Hubert Aiwanger, der rechtsextreme Clown Markus Söders?
Hubert Aiwanger ist nicht bekannt für eigene politische Ideen und Gedanken, außer der, dass er mit populistischen und primitiven Formeln die Politik der CSU stützt und nahtlos fortführt. Mit seiner Rede, vor einigen Wochen auf einer Demo, an der sich auch Schwurbler und Corona-Leugner beteiligten, mokierte er sich “über die in Berlin” und kündigte an, man wolle sich im Interesse der “schweigenden großen Mehrheit dieses Landes” sich die Demokratie von “denen da oben” in Berlin wieder zurückholen.
Von Söder und anderen in Bayern wurde er auf diese Äußerungen angesprochen, die suggerieren, eine große Mehrheit der Bevölkerung sei von der politischen Willensbildung in Deutschland ausgeschlossen. Damit bedient Aiwanger ein klares Narrativ der AfD und der Rechtsextremisten in Deutschland. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) zu seiner Wortwahl: “Man kann die Entscheidungen der Ampel für richtig oder eben falsch halten – aber die Entscheidungen wurden demokratisch gefällt. Das sollte auch ein stellvertretender Ministerpräsident und Vorsitzender einer Partei in Regierungsverantwortung nicht infrage stellen.”
Die “schweigende Mehrheit” – Kampfbegriff der Rechtsextremen seit 1949
Alles, was den Rechtsaußen nicht gefällt, so argumentieren sie seit Jahrzehnten, laufe einer imaginären “schweigenden Mehrheit” zuwider. Diese Argumentationsmuster finden sich historisch immer wieder bei Rechtsextremisten in der Bundesrepublik seit 1949. Rechtsextreme Blätter wie die “Nationalzeitung” und andere Blätter des rechtsextremen Verlegers Gerhard Frey in München bedienten sich in den 60er, 70er und 80er Jahren dieser Argumentation. Die rechtsextremen Parteien NPD, DVU und die “Republikaner” beriefen sich regelmäßig auf die angebliche “schweigende Mehrheit” des “deutschen Volkes”.
Nun hat Aiwanger, Chef der Freien Wähler, nachgelegt. “Ich stehe zu diesem Satz. Die breite Bevölkerung muss sich schlichtweg wieder Gehör verschaffen, wenn sie anders nicht ernst genommen wird”, sagte er dem “Spiegel”. Auch wenn das inkriminierende Flugblatt, das extrem antisemitische, volksverhetzende und holocaustleugnende Inhalte enthält, wirklich von seinem Bruder stammen sollte, wie Aiwanger behauptet, kann das nur das i-Tüpfelchen einer auf solider rechtspopulistischer Ausrichtung begründeten Politkarriere sein.
Nicht nur das Flugblatt, Aiwanger selbst ist das Problem
Alle bekannten Sachverhalte deuten darauf hin, dass Aiwanger sich in einem Umfeld bewegt und ihm entstammt, in dem Antisemitismus, Teilung oder zumindest Verharmlosung nationalsozialistischer Parolen möglich waren. Aber das ist nicht entscheidend,. Denn Jugendsünden und falsche Vorbilder können auch verzeihlich sein, wenn sich die Persönlichkeit, um die es geht, glaubwürdig wandelt und vom Extremismus und Populismus abwendet. Aber genau dies tut Hubert Aiwanger nicht.
Er spielt mit populistischen Vorbehalten, auch bezüglich der Flüchtlinge und Einwanderer, er fordert schnellere Verfahren, mehr Verwaltungsrichter, zieht die im Interesse des Klimawandels notwendigen Maßnahmen, ähnlich wie die AfD, in Zweifel, fand angesichts der Regenfälle im Frühjahr den Klimawandel eigentlich nicht so schlimm. Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz twitterte: “Lieber Hubert Aiwanger: Erderhitzung ist ein GLOBALES Phänomen.” Dazu stellte er ein Zitat aus einem Artikel der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”: “Einen extremeren Sommer haben viele Menschen noch nicht erlebt. Hunderte Millionen werden bei Außentemperaturen jenseits der 40 Grad, viele sogar bis zu unmenschlichen 50 Grad gebraten.”
Aiwanger: Ein rechtspopulistisches Sicherheitsrisiko?
Hubert Aiwanger mag für Markus Söder 2019 eine bequeme Lösung zur Sicherung der CSU-Macht in Bayern gewesen sein, die seit Jahren schwindet. Aber Aiwanger wäre nicht Aiwanger, wenn er nicht eine eigene Politik betrieben hätte, die zwischen AfD und CSU am rechten Rand des politischen Spektrums fischt. Die am Dienstag von Söder nach einer Sitzung des bayerischen Koalitionsausschusses verkündete Vereinbarung ist keine Lösung der Aiwanger-Affäre, sondern ein durchsichtiges “Spiel auf Zeit” bis zur Landtagswahl. Söder, der nicht die Kraft findet, sich von seinem populistischen Alter Ego zu trennen, sendet damit das fatale Signal aus, dass rechtsextreme Fehltritte, auch wenn sie nur im Familienkreis stattfinden, eine verzeihliche Jugendsünde abgetan werden können.
Was ist das für eine Familie, in der ein 18-jähriger – immerhin strafmündig und volljährig – 1988 ein derart übles Machwerk verfasst, während damals in Deutschland die Zahl der Anschläge auf Asylheime explodiert und die Öffentlichkeit vor aufkeimendem Rechtsextremismus warnt? Dabei ist das Flugblatt, würdigt man seinen vollen Inhalt, von erheblicher volksverhetzender Energie – auch für einen damals 17-jährigen oder gar 18-jährigen, sollte wirklich sein Bruder Herbert der Verfasser gewesen sein.
Keine Jugendsünde, sondern massiver Antisemitismus
Die Geschichte, die Herbert der FAZ auftischte, er wisse nicht genau – sein jüngerer Bruder habe die Schriften vermutlich wieder eingesammelt, klingt nicht wirklich glaubwürdig. Wer in angeblicher Wut ein derartig detailverliebtes Pamphlet der Menschenverachtung und des Antisemitismus verfasst, wird wohl kaum die Umstände vergessen, unter denen es geschrieben und verteilt wurde. Herberts Behauptung, es sei als eine Provokation oder gar eine stark überspitzte Satire gemeint gewesen, klingt abenteuerlich. Auch macht es Herbert A. nicht glaubwürdiger, dass er laut “Tagesspiegel” die „sträfliche Art und Weise der Verdachtsberichterstattung, um meinem Bruder politisch und menschlich zu schaden“ anprangert und von „Stasi-Methoden“ und einer „Schmutzkampagne“ gegen seinen Bruder spricht.
All dies spricht dafür, auch 35 Jahre später viel genauer hinzusehen, in welchem Kontext und Zusammenhang diese Straftat, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt, von wem begangen wurde und warum und durch wen sie vertuscht worden ist.
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