Das Lebenswerk von Robert Altman habe ich bewundert. In seinen Filmen werden die Produktionsverhältnisse von Kino und TV kritisch reflektiert. In Unkenntnis seiner Persönlichkeit bleiben Fragen offen. Denn er war kein neutraler kritischer Beobachter, sondern ein Teil des Systems. Gestern lief sein Spätwerk “Prêt-à-porter / Ready To Wear” von 1994 in der Glotze. Produziert von Miramax, der Firma der Gebrüder Weinstein.
Der Film befindet sich im Katalog dieser Firma, die heute zum Disney-Konzern gehört, Mehrere Streamingkanäle bieten ihn gegen Gebühr an. Die absendende ARD hat ihn nicht in der Mediathek. Er erweckt den Anschein, dass der Wahnsinn seines personellen und logistischen Aufwands das Genie der Kunst besiegte. Am Ende hat sich das dann fast zwangsläufig an der Kinokasse weniger gelohnt, als von seinen Produzenten erhofft.
Seinerzeit wurden die Weinsteins als Widerstandskämpfer gegen das Hollywood-System stilisiert, nicht zuletzt von sich selbst. Heute, während der #metoo-Welle, die zentral durch Anklagen und Strafverfahren gegen Harvey Weinstein persönlich startete, muss Altmans Prêt-à-porter noch mal mit ganz anderen Augen gesehen werden. Obwohl: der Begriff der Casting-Couch ist schon viele Jahrzehnte alt; die gab es schon vor den Weinsteins.
Wer sich in der Modewelt von damals auskennt, müsste mal recherchieren, wer in diesem Film fehlte. Das waren dann wohl die, die damals schon individuellen Widerstand leisteten. Sehenswert ist das Werk weiterhin. Gerade weil das Auge des Betrachters, und erst recht der Betrachterin, heute auf eine völlig andere gesellschaftspolitische Brennweite eingestellt ist.
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