Das Editorial der Oktoberausgabe 2024 des Demokratischen Salons analysiert unter dem Titel „Demokratischer Pop – Von Smartphones, Dorfkneipen und Teppichstangen“ Möglichkeiten einer neuen Demokratiekultur, in der Demokratie wieder Spaß macht, und plädiert für eine Politik der Begegnung. Themen der neuen Essays, Interviews und Rezensionen sind jüdische Stimmen zum 7. Oktober, die pluralistische Demokratie und ihre Freunde, Aspekte einer liberalen Ethik, die Ostdeutschen als Subjekt der Friedlichen Revolution, die DDR und die Migration, die documenta und die DDR, Realitätsverluste in der deutschen Friedensbewegung, Künstliche Intelligenz in der Literatur sowie – ganz utopisch – Solarpunk. 

Nach den Kurzvorstellungen der neuen Texte lesen Sie im Newsletter Einladungen zu Veranstaltungen unter Beteiligung des Demokratischen Salons sowie zum Besuch weiterer Veranstaltungen, Ausstellungen und Wettbewerbe. Unter den Leseempfehlungen und Hintergrundinformationen erhalten Sie Informationen über die Szenarien von „Neue Horizonte 2045“, Bürgerschaftliches Engagement, Debatten zur Kunstfreiheit, das deutsch-polnische Barometer, Paradoxa der Migration, amerikanische Studien über die Ablehnung des Wohlfahrtstaats durch arme Menschen, Einstellungen in der Polizei, die Verleihung des Deutschen Schulpreises, die Probleme des Startchancenprogramms, die Jenaer Erklärung gegen Rassismus, erfolgreiche Erprobungen der Vier-Tage-Woche, Italien, Menschenrechte im Iran, jugendliche Terroristen, russische Geschichtspolitik, eine Studie über die Qualität von Bahnhöfen in Deutschland sowie den Hinweis auf drei neue Übersetzungen von Texten des Demokratischen Salon ins Ukrainische. 

Die neuen Texte im Demokratischen Salon im Einzelnen:

