Trumps Lehre: Negativwerbung ist besser als keine

Auffallen ist die Währung in der Aufmerksamkeitsökonomie. Der Inlandsgeheimdienst war in seinen letzten Jahresberichten der Jungen Welt behilflich, in der ja gelegentlich lesenswerte Texte stehen. Sie wird so doktrinär enggeführt, dass sie schon lange unter Leser*innen*mangel leidet und ist hilfsbedürftig, so dass sie in ihrem bildschönen Hauptquartier in Köln-Chorweiler ein Einsehen hatten.

Wie es sich für einen professionellen Geheimdienst gehört, verfügt er auch über Vorfeldorganisationen und zahllose freie Mitarbeiter*innen. Und einige versuchen fürsorglich beratend tätig zu sein, gerne auch “Politikwissenschaftler”. Markus Linden, profiliert als spezieller Freund der nachdenkseiten, versucht nun schon seit Jahren sich und sie im Gespräch zu halten. Er meint “die Öffentlichkeit” müsse “darüber aufgeklärt werden”. Damit, wer das tun soll, meint er sich, denn es “wird … schwer, sie dort aufzulisten”“dort” ist der Jahresbericht aus Chorweiler (und Treptow).

Das zentrale Missverständnis des Wissenschaftlers wird in diesem Zitatauszug deutlich: “Man muss sich das so vorstellen, dass die Nachdenkseiten eingebettet sind in ein größeres Feld von Medien, die ich als Negative Öffentlichkeit bezeichnen würde. Diese bringt sich vornehmlich gegen die westliche liberale Demokratie in Stellung, indem sie zum Beispiel prorussische Argumente mit aufnimmt.” “Negative Öffentlichkeit” möchte der Mann offenbar als sein Patent anmelden. Die sei gegen “westliche liberale Demokratie”, indem sie z.B. Argumente aufnimmt. Ich bin gelernter Liberaler, und habe das seinerzeit als zentrales Lebensmittel liberaler Demokratie erlernt. Aber nicht – hier sind wir beim Clou – wenn solche Argumente “prorussisch” sind. Das hatten “wir” schon – ich kam erst vier Jahre später.

Als ich aufwuchs und mich in den 70ern politisch sozialisierte, hatte sich daran noch nichts geändert. Im Gegenteil: die sozialliberale Bundesregierung arbeitete noch 1978 mit ähnlichen rhetorischen Mustern. Denn die arme minderbemittelte Öffentlichkeit, sie konnte sich einfach keine eigene Meinung bilden – Meinungs-, Presse- und Rundfunkfreiheit hin oder her – und musste vor “Moskau” beschützt werden. Und dann kamen Peter Bender, Fritz Pleitgen, Gerd Ruge, Günter Gaus u.v.a. und machten unsere Kriegstüchtigkeit kaputt. Das soll sich nicht wiederholen.

Das “liberal” zu nennen, wäre mir als damaliges FDP-Mitglied nicht in den Sinn gekommen. Wenn Frau Baum es erlaubt, sollte der Herr Linden mal beim damaligen Bundesinnenminister nachsitzen. Ersatzweise kann ich seinen damaligen Büroleiter vermitteln, der bei mir um die Ecke wohnt – obwohl: das gäbe es nicht für umsonst. Der Unternehmensberater Roland Appel verfügt ebenfalls über die nötigen Schlüsselqualifikationen – auch hier wäre ein Honorar frei auszuhandeln.

Aber wer wirft Hirn auf die taz? Streit mit den nachdenkseiten geht auch anständig.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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