhof der Ungeborenen.“ Diese Aussage rief weltweite Proteste – nicht nur von jüdischen Organisationen – hervor. Trotzdem beharrte Johannes Paul II. auf seiner Position und versuchte, bei der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo 1994 eine internationale Koalition gegen Familienplanung und Abtreibung zustandezubringen, womit er sich allerdings nicht durchsetzte.

Rigorismus

Innerhalb der katholischen Kirche verstärkte der Papst aber seinen Kurs des moralischen Rigorismus. Als die anglikanische Kirche von England 1994 die Priesterweihe für Frauen ermöglichte, schloss dies Johannes Paul II. für die katholische Kirche für alle Zukunft dezidiert aus. Auch das Verbot der künstlichen Schwangerschaftsverhütung bekräftigte er als göttliches Gebot. Bei seinem Besuch in Uganda, das damals die höchste Rate an AIDS-Kranken weltweit aufwies, bekräftigte Johannes Paul II. im Juni 1993: „Eheliche Treue ist das einzig sichere und tugendhafte Mittel, um die tragische Wunde AIDS zu heilen“. Vor diesem Hintergrund lösten die folgenden Besuche des Papstes in Deutschland, Frankreich und den USA heftige Proteste aus. Dazu der Kommentar im Film: „Die Kompromisslosigkeit des Heiligen Vaters, die gegen den sowjetischen Totalitarismus so erfolgreich war, löst jetzt massive Ablehnung aus. Aber Johannes Paul II. verweigert jeden Dialog.“ Als Beispiel dafür wird der französische Bischof Jacques Gaillot gezeigt, der sich für Migranten und Homosexuelle einsetzte und deshalb 1995 vom Papst seines Amtes enthoben wurde.

Für Johannes Paul II. gab es keine Alternative zu einem konservativen Katholizismus. Dabei setzte er auch auf eine Reihe neuer religiöser Bewegungen wie die sog. charismatische Erneuerung. Mit ihr wollte er seine traditionellen Inhalte in einer modernen Form an die Jugendlichen heranbringen.

Im Jahr 2000 reiste der Papst zum Berg Sinai, nach Jordanien, ins Westjordanland und nach Israel. Dort wollte er das durch seinen Vergleich der Abtreibung mit der Shoah getrübte Verhältnis zum Judentum wieder in Ordnung bringen. Vor der Klagemauer in Jerusalem bat er demütig um Vergebung für die Verbrechen der katholischen Kirche gegenüber den Juden. Das erste Mal seit langem waren die Reaktionen weltweit einheitlich positiv.

Immunität für US-Kardinal in Missbrauchsskandal

Der polnische Papst war bei dieser Reise schon schwer von seiner Parkinson-Krankheit gezeichnet und bot das Bild, das die letzten Jahre seines Lebens kennzeichneten und das filmisch auch eindrucksvoll und einfühlsam wiedergegeben wird: ein Mann, der schwer an seinem Kreuz trägt, ein Leidensweg, der seinesgleichen sucht. Und gerade zu diesem Zeitpunkt enthüllte die US-Presse 2002 einen Missbrauchsskandal, der nicht nur die amerikanische, sondern die Weltkirche erschütterte. Kardinal Bernard Law, Erzbischof von Boston, hatte 30 Jahre lang 80 Priester gedeckt, denen sexueller Missbrauch an Minderjährigen in 130 Fällen vorgeworfen wurde. Johannes Paul II. aber stellte sich schützend vor den Kardinal und nahm dessen Rücktrittsgesuch erst an, als diesem eine Anklageerhebung in den USA drohte. Allerdings musste sich Law keinem Gericht stellen, weil ihn der Papst nach Rom berief, wo er im Vatikan Immunität gegenüber einer US-amerikanischen Strafverfolgung genoss. Auch wenn Johannes Paul II. dann das Prinzip „Null Toleranz“ verkündete, so löste der „Fall Law“ eine weltweite Krise der katholischen Kirche bezüglich des Umgangs mit pädophilen Priestern aus, von der sie sich bis heute nicht erholt hat.

Am 2. April 2005 starb Papst Johannes Paul II. Ein Drittel der Weltbevölkerung verfolgte den von Kardinal Joseph Ratzinger geleiteten Trauergottesdienst im Fernsehen. Am Schluss des Filmes heißt es: „Das weltweite Gedenken, gefolgt von zahlreichen anerkennenden Nachrufen überdeckt seine Kompromisse in Sachen Menschenrechte, sein anfängliches Schweigen zur Pädophilie von Priestern und zu seinem konservativen Kreuzzug. Es bleibt die Ikone, das Bild eines modernen Papstes, der die Massen elektrisierte. Eine Gestalt außerhalb der Normen, umglänzt von seinem Sieg über den atheistischen Kommunismus. Sein Nachfolger, Papst Benedikt XVI. öffnet den Weg zur vorzeitigen Heiligsprechung. Der Nimbus der Ewigkeit entzieht Johannes Paul II. der Kritik einfacher Sterblicher.“

Genau diese Kritik übt jedoch dieser Film. Natürlich kann er in 50 Minuten nur einen kleinen, selektiven Ausschnitt aus dem 26 Jahre dauernden Pontifikat mit u. a. 104 Auslandsreisen bieten. Deshalb hat es auch wenig Sinn, darauf hinzuweisen, was in dieser Dokumentation fehlt oder verkürzt dargestellt wird. Insgesamt bietet der Film jedenfalls ein ziemlich umfassendes Bild einer Persönlichkeit, die über die katholische Kirche hinaus Weltgeschichte geschrieben hat. Die Dokumentation besteht nur aus Originalfilmmaterial, verbunden mit einem erklärenden Kommentar der Regisseurin Christiane Ratiney. Der Film ist nicht nur äußerst informativ, sondern auch spannend – kritisch, aber nicht unfair.

Die Dokumentation „Johannes Paul II. – Freiheit ist teilbar“ ist noch bis 5. 9. 2021 auf der Internetseite von ARTE-TV zu sehen.

Adalbert Krims, Jahrgang 1948, lebt als Journalist in Wien. Er war 20 Jahre in der entwicklungspolitischen Informationsarbeit und 20 Jahre beim Österreichischen Rundfunk (zuerst Radio Österreich International, dann Abteilung Religion im Hörfunk) tätig und gibt seit 1976 die Zeitschrift „Kritisches Christentum“ heraus. Er ist Autor des Buches „Karol Wojtyla – Programm und Politik des Papstes“ (Köln 1982), das auch in Mexiko (1984) und Kolumbien (Medellín 1985) auf Spanisch erschienen ist. Aktualisierte und erweiterte Ausgabe auf Niederländisch („Karol Wojtyla – Paus en Politicus“, Haarlem und Brüssel 1985) sowie auf Deutsch („Karol Wojtyla – Papst und Politiker“, Köln 1986).

Über Adalbert Krims, Wien / Gastautor:

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