Richard David Precht mögen nicht alle. Ich finde den Kerl inhaltlich gar nicht so schlimm, wie ihn was-mit-Medien-Leute gerne porträtieren. Aber zweifelsfrei steht ihm seine Eitelkeit, eine deformation professionelle, wie seinem Podcast-Partner, dessen Name mir jetzt nicht einfallen will, oft im Weg. Das ZDF lässt ihn im Sonntagsnachtprogramm machen, und seine Gäste sind meistens gut ausgewählt. So auch die Soziologin Eva Illouz, in meinen Augen die Expertin unserer Zeit in Fragen der Liebe und ihren materialistischen Bedingungen.

In Prechts jüngster Sendung ging es aber um politische Fragen, die Illouz in ihrem jüngsten Buch behandelt.

Leider verschattet der geschwätzige Precht die inhaltliche Substanz seines Stargastes mehr, als dass er sie ausleuchtet. Schlimm die Stelle, an der es spannend wird. Während Precht in einem kommunistischen Solinger Haushalt aufwuchs, führt das Migrantenkind Illouz die Arbeiterklasse als Sujet ins Gespräch ein. Precht hebt die platte Schuldfrage in den Vordergrund, wer von den beiden wen untreu verlassen hat. Klassische Medienmechanik: Konstruktion von und Zuspitzung zu Dualismus anstelle materialistischer Analyse. Und das von einem Kommunistenkind. Da ist was in der Erziehung furchtbar schiefgegangen, bzw. die deformation professionelle hat es zerstört und abgeräumt.

Schade eigentlich. Exakt an diesem springenden Punkt hätte ich Frau Illouz gerne weiter zugehört.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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