Klima-Kleber? Warum Streiks das bessere Mittel im Klimakampf wären – Seit Jahren geht unsere Autorin, 17 Jahre alt und Schülerin in Berlin, zu Klimademos. Nun wünscht sie sich andere Aktionen.
Ich erinnere mich noch, wie ich vor Jahren zum ersten Mal auf eine Fridays-for-Future-Demo gegangen bin. Ich war in der 8. Klasse und 13 Jahre alt. Damals wie heute hat uns die Schulleitung meiner Schule verboten, an diesen Streiks teilzunehmen. Also habe ich logischerweise dafür die Schule geschwänzt.
Ich war mir sehr unsicher, ob ich tatsächlich hingehen sollte, da ich für die Bio-Klassenarbeit den nötigen Stoff noch erfragen wollte, aber wurde letzten Endes von meinem Freund D. überzeugt, mitzukommen. Auf der Demo, das muss ich ehrlich sagen, war ich ein bisschen gelangweilt. Ich konnte die Reden nicht wirklich verstehen und wir mussten viel herumstehen. Letzten Endes hatte ich doch Spaß, als ein Freund von einer anderen Schule (M.) dazukam und wir uns gemeinsam über die FDP lustig gemacht haben.
Seitdem ist viel passiert, ich war bei unzähligen Klimastreiks mit unzähligen Menschen und habe mich von dem Unbehagen, Bio zu verpassen, weiterentwickelt. Seitdem setzte ich mich aktiv für das Klima und seine Verbesserung ein. Um das zu machen, klebe ich mich nicht etwa auf die Straße, wie es andere tun, sondern mache an meiner Schule Politik.
Das heißt, dass ich schon in der Vergangenheit mit anderen Aktivist:innen an meiner Schule, der Sophie-Scholl-Schule in Berlin-Schöneberg, eine Vollversammlung organisiert habe. In dieser Vollversammlung hat die gesamte Schüler:innenschaft gemeinsam Forderungen diskutiert und beschlossen, die Auswirkungen auf die Schule haben, aber auch eine Verbesserung für unsere bundesweite Klimapolitik darstellen sollen. Mit solchen Aktionen will ich andere informieren, aber auch meine Mitschüler:innen in eine politische Aktivität ziehen.
Bei unserer Vollversammlung haben wir als Schule unter anderem diese Forderungen verabschiedet: Neun-Euro-Ticket für alle! Langfristig ausgebauter und kostenloser öffentlicher Nahverkehr! Streichung der Schulden des globalen Südens, der am stärksten vom Klimawandel betroffen ist und am wenigsten dafür kann! Für effektivere Regulierung von Heizung, Wasser und Strom! Energieverbrauch von Schulen transparent machen! Erneuerbare Energien für alle Schulen, Solarzellen und Begrünung auf die Dächer bis 2025! Teilnahme von einzelnen und mehreren Klassen und Kursen an relevanten Klimastreiks, -protesten und -aktionen ermöglichen!
Die Klimabewegung muss sich verändern
Nicht nur an der Schule, sondern auch darüber hinaus kämpfe ich für Klimagerechtigkeit und beteilige mich bis heute noch an jedem weltweiten Streik von Fridays for Future.
Dabei ist meine Devise für den Aktivismus: „Verbesserung statt Verbote!“. Denn nur mit einer solchen Herangehensweise kann man Menschen auch für nachhaltige Klimapolitik gewinnen und ihnen aufzeigen, dass Kämpfe für soziale Verbesserung auch Kämpfe für eine gerechtere Umwelt sind.
Doch trotz unseres Aktivismus in den letzten Jahren hat sich seit damals irgendwie nicht so viel verändert. Als wir anfingen, auf die Straße zu gehen, erschienen uns die Veränderungen so nah. Jetzt macht sich Enttäuschung breit. An den Fridays-for-Future-Streiks nehmen immer weniger Leute teil. Woran liegt das und wie können wir jetzt die Klimabewegung zu einem Punkt bringen, dass sie eine tatsächliche Veränderung herbeiführen kann?
Die Klimabewegung muss sich verändern, um Verbesserungen zu erreichen, und zu neuen Strategien greifen. Letzten Endes kann so was nicht durch individuelle Aktionen geschehen, sondern nur durch die breite Beteiligung der Bevölkerung. Aber um das zu machen, braucht die Klimabewegung neue Verbündete. Diese sollten, denke ich, die Gewerkschaften sein.
Die Gewerkschaften und die dort organisierten Beschäftigten sind nämlich diejenigen, die letzten Endes die Macht haben, vereint diese Wirtschaft und damit die Entscheidungsträger:innen in die Knie zu zwingen. Die Klimabewegung muss versuchen, gemeinsam mit den Gewerkschaften Druck aufzubauen, der nicht ignoriert werden kann. Das tun wir, indem wir für gemeinsame Forderungen streiken, wie zum Beispiel die Schuldenstreichung für die Länder des globalen Südens, wie es meine Schule schon abgestimmt hat. Ich wünsche mir einen großen, gemeinsamen Streik von Beschäftigten und Jugendlichen. Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam für eine bessere und gerechtere Welt kämpfen.
Ein Streikkomitee an der Schule
Bedauerlicherweise scheint dies in der aktuellen Lage ziemlich weit weg. Ich fürchte, dass die jetzigen Gewerkschaftsführungen nicht bereit sind, einen Schritt hin zur Klimabewegung zu machen. Man sieht das auf anderen Gebieten: Eigentlich wäre meiner Ansicht nach ein Erzwingungsstreik nötig, um das gemeinsame Interesse der Lehrer:innen und Schüler:innen für kleinere Klassen und den Tarifvertrag Gesundheit umzusetzen. Es würde für alle wesentlich weniger Schulstress geben. Aber die Gewerkschaft ist zu diesem Streik nicht bereit.
Ich glaube deswegen, dass wir von unten beginnen müssen: Klimaaktivist:innen und Gewerkschaftsmitglieder müssen ihre Führung dazu auffordern, endlich in Aktion gegen den Klimawandel zu treten. Dafür braucht es konkrete Forderungen und auch eine Basisbewegung in den Gewerkschaften, die sich lokal am Arbeitsplatz organisieren und von denen auch Streiks ausgehen können.
Genau so etwas mache ich auch an meiner Schule. Ich versuche ein Streikkomitee aus Schüler:innen aufzubauen, von denen dann Aktionen für die Klimagerechtigkeit ausgehen können. Unterstützt eure Kolleg:innen und Mitschüler:innen in diesem Kampf an eurem Betrieb und in eurer Schule!
Stephanie Goetz ist 17 Jahre alt und Schülerin in Berlin. Die Autorin legt Wert auf die Verwendung von Sonderzeichen zur Sichtbarmachung aller Geschlechter.
Letzte Kommentare