  • Die Sammelrezension „Wir werden wieder tanzen – werden wir?“ stellt drei Bücher vor, in denen jüdische Stimmen zu Wort kommen, aus Israel, aus Deutschland, aus Österreich. 36 Autor:innen versuchen, mit fiktiven, philosophischen, politischen Texten Perspektiven zu ergründen und Hoffnung zu schaffen. Sie fragen, welche Schutzräume Literatur ermöglichen könnte. Zwischen Zweifel und Verzweiflung liegen Welten. (Rubriken: Levantinische Aussichten, Jüdischsein, Antisemitismus)    
  • Till van Rahden begründet in „Die pluralistische Demokratie und ihre Freunde“, warum liberale Demokratie „Herrschaftsform“ und „Lebensform“ ist. Die Geschichte der liberalen Demokratie wurde maßgeblich von jüdischen Intellektuellen der Weimarer Zeit geprägt, mit nachhaltigem Einfluss auf amerikanische Debatten. Migration, Vielheit, Multikulturalismus, kultureller Pluralismus werden in der amerikanischen und in der europäischen Debatte unterschiedlich belegt, der Sozialstaat hat eine wirtschaftliche Dimension und eine Dimension im sozialen Miteinander. (Rubrik: Liberale Demokratie)
  • Jenny Joy Schumann befasst sich mit ethischen Dilemmasituationen. Sie plädiert für eine „Liberale Ethik“ in einer „Gesellschaft der Experimentierfreudigen“. Ausgehend von der Frage, wann eine Künstliche Intelligenz eigene Rechte, möglicherweise analog zu den Menschenrechten beanspruchen könnte, diskutiert sie ethisch-juristische Implikationen der Sterbehilfe, der Triage, des Trolley-Problems, der Verkehrs- und Finanzpolitik. (Rubrik: Liberale Demokratie, Science Fiction) 
  • Markus Meckel belegt: „Die Ostdeutschen waren Subjekt, nicht Objekt“. Die Demokratie war in der DDR – wie in Polen oder Ungarn – „eine gewaltfreie Selbst-Demokratisierung“ und nicht „Wohltat des Westens“, die deutsche Einheit war eine selbstbewusst „verhandelte Einheit“. Markus Meckel plädiert dafür, den Art. 146 Grundgesetz zu streichen und das Grundgesetz zur „dauerhaften Verfassung“ Deutschlands zu erklären. (Rubriken: Liberale Demokratie, DDR)  
  • Almuth Berger, Ausländerbeauftragte der DDR von Januar bis Anfang Oktober 1990, anschließend im Land Brandenburg, erzählt in „Die DDR und die Migration“ eine wichtige, aber viel zu wenig beachtete Geschichte. Ihr Pfarrhaus war schon vor 1989 wichtige Anlaufstelle für „Vertragsarbeiter“. Bis heute demonstrieren „Vertragsarbeiter“ in Maputo (Mosambik), damit sie das Geld erhalten, dass ihnen die DDR vorenthalten hat. Bleibende Zeichen des Engagements von Almuth Berger sind die RAA’en in Brandenburg sowie die mobilen Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus. (Rubriken: Migration, DDR) 
  • Alexia Pooth stellt in „Die documenta und die DDR“ ihr Buch „Exhibition Politics“ vor, Ergebnis einer Ausstellung im Deutschen Historischen Museum. Die DDR wurde zwei Mal zur documenta eingeladen, einmal nahm sie teil. Die Art und Weise, wie DDR-Künstler:innen im Westen und die documenta in der DDR rezipiert wurden, ist ein Lehrbeispiel der deutschen Teilungsgeschichte. Wer genauer hinschaut, entdeckt in der DDR-Kunst großen Nuancenreichtum. Der Forschungsbedarf ist nach wie vor sehr hoch. (Rubriken: Kultur, DDR)  
  • Fritz Heidorn präsentiert in seinem Essay „Magie – Technik – Evolution“ eine kurze Geschichte der Künstlichen Intelligenz in der deutschen und US-amerikanischen Science-Fiction-Literatur. Er nennt Meilensteine der Debatte um intelligente Maschinen wie die Entwicklung von LaMDA und ELIZA und diskutiert Fragen der Roboterrechte, eines möglichen autonomen Bewusstseins, des Verhältnisses von Mündigkeit und Unmündigkeit im Sinne der Kant’schen Aufklärung sowie Perspektiven einer post- beziehungsweise transhumanistischen Evolution. (Rubrik: Science Fiction) 
  • Alessandra Reß bietet in „Solarpunk – Genre – Bewegung – Vision“ einen Überblick über die drei Phasen dieser Bewegung. Künstlerische und technologische Visionen vermischen sich, inspirieren sich gegenseitig und schaffen Bilder einer utopischen Zukunft. Solarpunk ist eine weltweite Bewegung, die den Einklang von Mensch und Natur ermöglicht und auch zur Dekolonialisierung beitragen könnte, beispielsweise in Brasilien. Das Manifest des Solarpunks, Romane, Videos und Conventions sorgen für weltweiten Austausch. (Rubriken: Science Fiction, Treibhäuser)
  • Norbert Reichel dokumentiert in seinem Essay „Identitärer Frieden“ „Realitätsverluste in der deutschen Friedensbewegung“. Diese überlässt sich magisch-identitären Fantasien, verklärt Putin und Hamas, ignoriert die Opfer des Terrors, will nicht sehen, wie Putin Georgien, Moldawien, Armenien und andere schikaniert. Geschichte wird verdreht, Opfer werden zu Tätern, es regiert Orwell’scher „Newspeak“. Der Essay schließt mit einem Blick in Heinrich Bölls Parabel „Nicht nur zur Weihnachtszeit“. (Rubriken: Europa, Weltweite Entwicklungen, Opfer und Täter*innen)

Über Norbert Reichel / Demokratischer Salon:

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