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Journalistenfragen nicht beantworten

Konrad Adenauer hat damit angefangen. Er fand, dass der NWDR und die Sender des “Deutschen Fernsehens” zu links wären und sann auf einen Regierungssender. Der sollte in Mainz residieren und ZDF heissen – aber das Bundesverfassungsgericht sah es anders, machte die Pläne Adenauers auf einen Staatsrundfunk zunichte. Franz-Josef Strauß machte weiter: Er brüskierte den “Bericht aus Bonn” der ARD schon gerne mal, indem er erst zu den ZDF-Mikrofonen eilte.

Es ist eine schon lange übliche Farce, was angeblich laut Friedrich Merz auf dem Mist der chinesischen Regierung gewachsen sei: bei Pressekonferenzen in Berlin keine Nachfragen zuzulassen. Ob Merkel oder ihre internationalen Gäste wie Barack Obama, ob vorgestern Olaf Scholz und sein chinesischer Gast oder die CDU/CSU und irgendein Unternehmen – es ist eine ganz normal demokratische Unsitte geworden, auf Pressekonferenzen keine Nachfragen zuzulassen. Denn das Informationsfreiheitsrecht, das in der EU und in Deutschland gilt, garantiert, dass die Öffentlichkeit Auskunft vom Staat bekommt – aber nicht wann, wie und wie direkt.

Aber auch Pressestellen von Ministerien stellen sich immer dümmer, als sie sind. Meine schriftliche Anfrage an die Pressestelle des Auswärtigen Amts zum Stand und Status der afghanischen Ortskräfte vom 26.5. ist bis heute unbeantwortet. Folgende Fragen habe ich dem AA gestellt:

1. Trifft es zu, dass das AA einen Einreisestop für afghanische Ortskräfte, die bereits über Visa verfügen, verhängt hat?

2. Wenn ja, wieviele Personen sind von diesem Einreisestop betroffen?

3. Wieviele Ortskräfte haben die Bundeswehr während des Afghanistan-Einsatzes insgesamt unterstützt?

4. Wieviele Ortskräfte sind bisher aufgrund der Regelung für Ortskräfte nach Deutschland eingereist?

5. Wie hoch ist die Zahl der Ortskräfte, die potenziell in den Genuss einer Visaregelung zur Einreise kommen könnten?

6. Was sind die Gründe dafür, dass – wenn zutreffend – der Einreisestop verhängt wurde, insbesondere wieviele konkrete Fälle von Missbrauch der Regelung wurden nachgewiesen?

7. Welche Konsequenzen drohen Personen, die bereits Visa haben, deren Visa nun drohen, abzulaufen und die ggf. der Verfolgung durch Taliban ausgesetzt sind?

Das Auswärtige Amt sieht keinen Anlass, auf solche Fragen zu antworten, obwohl offensichtlich ist, dass es bei diesem Thema ein Problem gibt. Nicht nur als Journalist, auch als Kommunikationswissenschaftler frage ich mich, was in dieser Behörde vorgeht, welchen Geistes Kind die Mitarbeiter*innen dieser Pressestelle, eines von einer GRÜNEN Ministerin besetzten Hauses sind. Fremdschämen ist wohl das einzige, was echte Mitglieder der Grünen da für Frau Baerbock empfinden können. Mein verstorbener Vater hätte gesagt: “Große Klappe und nix dahinter.”

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

2 Kommentare

  1. Martin Böttger

    Das Thema liesse sich ausweiten. Öffentliche Ämter und Einrichtungen könnten gesetzlich verpflichtet werden, Rechenschaft und Auskunft zu geben. Auch für Unternehmen, die öffentliche Relevanz haben, wäre sowas denkbar.

  2. Helmut Lorscheid

    Das Auswärtige Amt scheidet spätestens seit dem es kein einklagbares Presseauskunftsrecht auf Bundesebene mehr gibt, also sei 2013 statt einer Antwort nur noch PR-Müll oder groben Unfug als vermeintliche Antworten aus. Vom Demokratischen Standpunkt aus betrachtet, verhält sich dieses Amt längst bevor es von einem Kommunionsanzug ohne Inhalt als Minister und später von einer nicht sonderlich klugen Person als Ministerin heimgesucht wurde, verfassungsfeindlich. Denn im Grundgesetz ist vorgesehen, dass Presseanfragen inhaltlich beantwortet werden. Bisher hat diese moralisch ohnehin kaputte Koalition erkennbar nichts für ein Presseauskunftsrecht getan. Hauptsache divergierende Auffassungen etwa zum Ukraine-Krieg können als Straftat verfolgt werden. Das hat doch auch was mit Presserecht zu tun – insofern sind diese Kaputtnix in Berlin nicht ganz untätig. Nur die Ausrichtung ihres Tuns läßt sich zu wünschen übrig. Aber das passt ja. zum Gesamtbild

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