“Made in Germany” – unbedingt sehenswert, aber ein konstruktiver Kritikpunkt

Die TV-/Streamingserie “Made in Germany” (verfügbar 1 Jahr) zeigt unser Land. Es zeigt Schönheiten, die von vielen eingeborenen Biodeutschen gefürchtet werden, weil sie sie nicht kennen. Die gemeinsame Produktion von “Studiozentral” und “Hyperbole” strahlt im besten Sinne Liebe aus. Liebe zu den Figuren, liebevolle Erzählung, liebevolle Inszenierung, liebevolles Casting und Spiel, eine rundum liebevolle Produktion. Wenn ich mir die Selbstdarstellung der Produzent*inn*en ansehe, ist die Unterstellung nicht weit hergeholt, dass sie hier eigene Geschichten – neukomponiert und -inszeniert natürlich – präsentieren. Darum so viel Engagement und Liebe zum Produkt. Als Zuschauer profitiere ich rundherum davon.

Lassen Sie sich also nicht bremsen, das anzusehen. Selbst die ARD-Produktionsfirma Degeto konnte das Gesamtkunstwerk nicht zerstören. Das zeugt von Resilienz der Hersteller*innen.

Ich sehe nur ein Problem. Die Berlinisierung des medialen Geschichtenerzählens. Berlin repräsentiert ungefähr so wenig das Land, wie es die FDP tut (= unter 5%). Vieles verdichtet sich dort zu ambivalenter Verrücktheit. Das zieht was-mit-Medien-Menschen magisch an, und erzeugt mehr spannende Geschichten als “Warten auf’n Bus”.

Aber die Diversität des Landes, seiner Menschen und ihrer Geschichten, ist weit grösser, als sie es in diesem Mini-Bundesland sein kann. Darum meine Idee: warum in diesem durch und durch gelungenen Format nicht eine Endlosserie machen? Gerne weiter in solchen übersichtlichen 6er-Formaten (a 30 min), die aufeinander Bezug nehmen?

Da könnte das in nicht geringen Teilen dummbeutelige Volk noch was über sich lernen. Die, die bei dieser ersten Staffel dabei waren, sind offenbar so ideenreich und gut, dass sie so oder so ihren Weg machen werden. Die ARD sollte sich anstrengen, dass sie ihr nicht weglaufen.

PS: Ebenfalls sehenswert und ganz sicher kein “Humor-Krimi”: “Der Informant” (ein Jahr verfügbar). In dieser TV-Kritik von Florian Schmid/taz steht alles wesentliche drin: ‘Informant – Angst über der Stadt’: Der Gegner heißt Angst – In der Serie sollen Ermittler einen islamistischen Anschlag in der Elphi verhindern. Doch rassistische Stereotype erschweren die Ermittlungen.”

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net