Wer den EU-Gipfel der Regierungschefs Ende der Woche verfolgt hat, der muss sich angesichts der sich abzeichnenden Ergebnisse verwundert die Augen reiben. Im Frühsommer noch waren es allein die kurdischen Kämpfer der YDP, die in Syrien und im Irak als Bodentruppen gegen den mordenden Terror der IS-Islamisten vorgingen – unterstützt von amerikanischen Kampfbombern. Während die Truppen des islamistischen türkischen Präsidenten Erdogan jenseits abwarteten und entlang der türkisch-irakischen Genze viele verletzte IS-Kämpfer Unterstützung in türkischen Krankenhäusern und über die Türkei Nachschub an illegalen Kämpfern, vor allem aus Deutschland und Großbritannien zum IS hin diffundieren ließen.
Im Sommer erklärte Erdogan nach einem Anschlag die Regierung der Türkei, man werde nun gegen “Terroristen” des IS vorgehen. Anschließend wurden über 1.200 Kurden in der Türkei wahllos festgenommen und sitzen überwiegend in Haft. Auch festgenommen wurden sage und schreibe 112 IS-Verdächtige, von denen 98% am folgenden Tag wieder auf freiem Fuß waren. Gleichzeitig begann die türkische Luftwaffe, Stellungen der PKK in der Türkei und von Kurden im Irak sowie in Syrien zu bombardieren und die Kämpfer zu ermorden, die zuvor wochenlang unter den Augen der Welt ihr Leben riskiert haben, um zehntausenden von Jeziden das Leben zu retten. Die türkischen militärischen Exzesse gingen soweit, dass im August die USA dem NATO-Partner Türkei drohen mussten, seine Jets abzuschießen, falls sie weiterhin die verbündeten kurdischen Verbände angriffen – ein in der Geschichte der NATO einmaliger Vorgang.
Erdogan als Komplize des IS
Der türkische Präsident Erdogan bricht seit Monaten offen und ohne Skrupel die Verfassung der Türkei, die den Staatspräsidenten zur parteipolitischen Neutralität verpflichtet. Seiner religiös-nationalistischen Partei AKP werden nicht nur Angriffe gegen die demkratische kurdisch-linksliberale Opposition HDP nachgewiesen, die AKP paktiert in bestimmten Gebieten des Landes inzwischen offen mit regionalen Mafiabossen und Kriminellen, wie die Medien zu Wochenbeginn auch in Deutschland berichteten. Türkische Bürgerrechtsorganisationen und säkulare Journalisten berichten regelmäßig, dass der Präsident und “Islamist in Nadelstreifen” nicht nur Trainingscamps des IS in der Türkei duldet, sondern heimlich mit der Utopie eines islamisch-sunnitischen Reiches liebäugelt, das von Syrien über das Zweistromland bis in die Türkei reicht und die Zerschlagung des osmanischen Imperiums und Arabiens durch die Kolonialmächte 1923/24 überwindet.
Dreckige Flüchtlingsabkommen
Mit diesem “Partner” – oder sollte man besser formulieren “Komplizen” – möchte die EU nun Abkommen treffen, die ihm nicht nur für die vor Ort Unterbringung von Flüchtlingen in Lagern drei Milliarden Euro verspricht, sondern sein Regime, das immer offener und brutaler die demokratischen Rechte mit Füßen tritt, die Opposition untersdrückt und verhaftet, zum “sicheren Drittstaat” im Sinne des Asylrechts macht. Dem nicht genug, die ihm zudem auch noch eine Beschleunigung im EU-Beitritt anbietet, obwohl sein Regime sich immer weiter von international anerkannten Menschenrechtsstandards entfernt. Man möchte es nicht glauben.
Erdogan als Held
Niemand wäre vor 20 Jahren auf die Idee gekommen, Saddam Hussein oder Muhammar Ghaddfi den Friedensnobelpreis zu verleihen. Die EU bietet einem möchtegern-Feudalherrscher nun gutes Geld und Menschrechtsrabatt beim Beitritt zur EU, weil diese selbst sich aus Engstirnigkeit und Egoismus der beigetretenen Oststaaten nicht auf eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge verständigen kann. Diese Krise der EU offenbart einen Tiefen Riss im Selbstverständnis der Europäer, was die Gemeinsamkeiten sind. Werden die EU-Pläne Wirklichkeit, bedeutet dies zum Beispiel, dass alle oppositionellen Kurden, die in der Türkei unbestritten weiter verfolgt werden, die kurdischen Flüchtlinge, die in Syrien und dem Irak von türkischen Kapfjets bombadiert werden, wenn sie in der EU ankommen, sofort abgeschoben und postwendend ihren türkischen Verfolgern und Mördern wieder ausgeliefert werden.
Islamist wird ausgezeichnet
Wenn die Kanzlerin am Wochenende in die Türkei fliegt, wird der Islamist in Nadelstreifen Erdogan diesen Erfolg seiner Politik im Wahlkampf gut verkaufen und möglicherweise wird genau dies ihm den Wahlsieg, die absolute Mehrheit bescheren, die er bisher nicht hat, um die türkische Verfassung in seinem Sinne zu verändern und sich mit absoluter Macht auszustatten. Je nachdem, ob Erdogan im November die absolute Mehrheit zur Änderung der türkischen Verfassung gewinnt, wird sich die Türkei immer weiter von den Bedingungen entfernen, die sie als Voraussetzung des EU-Beitritts erfüllen müsste. Die EU macht sich so sehenden Auges mitschuldig, einen Diktator zu installieren, der die Opposition weiter unterdrücken und die Türkei nach und nach zu einem islamistischen Staat weiterentwickeln wird.
Chamberlain lässt grüßen
Die Politik des Westens erinnert bereits heute an eine moderne Appeasement-Politik, bei der die Kurden das Bauernopfer sein werden. Die EU, die Assad vertreiben will, hilft mit, dass Erdogan ein neuer, ein türkischer Assad wird. Dieser Verzweiflungsakt ist am Ende der Kapitulation der Gemeinschaft vor einer dummen, beschränkten und rechtsradikalen Politik von unbedeutenden EU-Regierungen wie der Ungarns und ihrer Komplizen geschuldet.
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