Es gibt keine Servietten mehr aus Euskirchen – aus! Höhen und Tiefen hatte das Unternehmen seit 1919 durchgemacht, Kriege überstanden und sogar die Corona-Krise gemeistert. Aber am 21. Mai 2025 war Schluss, da kamen aus den Druckern keine Rechnungen mehr, sondern Zahlungsaufforderungen – am 12. Juni 2025 die verdiente Insolvenz. Ein Cyberangriff hat das Unternehmen dahin gestreckt, 240 Arbeitsplätze vernichtet. Und so eine Cyberattacke kommt wie eine Naturgewalt, es ist nicht vorherzusehen, niemals nie.

Mag sein, wenn ich meine Haustür offen stehen lasse, dass kein Krimineller mir die Bude ausräumt, mag sein. Wahrscheinlich ist das aber nicht. Insofern ist die krachende Pleite eine natürliche Selektion. Es gibt in diesem Zusammenhang auch andere Begrifflichkeiten wie Cybersicherheit, Backupstrategien oder Wiederherstellung – aber zuvörderst ein Sicherheitskonzept, damit die Haustür nicht offen steht. Und wenn ich trotzdem an die Wand geknallt bin, muss alles in einem Tag wiederherzustellen sein. Das ist in nicht einfach und der Ernstfall muss geprobt werden. Sicherlich aufwändig, aber nicht teuer. Auch wenn in Euskirchen jetzt die Lernkurve steil nach oben schnellen sollte: zu spät!

Jetzt komm nur niemand auf den Gedanken alles in die Cloud zu schieben, dann könnte ich als Betriebssystem gleich Windows 11 nehmen. Aber wer macht denn sowas….

In Dänemark haben sie bemerkt, dass schlechter Geschmack Grenzen hat, im Herbst ist Schluss damit. „Minister is phasing out Microsoft in the Ministry of Digitalization“ Sie wollen komplett auf Microsoft verzichten, LibreOffice statt Office365, die Dänen haben – höre und staune – eine neue Digitalisierungsstrategie und bei der räumen sie der „digitalen Souveränität“ höchste Priorität ein und fordern, dass alle Kommunen zusammenarbeiten sollen und OpenSource stärken. Und was machen wir? Wir reden nicht mal drüber, außer ein paar halbtoten Vorzeigeprojekten in Geldnot geschieht das, was bei unserer Digitalisierung eben möglich ist: Nichts.

Die beste Möglichkeit etwas zu verändern ist immer noch: machen, nicht drüber reden. Und tatsächlich gibt es Lichtblicke in der EU. Wir bekommen ein eigenes europäisches Telefonbuch. Nein, damit ist nicht ein gedrucktes Werk gemeint, wie wir es aus frühen Kindheitstagen noch kennen oder im Museum betrachten. Jede Internetseite hat so eine Nummer, die sich kein Mensch merken kann. In dem Telefonbuch steht dann so etwas wie: extradienst.net hat die Nummer 85.13.164.35. Das ist praktisch, ich kann mir Zahlen sowieso nicht merken.

Auch praktisch: wenn ich nicht will, dass der extradienst aufgerufen werden kann, dann lösche ich die Nummer, dann isser weg, der extradienst. Aber nicht nur das ist praktisch, denn ich kann die Aufrufe, das heißt, wer hat wann von wo aus die Seite vom extradienst haben wollen, mir nicht nur anzeigen lassen, sondern auch speichern und später nachsehen, wer was wollte (selbst wenn ich die Seite verschweige, allein der Versuch ist strafbar, ne, wird aufgezeichnet…)

Das Telefonbuch heute heißt im richtigen Leben DNS (Domain-Name-System) und klar, wo viele Daten abzugreifen sind, geht das über Nordamerika, ganz vorne natürlich wieder Google (Zahlencode 8.8.8.8 oder 8.8.4.4) und Cloudflare (Zahlencode 1.1.1.1) – wer diese Zahlenkombination irgendwo sieht, nicht lange zögern: löschen!

Und was macht die EU? Genau das, mit einem datenschutzfreundlichen Angebot in vier Versionen: einmal ungefiltert, eine Version, die bekannte betrügerische, gefährliche Webseiten sperrt, eine auf Jugendschutz spezialisierte Version und eine – ich glaube es kaum selbst – eine Version die Werbung ausfiltert. DNS4EU for Public ist seit letzte Woche online und wer jetzt Blut geleckt hat und die eigene FritzBox mit DNS4EU vertraut machen möchte, dem gebe ich den Link zu Heise online mit auf dem Weg.

Und dran denken: ein Computer kennt keine Schmerzen – auch nicht mit KI – einfach ausprobieren und nicht immer alles über den Teich schicken – wir wissen nicht, was die damit alles machen, wir wissen es nicht….

Über Christian Wolf:

Avatar-FotoChristian Wolf (M.A.) ist Autor, Filmschaffender, Medienberater, ext. Datenschutzbeauftragter. Geisteswissenschaftliches Studium (Publizistik, Kulturanthropologie, Geographie), freie Tätigkeiten Fernsehen (RTL, WDR etc.) mit Abstechern in Krisengebiete, Bundestag Bonn und Berlin, Dozent DW Berlin (FS), Industriefilme (Würth, Aral u.v.m), wissenschaftliche und künstlerische Filmprojekte, Projekte zur Netzwerksicherheit, Cloudlösungen. Keine Internetpräsenz, ein Bug? Nein, Feature. (Digtalpurist)